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Eigentum vs. Urheberrecht: BGH urteilt über die Vernichtung von Kunstwerken

27.03.2019

Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt Urheber grundsätzlich vor Entstellungen ihres Werkes. Lange Zeit nicht geklärt war jedoch die Frage, ob dieser Schutz auch bezüglich der vollständigen Vernichtung des Werkes greift. Licht ins Dunkel hat nun der Bundesgerichtshof in gleich drei Verfahren gebracht.

Sachverhalte

Sämtliche Verfahren des Bundesgerichtshofes betrafen Ansprüche der klagenden Künstler wegen der Vernichtung bzw. Beseitigung ihrer Kunstwerke:

  • Im ersten Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 21.02.2019, I ZR 98/17) ging es um die Beseitigung des Kunstwerks „HHole (for Mannheim)“. Hierbei handelt es sich um eine Kunstinstallation, die sich über sieben Gebäudeebenen des Athene-Trakts der Kunsthalle Mannheim erstreckt. Aufgrund geplanter Umbaumaßnahmen innerhalb des Gebäudes entschied sich die Beklagte dazu, das Kunstwerk zu beseitigen und hat mit entsprechenden Arbeiten bereits begonnen.
  • Das zweite Verfahren (Urteil vom 21.02.2019, I ZR 99/17) betraf das Kunstwerk „PHaradies“, das sich im Billing-Bau der Kunsthalle Mannheim befand und von der Beklagten im Rahmen von Sanierungsarbeiten vollständig entfernt wurde.
  • Der dritte Fall des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 21.02.2019, I ZR 15/18) betraf eine Minigolf-Anlage im Keller eines Hauses. Die Räume der Anlage hatten die klagenden Künstler mit Farben gestaltet, die unter Schwarzlicht leuchteten. Zudem haben sie eine Brunnen- und Sterneninstallation geschaffen. Die Beklagte hat die Minigolf-Anlage Ende 2011 bzw. Anfang 2012 umgestaltet und dabei die Installationen entfernt und zerstört.

Rechtliche Ausgangslage

Rechtlicher Ausgangspunkt in allen drei Fällen war die Frage, ob die jeweiligen Künstler in ihrem sogenannten Integritätsschutz verletzt waren. So haben Urheber nach § 14 UrhG das Recht, Entstellungen und andere Beeinträchtigungen ihres Werkes zu verbieten, die geeignet sind, ihre berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.

Lange Zeit umstritten war dabei die Frage, ob auch Vernichtungen von urheberrechtlich geschützten Werken unter die Vorschrift fallen. Anlass zum Streit hierüber bietet der Wortlaut von § 14 UrhG, der von „Entstellungen und anderen Beeinträchtigungen“ spricht und damit nach dem Verständnis vieler Kommentatoren zum Ausdruck bringt, dass das Werk in seiner Existenz noch vorhanden sein muss.

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes

Der Bundesgerichtshof hat nun in allen drei Fällen klargestellt, dass Vernichtungen von urheberrechtlich geschützten Werken als zumindest „andere Beeinträchtigungen“ im Sinne des § 14 UrhG einzustufen sind.

Gleichzeitig hob der Bundesgerichtshof hervor, dass die Beantwortung der Frage, ob eine solche andere Beeinträchtigung die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk gefährdet, eine umfassende Abwägung der Interessen der Urheber auf der einen Seite und der Interessen des Eigentümers der Werke auf der anderen Seite erfordert.

Dabei ist auf Seiten des Urhebers besonders zu berücksichtigen, ob es sich bei dem vernichteten Werk um das einzige Vervielfältigungsstück des Werkes handelte oder ob von dem Werk weitere Vervielfältigungsstücke existieren. Darüber hinaus ist auch relevant, ob das zerstörte Werk Gegenstand der zweckfreien Kunst ist oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient.

Auf der Seite der Eigentümer will der Bundesgerichtshof demgegenüber bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung berücksichtigen. Diesbezüglich hielt der Bundesgerichtshof fest, dass bei Bauwerken oder mit diesen unlösbar verbundenen Kunstwerken die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes dem Integritätsinteresse des Urhebers grundsätzlich vorgehen.

Dementsprechend war die Vernichtung der Kunstwerke in der Kunsthalle Mannheim nicht zu beanstanden. Im Fall der Minigolf-Anlage wird sich jedoch das Kammergericht noch einmal mit der rechtlichen Auseinandersetzung befassen müssen. Die erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen hatte das Kammergericht schlichtweg in der Vorinstanz nicht vorgenommen.

Fazit

Die Urteile des Bundesgerichtshofes stellen klar, dass auch die Vernichtung von urheberrechtlich geschützten Werken den Integritätsschutz von Urhebern verletzen kann. In jedem Fall erforderlich ist eine einzelfallbezogene Abwägung der Interessen des Urhebers und der Interessen des Eigentümers des Werkes. Zumindest bei fest installierten bzw. mit Bauwerken verbundenen Kunstwerken können die Interessen des Eigentümers denen des Urhebers vorgehen. Museen, Kunstausstellungen und ähnliche Einrichtungen sollten jedoch in jedem Fall prüfen, ob die Beseitigung dieser Kunstwerke im Einzelfall rechtlich zulässig ist.

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