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Aktionsplan der Regierungs­koalition setzt auf Fusions­kraftwerk

29.10.2025

Anfang Oktober 2025 stellte die Regierungskoalition einen Aktionsplan zur Errichtung des weltweit ersten Fusionskraftwerks in Deutschland vor. Der Aktionsplan ist Bestandteil der Hightech-Agenda des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und zielt darauf ab, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Wirtschaft mit dem Ziel zu schaffen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken.

Durch Fusionsenergie möchte die Bundesregierung die Energieversorgung klimafreundlich, umweltverträglich, zuverlässig und bezahlbar – kurz gesagt: zukunftssicher – gestalten. Denn die Fusion gilt als Schlüsselinnovation einer ressourcenschonenden, grundlastfähigen und sicheren Stromgewinnung. Die Bundesregierung möchte mit dem Aktionsplan geeignete Rahmenbedingungen vorstellen, um die Fusionsforschung zu fördern und eine kommerzielle Nutzung der daraus gewonnenen Energie zu ermöglichen. Hierfür sollen – unter Beachtung des europäischen Beihilferechts – bis 2029 über zwei Milliarden Euro in die Fusionsforschung fließen. Errichtet werden soll das Fusionskraftwerk durch ein industriegeführtes Konsortium aus Start-Ups, etablierten Unternehmen der Industrie sowie Akteuren aus der Wissenschaft.

Maßnahmen des Aktionsplans „Deutschland auf dem Weg zum Fusionskraftwerk“

Der Aktionsplan der Bundesregierung „Deutschland auf dem Weg zum Fusionskraftwerk“ sieht acht Maßnahmen vor, um die kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie in Zukunft zu ermöglichen:

  • Stärkung der Forschungsförderung,
  • Aufbau eines Funktionsökosystems,
  • Forschungsinfrastrukturen und Technologiedemonstratoren,
  • Aus- und Weiterbildung von Fachkräften,
  • Einbindung der Öffentlichkeit,
  • Regulierung im Strahlenschutzgesetz,
  • Schutz geistigen Eigentums und Standardisierung und
  • strategische internationale Kooperationen.

Ein Teil dieser Maßnahmen – die Stärkung der Forschungsförderung, die Regulierung im Strahlenschutzgesetz, strategische internationale Kooperationen, der Aufbau eines Funktionsökosystems, die Forschungsinfrastrukturen und Technologiedemonstratoren sowie die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften – soll im Folgenden überblicksartig dargestellt werden.

Stärkung der Forschungsförderung

Als erste Maßnahme sieht der Aktionsplan die Stärkung der Forschungsförderung im Rahmen des Förderungsprogramms „Fusion 2040“ und des angekündigten gemeinsamen Energieforschungsprogramms vor. Die öffentliche Finanzierung soll in dieser Legislaturperiode auf insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro erhöht werden. Dabei soll einerseits die technologieorientierte Verbundforschung mit bis zu 855 Mio. Euro sowie der Ausbau eines Fusionsökosystems gefördert werden – bei letzterem soll dies durch eine expandierende Finanzlinie von 45 Mio. Euro im Jahr 2025 auf bis zu 250 Mio. Euro pro Jahr ab 2028 erfolgen. Darüber hinaus soll die Errichtung von Forschungsinfrastruktur sowie Technologiedemonstratoren bis 2029 mit bis zu 775 Mio. Euro gefördert werden. Es werden auch über die bisherige Finanzplanung hinausgehende Mittel eingeplant, um die Ziele im Aktionsplan zu erreichen.

Herausfordernd dürfte dabei die Berücksichtigung wettbewerblicher Grundsätze werden, da öffentliche Vergabeverfahren komplex und aufwendig sind. Ferner sollen sich der Aktionsplan und die damit verbundenen Förderungen unter Berücksichtigung des EU-Beihilfenrechts vorwiegend an deutsche Unternehmen richten. Für die Unternehmen und Forschung ist es daher unumgänglich, im Rahmen des Wettbewerbsrecht gut aufgestellt zu sein. Genauere Informationen zu den Vergabeverfahren stehen noch aus.

