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EU-Kommission plant neue Meldepflichten für Plattformbetreiber

01.09.2020

Nachdem derzeit die ersten Meldungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen an die jeweiligen Steuerbehörden der einzelnen EU-Staaten starten (DAC 6), plant die EU-Kommission bereits die Einführung weiterer Meldepflichten (DAC 7). Diesmal stehen die Plattformbetreiber im Internet im Fokus. Diese sollen die auf ihren Plattformen getätigten Geschäftsaktivitäten an die Finanzbehörden melden. Mit diesen Informationen sollen die Finanzbehörden der EU-Staaten in die Lage versetzt werden, die steuerpflichtigen Geschäftsaktivitäten, die auf diesen Plattformen getätigt werden, besser zu erfassen. Bisher erschweren die spezifischen Merkmale der digitalen Plattformen die Rückverfolgbarkeit und Erkennung von Steuertatbeständen durch die Steuerbehörden erheblich. Dies gilt insbesondere, wenn Transaktionen über Betreiber digitaler Plattformen abgewickelt werden, die in einem anderen Hoheitsgebiet ansässig sind.

Offiziell heißt es von Seite der EU-Kommission, dass die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf neue Bereiche ausgeweitet werden muss, um die Herausforderungen der Digitalisierung der Wirtschaft zu bewältigen. Zudem sollen die öffentlichen Finanzen geschützt werden, was durch die COVID-19-Pandemie noch dringlicher geworden ist. Konkret hat deshalb die EU-Kommission am 15.07.2020 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit im Steuerbereich (2011/16/EU) vorgelegt

Wer ist meldepflichtig?

Meldepflichtig sollen Betreiber digitaler Plattformen sein. Diese werden zukünftig verpflichtet, die von Nutzern über die Plattform getätigten Geschäftsaktivitäten zu melden. Die Meldung erfolgt nur in einem Mitgliedstaat (einmalige Meldung).

Davon betroffen sind Plattformbetreiber, die entweder in einem EU-Mitgliedstaat ihren steuerlichen Sitz haben oder den Gesetzen eines EU-Mitgliedstaats unterliegen oder den Ort ihrer Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte in einem EU-Mitgliedstaat haben (sog. „EU-Plattformen“).

Die Meldepflicht soll aber auch Plattformbetreiber betreffen, die weder ihren steuerlichen Sitz noch den Ort ihrer Geschäftsleitung/Betriebsstätte in der EU haben, die jedoch über ihre Plattform die Ausübung einer relevanten Tätigkeit durch meldepflichtige in der EU ansässige Verkäufer ermöglichen oder über die in einem EU-Mitgliedstaat belegene Immobilien vermietet werden (sog. „ausländische Plattformen“). Auch hier erfolgt die Meldung nur in einem EU-Mitgliedstaat. Dazu müssen sich die ausländischen Plattformen in einem Mitgliedstaat registrieren lassen (einmalige Registrierung), um innerhalb der EU tätig zu sein, und erhalten dadurch eine individuelle Identifikationsnummer. In welchem EU-Mitgliedsstaat die Meldung erfolgt, ist grundsätzlich frei wählbar. Sind ausländische Plattformbetreiber bereits für Mehrwertsteuerzwecke in der EU registriert, dürfen sie sich in keinem anderen EU-Mitgliedstaat mehr registrieren lassen und müssen auch in diesem EU-Staat die Meldungen über die über ihre Plattform abgewickelten Geschäftsaktivitäten abgeben.

Welche Tätigkeiten sind zu melden?

Meldepflichtig sollen folgende Geschäftstätigkeiten von sog. meldepflichtigen Verkäufern sein:

  • Vermietung von Immobilien,
  • persönliche Dienstleistungen,
  • Verkauf von Gegenständen,
  • Vermietung aller Arten von Verkehrsmitteln,
  • Investitionen und Darlehen im Zusammenhang mit Crowdfunding.

Zu den meldepflichtigen Verkäufern zählen Verkäufer, die während des Meldezeitraums eine relevante Tätigkeit ausgeübt haben oder während des Meldezeitraums in einem Mitgliedstaat belegenes unbewegliches Vermögen vermietet haben.

Was ist zu melden?

