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Das europäische Beihilfe­recht als Schlüssel zur Krisen­bewältigung, Trans­formation und Wettbewerbs­fähigkeit der Europäischen Union

17.01.2024

Das europäische Beihilferecht spielt weiterhin eine Schlüsselrolle bei der Adressierung aktueller Krisen sowie für die grüne und digitale Transformation. Zentrales Anliegen ist es zunehmend aber auch, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu sichern. Das Jahr 2023 stand ganz im Zeichen dieser Ziele.

Eine wichtige Rolle beim Überwinden der Energiekrise und Vorantreiben der grünen Transformation spielt nach wie vor der im März und im November 2023 nochmals überarbeitete und teilweise verlängerte Befristete Krisenrahmen. Dieser erleichtert weiterhin staatliche Beihilfen in Schlüsselbereichen wie der Erzeugung erneuerbarer Energien und der Dekarbonisierung der Industrie. Ferner ist es Mitgliedstaaten seit März 2023 möglich, durch ein Gleichziehen mit Subventionsmöglichkeiten in Drittstaaten das Abwandern von Investitionen – die für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft strategisch bedeutend sind – aus der Europäischen Union zu verhindern. Die sogenannte „Matching Aid Clause“ ist dabei als Reaktion insbesondere auf den Inflation Reduction Act der USA und den intensiveren globalen Wettbewerb um Investitionen zu verstehen.

Eine ganze Reihe hoher Beihilfen wurde 2023 zudem unter Anwendung der Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 („KUEBLL“) genehmigt – darunter eine Beihilfe von bis zu EUR 2 Milliarden zur Unterstützung von ThyssenKrupp Steel Europe bei der Dekarbonisierung der Stahlproduktion sowie bei der schnelleren Umstellung auf grünen Wasserstoff. Ferner wurde im Juni 2023 ein weiteres wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“) von 14 Mitgliedstaaten mit einer geplanten öffentlichen Förderung von EUR 8,1 Milliarden im Bereich Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie auf Grundlage der IPCEI-Mitteilung von 2021 genehmigt.

Auch die im Juli 2023 in Kraft getretene, überarbeitete Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung soll mittels Erhöhung von Anmeldeschwellen Fortschritte etwa bei erneuerbaren Energien, Forschung und Entwicklung sowie Breitbandinfrastrukturen ermöglichen. Zur Verwirklichung der digitalen Transformation trägt schließlich der seit September 2023 gültige European Chips Act bei. Dieser soll private und öffentliche Investitionen in Höhe von EUR 43 Milliarden mobilisieren und dadurch den Ausbau der Halbleiterindustrie in der Europäischen Union ermöglichen.

Abzuwarten bleibt aber, inwieweit geplante Förderungen nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich umgesetzt werden können. Dieses hat im November 2023 die Verfassungswidrigkeit des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 festgestellt und damit auch Kreditermächtigungen in Höhe von ca. EUR 60 Milliarden für den Klima- und Transformationsfonds für nichtig erklärt. Dieses Geld könnte nun bei anstehenden Förderungen etwa von Klimaprojekten oder Chipfabriken in Deutschland fehlen.

Das europäische Beihilferecht kann damit zwar erste Erfolge als Katalysator der Krisenbewältigung und Transformation verzeichnen. Ob der bereits geschaffene beihilferechtliche Rahmen zu ausreichenden Investitionen führen wird, um die andauernden Krisen zu überwinden und auch langfristig die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu sichern, ist aber noch offen.

 

Dieser Artikel ist Teil des Competition Outlook 2024. Alle Artikel des Competition Outlooks finden Sie hier.

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EU-Beihilfe­recht und Foreign Subsidies

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