Regulierung im Strahlenschutzgesetz

Des Weiteren sieht der Aktionsplan Maßnahmen zur Regulierung vor. Die Fusion und der damit einhergehende Regulierungsbedarf von Grenzwerten oder Klassifizierungen sollen weiterhin im Rahmen des Strahlenschutzgesetzes und nicht, wie teilweise im Vorfeld diskutiert, im Rahmen des Atomgesetzes geregelt werden. Die Fusionsreaktoren fallen nicht unter den Anlagenbegriff im Sinne von § 7 Atomgesetz. Lediglich mit Blick auf die durch ionisierende Strahlen belasteten Abfälle und hinsichtlich Haftungsfragen kann das Atomgesetz Anwendung finden. Die erforderlichen Änderungen im Strahlenschutzgesetz sollen 2026 erfolgen. Die Regelung im Strahlenschutzgesetz dient dem zuverlässigen Schutz von Menschen und Umwelt vor ionisierender Strahlung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik. Daneben soll ein verlässlicher gesetzlicher Rahmen für Investitionen und unternehmerisches Handeln etabliert werden.

Zur Innovationsförderung bietet sich aus Sicht der Bundesregierung die Einrichtung von Reallaboren an. Dadurch könne eine innovationsoffene Testumgebung geschaffen werden, die im allgemeinen Rechtsrahmen auf ihre Grenzen stößt.

Strategische internationale Kooperationen

Neben der Einbindung der deutschen Öffentlichkeit möchte die Bundesregierung zudem strategische internationale Kooperationen bilden und sich in deren Rahmen für internationale Standards und klare Richtlinien für den Technologiehandel einsetzen. Entscheidend werde hierbei sein, gleichzeitig ungewollte Abwanderung von Technologie zu verhindern und dem dadurch nötigen Schutz innovativer Technologien zu begegnen. Auf europäischer Ebene möchte sich die Bundesregierung für eine effiziente Koordinierung der Maßnahmen zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten einsetzen. Dabei sollten die deutschen Forschungsaktivitäten strategisch mit den Initiativen von EUROfusion, dem europäischen Konsortium zur Entwicklung der Fusionsenergie, abgestimmt werden, um eine Doppel- oder Mehrfachförderung zu vermeiden.

Aufbau eines Fusionsökosystems

Eine weitere Säule des Aktionsplans bildet der Aufbau eines Fusionsökosystems. Dieses soll den Wissenstransfer von der Forschung in die Unternehmen und umgekehrt sichern sowie die Etablierung von Wertschöpfungsketten fördern. Hierzu sollen Kompetenz- und Exzellenzzentren (sog. Hubs) als Keimzellen für Innovation zur Bündelung des Knowhows aus Wissenschaft und Wirtschaft geschaffen und besonders gefördert werden. Die Veröffentlichung der Förderbekanntmachungen für die Hubs soll bis zum Ende des ersten Quartals 2026 erfolgen.

Daneben soll auch die Fusionsindustrie sowie die Start-Up-Szene gefördert werden, indem Rahmenbedingungen zur Sicherung geistigen Eigentums geschaffen werden. Hierfür sieht der Aktionsplan vor, dass hinsichtlich des Schutzes des geistigen Eigentums Kooperationsvereinbarungen, die zwischen der Bundesregierung und Unternehmen und Forschungseinrichtungen insbesondere in geförderten Projekten bereits bestehen, überprüft und bei Bedarf ergänzt werden. Der Schutz von Erfinderrechten soll dabei mit der gesellschaftlichen Verantwortung zur Offenlegung von kritischem Wissen und dem Zugang hierzu in einen Ausgleich gebracht werden. Zur Förderung der Start-Up-Szene können steuerliche Vergünstigungen im Rahmen des geltenden Steuerrechts dienen, wie beispielsweise Forschungszulagen, degressive Abschreibungen sowie Steuervergünstigungen im Rahmen der gemeinnützigen Forschung. So ist etwa die steuerliche Förderung nach dem Forschungszulagengesetz möglich, soweit die Voraussetzungen für ein „begünstigendes Forschungs- und Entwicklungsvorhaben“ vorliegen. Gleichzeitig werde laut Aktionsplan die Ausweitung der verfügbaren Instrumente geprüft.

