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Europäischer Rat verabschiedet die neuen Vorschriften zum Schutz von Whistleblowern

13.11.2019

Der Rat der Europäischen Union hat im Oktober 2019 neue Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern, sog. Whistleblower, förmlich verabschiedet.

Die neu geltenden Regelungen sind nun bis zum Jahr 2021 in nationales Recht umzusetzen und sollen Whistleblower ermutigen, erkannte Verstöße gegen Unionsrecht aufzudecken. Im Gegenzug wird ihnen umfassender Schutz vor Repressalien unterschiedlicher Art, beispielsweise Suspendierung, Kündigung oder negativen Leistungsbeurteilungen, zugesichert. Entsprechend der Neuregelung müssen juristische Personen des privaten und öffentlichen Sektors sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einrichten. Mithin werden beispielsweise auch Gemeinden und auch juristische Personen in öffentlicher Hand zur Einrichtung von Meldekanälen verpflichtet.

Regelungsinhalt im Überblick

Die verabschiedeten Vorschriften umfassen im Wesentlichen folgende Regelungen:

  • Einrichtung von Meldekanälen innerhalb von Unternehmen und Verwaltungen (sog. interne Meldung): Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern werden verpflichtet, zuverlässig funktionierende Meldekanäle einzurichten.
  • Einrichtung von Meldekanälen durch zuständige Behörden (sog. externe Meldung): Hinweisgeber können auch über externe, also sich außerhalb der eigenen Organisation befindende Meldekanäle Meldungen erstatten. Hierfür hat jeder Mitgliedsstaat zuständige Behörden zu benennen, die befugt sind, Meldungen über Verstöße entgegen zu nehmen und geeignete Folgemaßnahmen zu ergreifen. Regulierungs- oder Aufsichtsstellen oder auch Behörden mit allgemeiner Zuständigkeit auf zentraler Ebene, wie etwa Strafverfolgungsbehörden, können beispielsweise in diesem Zusammenhang als zuständige Behörde seitens des Mitgliedsstaates benannt werden. Die für die Entgegennahme von Meldungen als zuständig angesehenen Behörden haben nutzerfreundliche, sichere und die Vertraulichkeit wahrende Kanäle einzurichten, welche die Speicherung der gemeldeten Informationen ermöglichen. Die zur Bearbeitung der Meldung zuständigen Mitarbeiter sollten speziell geschult und zudem mit den geltenden Datenschutzvorschriften vertraut sein. Die Behörden sollten über die erforderlichen Kapazitäten und Befugnisse verfügen, um für angemessene Folgemaßnahmen Sorge tragen zu können. Hierzu zählen etwa die Beurteilung der Stichhaltigkeit der vorgebrachten Vorwürfe, das Vorgehen gegen die Vorwürfe durch Einleitung von Nachforschungen oder die Strafverfolgung.
  • Hierarchie der Meldekanäle: Hinweisgebern wird empfohlen, zunächst die internen Kanäle ihrer Organisation zu nutzen, bevor sie auf externe, von den Behörden eingerichtete Kanäle zurückgreifen. Der Schutz wird den Hinweisgebern jedoch auch dann eingeräumt, wenn sie sich direkt an externe Stellen wenden.
  • Meldung an Medien: Der Schutz des Whistleblowers bei Offenlegung von Informationen gegenüber den Medien ist indes an Bedingungen geknüpft. Der Whistleblower muss zunächst entweder intern oder gegenüber der zuständigen Behörde die Meldung vorgenommen haben. Erst wenn diese erfolglos war oder er mit geringer Aufklärungswahrscheinlichkeit oder Repressalien fürchten muss, kann er sich direkt an Dritte wenden. Gleiches gilt für Fälle, in welchen der erkannte Verstoß eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann.
  • Geschützter Personenkreis: Geschützt werden unterschiedliche Personen, welche im beruflichen Kontext Informationen über Verstöße erlangen könnten, also u.a. Angestellte, Beamte auf nationaler oder lokaler Ebene und Praktikanten, nicht geschäftsführende Mitglieder, Gesellschafter.
  • Rückmeldungspflichten der Behörden und Unternehmen bei erfolgten Meldungen: Innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Meldung ist deren Eingang dem Hinweisgeber zu bestätigen. Nach weiteren drei Monaten müssen Behörden und Unternehmen auf die Meldungen reagieren, diese weiterverfolgen und dem Hinweisgeber über die geplanten oder ergriffenen Folgemaßnahmen Rückmeldung geben. Im Fall der externen Meldung kann sich die Frist ausnahmsweise auf sechs Monate verlängern, wenn die Art und Komplexität des Gegenstands der Meldung eine langwierige Untersuchung erfordert. Eine Rückmeldungspflicht der Medien besteht nicht.

Verhältnis zum  Geschäftsgeheimnisgesetz

Konflikte könnten zu dem seit dem 26. April 2019 geltenden Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) entstehen, das den Schutz vertraulichen Know-hows und Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung regelt. Dieses Gesetz sieht in § 5 einen Ausnahmetatbestand der verbotenen Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen vor und schützt mithin ebenfalls Whistleblower. Demnach fällt eine Offenlegung nicht unter das Verbot des § 4 GeschGehG, wenn diese zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens erfolgt und zum Schutz des allgemeinen öffentlichen Interesses dient.

Ausblick

Die Mitgliedsstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern in nationales Recht umzusetzen. Unternehmen und Behörden sollten sich ebenfalls auf die kommende Regelung durch Einrichtung der Meldekanäle, Information und Schulung der Mitarbeiter vorbereiten. Aus Unternehmenssicht ist es gerade mit Blick auf das Geschäftsgeheimnisgesetz und der Ausnahmeregelung für Hinweisgeber besonders wichtig, funktionierende und wirksame interne Meldekanäle für die eigenen Mitarbeiter einzurichten.

 

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