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Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

05.08.2020

Pünktlich zum 30. Juli 2020 hat der Gesetzgeber für Deutschland die reformierte EU-Entsenderichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) ist novelliert worden. Danach sollen für langzeitentsendete Arbeitnehmer unter den nachfolgend beschriebenen Vorgaben die gleichen Lohn- und Arbeitsbedingungen wie für einheimische Arbeitnehmer gelten.

Neu ist dabei im Wesentlichen, dass ausländische Arbeitnehmer, die von ihren im Ausland ansässigen Arbeitgebern zur Dienstleistungserbringung nach Deutschland entsandt werden, grundsätzlich spätestens nach 12 Monaten die gleichen Lohn- und Arbeitsbedingungen erhalten müssen wie ihre deutschen Kollegen. Damit soll der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer gelten, unabhängig davon, in welchem Ausland ihr Arbeitgeber ansässig ist.

Was sind „gleiche Arbeitsbedingungen“?

Grundsätzlich gilt ab 12 Monaten Einsatz in Deutschland für die entsandten ausländischen Arbeitnehmer das gesamte deutsche Arbeitsrecht; ausgenommen sind der Kündigungsschutz und die betriebliche Altersversorgung, § 13b AEntG. Jedoch zählen dazu auch Ansprüche auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen, auf Elternzeit (nicht aber auf Elterngeld) oder Familienpflegezeiten und sonstiges, unabhängig davon, welches Arbeitsrecht auf ihre Arbeitsverhältnisse anwendbar ist, d.h. auch wenn ihr Arbeitsvertrag nach einer ausländischen Rechtsordnung abgeschlossen wurde.

Ist die Entsendezulage auf den Mindestlohn anrechenbar?

Zum Arbeitsentgelt zählen alle Lohnbestandteile, die für die geleistete Arbeit als Gegenleistung gezahlt werden (§ 2a AEntG). Hierzu zählen nicht Zulagen für Reisekosten oder Unterkunft, Verpflegung und Ähnliches. Erhält der nach Deutschland entsandte Mitarbeiter für die Zeit seines Arbeitseinsatzes in Deutschland von seinem Arbeitgeber zusätzlich zum regulären Gehalt eine sog. Entsendezulage, ist sorgfältig zu prüfen, wofür diese gezahlt wird. Nur eine Zulage als Gegenleistung für Arbeitsleistung wird auf das geforderte Gehalt angerechnet werden können (§ 2b AEntG). Dies hat der (ausländische) Arbeitgeber nachzuweisen. Die Zweckbestimmung einer Zulage als Entgeltbestandteile muss ausdrücklich so dokumentiert sein, und zwar bereits vor Beginn des Einsatzes; ansonsten gilt die unwiderlegliche Vermutung, dass sie nicht für Arbeitsleistung gezahlt wird und somit nicht angerechnet werden kann.

Gelten die 12 Monate in allen Fällen von Entsendungen nach Deutschland?

Die bereits angesprochene 12-Monatsfrist ist keine „Schonfrist“ für Arbeitgeber entsandter Arbeitnehmer, deren Einsatz unter den fachlichen Geltungsbereich eines bundesweit für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags fällt. Dann gelten nämlich dessen Regelungen (insbesondere der Entgelttarifvertrag) bereits ab dem ersten Tag des Einsatzes in Deutschland.
Für alle anderen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer gelten nach 12-monatiger Beschäftigungsdauer in Deutschland alle Arbeitsbedingungen, die am Beschäftigungsort aufgrund Rechts- und Verwaltungsvorschriften und in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen vorgeschrieben sind (§ 13b AEntG). Der (ausländische) Arbeitgeber hat allerdings eine Verlängerungsoption auf 18 Monate. Dazu muss er an das zuständige Hauptzollamt eine entsprechende Mitteilung machen und die Gründe für die gewünschte Verlängerung der Beschäftigung angeben (etwa Verzögerungen des Projekts aus nicht vorhersehbaren Gründen). Eine Art Genehmigung durch das Hauptzollamt ist nicht vorgesehen; die Bewilligung der Verlängerung erfolgt automatisch mit Zugangsbestätigung der Mitteilung.

Daneben gelten nach wie vor bereits ab dem ersten Tag eines Einsatzes ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland die zwingenden deutschen Arbeitnehmerschutzvorschriften und Eingriffsnormen, zu denen u.a. auch der gesetzliche Mindestlohn und Mindesturlaub, die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes, der Schwangeren- und Jugendschutz sowie Arbeitssicherheitsvorschriften gehören, siehe § 2 Abs. 1 AEntG, Art. 8 und 9 Rom I Verordnung. Neu hinzugekommen sind unter § 2 Abs. 1 Nr. 8 AEntG Reisekostenerstattungsansprüche.

Gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz?

Ausnahmen sind nur in engen Grenzen vorgesehen. Die vorgenannten Regeln gelten z.B. auch für den Einsatz von Leiharbeitnehmern in Deutschland, selbst wenn der Verleiher und auch der Entleiher ihren Sitz im Ausland haben und sich nur der Einsatzort des Leiharbeitnehmers in Deutschland befindet.

Die Arbeitsbedingungen gemäß dem AEntG (und auch § 20 MiLoG) gelten aber nicht für folgende Einsätze (§ 24 AEntG):

  • ein ausländischer Arbeitnehmer hält sich nur bis zu acht Tage innerhalb eines Jahres zur Erbringung von Erstmontage- oder Einbauarbeiten im Rahmen eines Liefervertrages in Deutschland auf.

  • Arbeitnehmer (auch Leiharbeitnehmer), die sich vorübergehend (d.h. maximal 14 Tage ununterbrochen oder 30 Tage innerhalb von 12 Monaten) für Besprechungen, Geschäftstermine, Besuche von Fachmessen, -konferenzen oder zur konzerninternen betrieblichen Weiterbildung in Deutschland aufhalten.

Wer trägt die Verantwortung?

Verpflichtet zur Gewährung der „deutschen“ Arbeitsbedingungen an seine Arbeitnehmer ist in erster Linie der ausländische Arbeitgeber der in Deutschland tätigen Arbeitnehmer. Aufgrund der Haftungsvorschriften in § 14 AEntG wird aber auch der deutsche Auftragnehmer für die Einhaltung dieser Verpflichtung durch seinen ausländischen Vertragspartner in Anspruch genommen werden können.

Gibt es ein Startdatum für die 12-Monatsfrist?

Nein. Eine Übergangsfrist ab Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung gibt es nicht (§ 25 AEntG). Im Gegenteil: Für die Berechnung der Beschäftigungsdauer werden auch die Einsatzzeiten vor dem 30. Juli 2020 mitgerechnet. Eine Erleichterung für laufende Entsendungen ist aber, dass die Mitteilung über die Verlängerung auf 18 Monate automatisch als abgegeben gilt. Somit werden bei bereits laufenden Entsendungen nach 18 Monaten alle entsprechenden deutschen Arbeitsbedingungen für die Arbeitsverhältnisse der in Deutschland eingesetzten ausländischen (entsandten) Arbeitnehmer gelten. Der ausländische Arbeitgeber muss die Gewährung dann nachweisen können.

Arbeitsrecht

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