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EU-Kommission legt Vorschlag eines EU Space Act vor

07.07.2025

Die Europäische Kommission hat am 25. Juni 2025 einen Vorschlag für einen „EU Space Act“ vorgelegt. Auf gut 100 Seiten (und einigen Anhängen) enthält der Vorschlag Vorschriften für eine harmonisierte Regulierung des Weltraumsektors. Hintergrund ist die wachsende wirtschaftliche und politische Bedeutung von Weltraumaktivitäten, der die fragmentierte nationalstaatliche Regelung nicht gerecht wird. Völkerrechtlich ist bisher nur geregelt, dass Staaten Weltraumaktivitäten einer Genehmigung unterwerfen und überwachen müssen. Deutschland hat das allerdings bisher nicht umgesetzt; das geplante „Weltraumgesetz“ hat es in der letzten Legislatur nur bis in den Stand eines Eckpunktepapiers gebracht.

Die wachsende militärische Bedeutung des Weltraums für europäische Verteidigungsinteressen hatte sich zuvor schon in der EU-Weltraumstrategie (2023) und jüngst im Defence-Readiness-Papier vom Juni 2025 angekündigt. Der EU Space Act soll zwar dezidiert nicht für den Verteidigungssektor gelten, enthält aber viele Querverweise und Aufrufe zur politischen Zusammenarbeit (etwa mit ENISA und EDA).

Ziele und Maßnahmen

  • Einheitliches Regelwerk: Der EU Space Act will ein stabileres und wettbewerbsfähigeres Umfeld für Innovationen schaffen, indem wesentliche Aspekte von Weltraumaktivitäten harmonisiert werden – insbesondere in Bezug auf Sicherheit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit (“safety, resilience and sustainability“). Auch Weltraumaktivitäten profitieren dabei vom Prinzip des freien Warenverkehrs innerhalb der EU.
  • Genehmigung: Weltraumaktivitäten unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt. Zentrale Genehmigungsvoraussetzung ist der Nachweis der Erfüllung der umfassenden technischen und organisatorischen Anforderungen, die der EU Space Act für die verschiedenen Arten von Weltraumaktivitäten festlegt. Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde soll in der Regel eine nationale Behörde in jedem Mitgliedsstaat sein, die die Voraussetzungen im Detail zu prüfen hat. Zur Vereinfachung von Genehmigungsverfahren soll es möglich sein, nicht nur einzelne Satelliten, sondern ganze Satellitennetze („Konstellationen“, wie etwa bei Low-Earth-Orbit- Satellitennetzen) einheitlich zu genehmigen.
  • Sicherheit, Trackability und Weltraumschrott: Der Vorschlag sieht Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit etwa zur Vermeidung von Kollisionen durch Anforderungen an die Manövrierfähigkeit von Weltraumobjekten und Verkehrsregeln vor. Er enthält Maßnahmen zur besseren Nachverfolgbarkeit von Weltraumobjekten durch ein Register von Weltraumobjekten und zur Reduzierung von Weltraumschrott z.B. durch end-of-life-Entsorgung. Neben der Sicherheit sollen die Maßnahmen gleichzeitig der nachhaltigen Nutzung des Weltraums dienen.
  • Cybersecurity und Risikomanagement: Cybersecurity-Regeln sollen die Widerstandsfähigkeit gegen Cyber-Bedrohungen im Weltraumsektor stärken. Dazu regelt der Act im Detail Maßnahmen vom Risikomanagement-System über Zugangsrechte, physische Resilienz und Kryptografie bis hin zur Krisenkommunikation.
  • Umweltmetriken: Ein gemeinsames Bewertungsverfahren für die Umweltfolgen von Weltraumaktivitäten soll nachhaltigere Technologien fördern.
  • Verteidigung: Für Weltraumobjekte, die allein der Verteidigung dienen, soll der Space Act nicht gelten. Aber Weltraum-basierte Daten sind für die Verteidigungsplanung ebenso wertvoll wie für die Forschung, und die angestrebte Störungsreduktion von zuviel Licht und Funk („dark and quiet sky“) ist auch relevant für die Leistungsfähigkeit von Verteidigungssystemen.

Auswirkungen und Chancen

Der Anwendungsbereich des EU Space Act ist weit. Er gibt sowohl für Raumfahrtunternehmen im engeren Sinne als auch alle diejenigen, die weltraumrelevante Dienstleistungen erbringen. Hierzu gehören auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit weltraumbasierten Daten. Für Unternehmen im Weltraumsektor bringt der EU Space Act zunächst einmal rechtliche Klarheit insbesondere auch für grenzüberschreitende Tätigkeiten. Andererseits werden erhebliche Anforderungen an ein robustes Risikomanagementssystems gestellt und damit substantielle Compliance-Vorgaben gemacht. Die einheitlichen Anforderungen stellen dabei ein „level playing field“ aller europäischen Akteure her – allerdings auf einem hohen Kostenniveau: In ihrem „impact assessment“ geht die Kommission davon aus, dass sich die Kosten von Weltraumaktivitäten durch die Beachtung der neuen Vorgaben um 3%-10% erhöhen werden (je nachdem, wie stringent die Vorgaben im jeweiligen Land bereits zuvor waren). Die Kommission meint aber zugleich, dass die Verringerung administrativer Hürden, vereinfachte Genehmigungsverfahren, bessere Sicherheit, längere Lebensdauer von Satelliten und Wettbewerbsvorteile im internationalen Vergleich diese zusätzlichen Kosten mehr als ausgleichen werden. Die Einhaltung dieser Compliance-Anforderungen soll durch eine neue geschaffene Agency kontrolliert werden. Bei Verstößen sind Geldbußen bis zum Doppelten des wirtschaftlichen Vorteils oder 2 % des weltweiten Konzernjahresumsatzes vorgesehen.

Außerdem will die EU durch die Einführung standardisierter Verfahren zur Reduzierung von Weltraumschrott und zur Verbesserung der Sicherheit und Widerstandsfähigkeit eine Führungsrolle bei den globalen Bemühungen um die nachhaltige Nutzung des Weltraums übernehmen.

Fazit

Mit dem Entwurf schließt die EU-Kommission eine Lücke des Gemeinschaftsrechts in einem Bereich, der seiner Natur nach grenzüberschreitende Bedeutung hat. Sie adressiert wichtige Bereiche, um der Wirtschaft im Weltraum klare Regeln zu geben und letztlich auch die hohen Investitionen zu schützen. Ob aber die Strategie aufgeht, im weltweiten Wettbewerb durch umfassende Regulierung einen Vorsprung zu gewinnen, bleibt auch in diesem Sektor abzuwarten. Ungeachtet dessen sollte alle Unternehmen, die weltraumbezogene Dienstleistungen anbieten oder anbieten wollen, sich frühzeitig mit den Anforderungen des EU Space Act auseinandersetzen.

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