Forschungsinfrastrukturen und Technologiedemonstratoren

Als weitere Maßnahme sieht der Aktionsplan die Unterstützung des Auf- bzw. Ausbaus von Forschungsinfrastruktur vor, die der Erforschung der naturwissenschaftlich-technischen Grundlagen dient, und Technologiedemonstratoren, in denen notwendige Technologien erprobt und auf einer industriell relevanten Skala fortentwickelt werden sollen. Die benötigte Infrastruktur könne dabei so komplex und umfangreich sein, dass sie nicht von einem Land allein realisiert werden kann. Auch hier kommen die von der Bundesregierung angestrebten internationalen Kooperationen zum Zuge.

Aus- und Weiterbildung von Fachkräften

Schließlich sieht der Aktionsplan die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften als entscheidende Maßnahme für die Fusionsforschung vor. Diesbezüglich möchte die Bundesregierung unter Wahrung der grundgesetzlichen Kompetenzzuweisung in den Austausch mit den Ländern und Hochschulen treten, um die Schaffung von Lehrstühlen und Studiengängen voranzutreiben. Auch im Bereich der universitären Ausbildung soll eine enge Kooperation zwischen Unternehmen und Hochschulen stattfinden, um gezielte Nachwuchsförderung zu betreiben. Jährlich soll es beispielsweise für herausragende Studienarbeiten oder besondere Durchbrüche einen „Innovationspreis Fusion“ geben.

Ausblick

Die internationale Forschungslandschaft zur Fusionsenergie ist breit aufgestellt – neben Deutschland forschen insbesondere die USA, China und Japan intensiv zu dieser Technologie. Die erheblichen Fortschritte ebnen den Weg für künftige Durchbrüche. Eine gezielte, langfristig angelegte Förderpolitik wie sie nun im Aktionsplan angelegt ist, könnte hier zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden. Der Aktionsplan verdeutlicht die Vielschichtigkeit und Komplexität des Weges hin zum weltweit ersten Fusionskraftwerk. Er schafft eine Grundlage für die Koordination technologischer, regulatorischer und wirtschaftlicher Maßnahmen. Während die strahlenschutzrechtlichen Vorgaben bereits konkreter ausgestaltet und Gesetzesänderungen für das Jahr 2026 angedacht sind, bestehen in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht noch Herausforderungen, die es zu adressieren gilt.

Das Bestreben der Bundesregierung, die Entwicklung vorrangig durch deutsche Unternehmen und unter Einhaltung des europäischen Beihilferechts voranzutreiben, ist aus Sicht des Innovations- und Wirtschaftsstandorts Deutschland zu begrüßen. Der Aktionsplan und die darin enthaltene Förderstrategie sendet hierfür das Signal, dass der Forschungs- und Investitionsstandort Deutschland ein sicheres und vertrauenswürdiges Umfeld darstellt. Die Bundesregierung versucht dabei erkennbar, den Schutzpflichten des Staates ebenso gerecht zu werden wie der Notwendigkeit, ein innovationsfreundliches Umfeld für forschende Unternehmen und Institutionen zu schaffen. Wichtig wäre, dass der technologisch herausfordernde Weg zur kommerziellen Nutzung der Fusionsenergie nicht durch Überregulierung unnötig erschwert wird. Einer der Vorzüge der Nutzung der Fusionsenergie ist, dass ihr Gefahrenpotential im Vergleich zur Nutzung der Atomenergie erheblich geringer ist. Dies muss bei ihrer Regulierung berücksichtigt werden.

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