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Versteckte Steuer­erhöhung im Jahres­steuer­gesetz 2022

18.11.2022

Während die im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 geplanten Steuererleichterungen bereits medial bekannt gemacht wurden, blieb es um die Änderungen des Bewertungsgesetzes bisher ruhig. Die auf den ersten Blick unscheinbaren Änderungen haben jedoch im Einzelfall erhebliche Steuererhöhungen zur Folge.

Der Gesetzgeber begründet die geplanten Änderungen des Bewertungsgesetzes durch das Jahressteuergesetz 2022 mit dem Anpassungsbedarf an die Mitte 2021 in Kraft getretene Immobilienwertermittlungsverordnung. Die Änderungen der §§ 177-198 BewG betreffen die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung von Immobilien im Sachwertverfahren (soweit das Vergleichswertverfahren nicht zur Anwendung kommt), Ertragswertverfahren sowie in Sonderfällen.

Die Bewertung von Immobilien und damit auch die Belastung mit Schenkung- oder Erbschaftsteuer bei deren Übertragung kann ab dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.2023 deutlich höher ausfallen als noch für Übertragungen, die bis einschließlich 31.12.2022 erfolgen und für die noch die alten Bewertungsvorschriften gelten. Die höhere Bewertung kann dabei alle Immobilienarten betreffen: selbstgenutzte Wohnungen und Häuser, vermietete Objekte und auch Betriebsgrundstücke. Dabei sind folgende geänderte Bewertungsfaktoren die wesentlichen Werttreiber: Verlängerung der Nutzungsdauer, Senkung der Liegenschaftszinssätze und Einführung eines Regionalisierungsfaktors.

Die höhere Bewertung ab 2023 kann neben der höheren Schenkung- und Erbschaftsteuer auch dazu führen, dass die nächste Progressionsstufe erreicht wird und/oder die Grenze für einen Großerwerb überschritten wird. Ein weiterer Nachteil der höheren Bewertung liegt in dem höheren Vorerwerb für künftige Schenkungen innerhalb der nächsten 10 Jahre. Es sind zudem negative Auswirkungen bei der Grunderwerbsteuer möglich, wenn die Ersatzbemessungsgrundlage zum Tragen kommt.

Auch wenn Schenker und Beschenkte bzw. Erblasser und Erben allesamt nicht im Inland ansässig sind, unterliegen deutsche Immobilien als Inlandsvermögen grundsätzlich der Schenkung- und Erbschaftsteuerpflicht und damit ab 2023 auch den höheren Bewertungen.

Um die Auswirkung auf die Steuerbelastung sichtbar zu machen, nachfolgend ein einfaches Zahlenbeispiel: Ein Einfamilienhaus in Potsdam soll von der (a) Mutter bzw. (b) Tante an den Sohn bzw. Neffen geschenkt werden. Die Eckdaten der Immobilie sind:

    • Baujahr: 1990
    • Bruttogrundfläche: 300m²
    • Normaler Standard
    • Grundstücksgröße: 600m²
    • Bodenrichtwert: EUR 650/m²
    • Neu eingeführter Regionalisierungsfaktor: 1,1 (Annahme – noch nicht veröffentlicht)
 
  BewG
bis 31.12.2022
 
 BewG
ab 01.01.2023
 Änderung
Wert Immobilie   581.700,00 €  852.400,00 €  +46,54%
 a) Schenkungsteuer Sohn 1)  19.987,00 €  67.860,00 €  47.873,00 €
 b) Schenkungsteuer Nichte 2)  112.340,00 €  166.480,00 €  54.140,00 €

1) Sprung in den nächst höheren Steuersatz der Steuerklasse I von 11% auf 15%
2) Sprung in den nächst höheren Steuersatz der Steuerklasse II von 20% auf 25%

Ein tatsächlich niedrigerer Marktwert kann gegenüber dem Finanzamt nach wie vor mit einem ggf. kostspieligen Gutachten dargelegt werden. Dabei besteht auch immer ein Risiko in Bezug auf die Höhe des Gutachtenwerts und dessen Anerkennung durch das Finanzamt.

Daher sollten Immobilienbesitzer überprüfen, ob zur Übertragung anstehende bzw. angedachte Immobilien noch vor dem Jahresende 2022 übertragen werden sollten, um die steuerliche Mehrbelastung durch die höhere Bewertung zu vermeiden. Diese Jahresendfrist führt seit einigen Wochen bereits spürbar zu Engpässen bei Steuerberatern und Notaren. Sollten Sie die schenkungsteuerliche Mehrbelastung für Ihre Immobilie(n) berechnen lassen wollen, melden Sie sich gerne bei uns.

 

 

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