Zu den meldepflichtigen Informationen zählen unter anderem:

  • Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Steuer-Identifikationsnummer des Verkäufers, wenn dieser eine natürliche Person ist;
  • eingetragener Name, die Handelsregisternummer und Steuer-Identifikationsnummer des Verkäufers bei Rechtsträgern (Unternehmen);
  • die Hauptanschrift des Verkäufers;
  • die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Verkäufers, falls vorhanden;
  • Kennung des Finanzkontos, auf dem die Einzahlung oder Gutschreibung der Vergütung erfolgt (falls dem Plattformbetreiber bekannt);
  • jeder EU-Mitgliedstaat, in dem der meldepflichtige Verkäufer ansässig ist
  • die in jedem Quartal des Meldezeitraums insgesamt gezahlte oder gutgeschriebene Vergütung

Erbringt der meldepflichtige Verkäufer Vermietungsdienstleistungen in Bezug auf unbewegliches Vermögen, sind noch weitere Informationen erforderlich, wie z.B.

  • Anschrift für jede inserierte Immobilieneinheit
  • die Zahl der Tage, an denen jede inserierte Immobilieneinheit während des Meldezeitraums vermietet wurde (falls dem Plattformbetreiber bekannt)

Wann ist zu melden?

Die erfassten und überprüften Informationen sind innerhalb eines Monats nach dem Ablauf des Meldezeitraums (d.h. bis spätestens 31.01.), in dem der Verkäufer als meldepflichtig identifiziert wurde, an die Behörden zu übermitteln. Die Meldung erfolgt nur in einem EU-Mitgliedstaat.

Der erste Meldezeitraum beginnt ab dem 01.01.2022. Ab diesem Zeitpunkt sind die Meldungen aufzuzeichnen und den Steuerbehörden zu übermitteln.

Anwendung für Ertragsteuer- und Umsatzsteuerzwecke

Außerdem wird klargestellt (Art. 16 Abs. 1), dass die von den EU-Mitgliedstaaten erhobenen Informationen auch für die Festsetzung, Verwaltung und Durchsetzung der Mehrwertsteuer und anderer indirekter Steuern verwendet werden dürfen.

Automatischer Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten

Der Austausch der in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten gemeldeten Informationen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten erfolgt innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Meldezeitraums. Der automatische Informationsaustausch erfolgt elektronisch über das Gemeinsame Kommunikationsnetz der EU (CCN-Netz) unter Verwendung eines von der EU-Kommission entwickelten XML-Schemas

Spontanauskünfte und automatischer Informationsaustausch

Ebenfalls werden in dem Richtlinienvorschlag noch Änderungen für die Gewährleistung eines noch wirksameren Informationsaustauschs gemacht. Um ungerechtfertigte Ablehnung von Ersuchen eines EU-Mitgliedsstaats durch den anderen EU-Mitgliedsstaat zu verhindern, wird der Standard der voraussichtlichen Erheblichkeit definiert (Art. 5a).

Zudem sollen Gruppenersuchen möglich gemacht werden. Hiervon betroffen sind Informationsersuche von EU-Mitgliedsstaaten, um Informationen über mehrere Steuerpflichtige zu erhalten, welche nicht einzeln identifiziert, sondern lediglich auf der Grundlage gemeinsamer Merkmale beschrieben werden können.

Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs auf Lizenzgebühren

Zu den Einkünften, die künftig dem automatischen Informationsaustausch unterliegen, sollen Lizenzgebühren hinzugefügt werden, da auch diese oft Gegenstand von Gewinnverlagerungen sind.

Betriebsprüfungen in mehreren EU-Mitgliedsstaaten

Der Richtlinienvorschlag enthält jedoch nicht nur die Meldepflichten für Plattformbetreiber. Änderungen soll es auch bei der Durchführung gleichzeitiger Betriebsprüfungen und gemeinsamer Betriebsprüfungen geben. Damit soll die Durchführung gleichzeitiger Prüfungen durch zwei oder mehrere EU-Mitgliedsstaaten gestärkt werden.

So sollen Anfragen von EU-Mitgliedstaaten bezüglich einer gleichzeitigen Prüfung innerhalb einer Frist von 30 Tagen vom angefragten EU-Mitgliedsstaats beantwortet werden müssen. Die Ablehnung eines solchen Ersuchens soll hinreichend begründet werden.

Bezüglich der Durchführung gemeinsamer Betriebsprüfungen zwischen zwei oder mehr EU-Mitgliedstaaten soll ein klarer Rechtsrahmen vorgegeben werden. Dazu gehört, dass bei Anwesenheit von Betriebsprüfern aus einem EU-Mitgliedstaat während einer behördlichen Ermittlung im Hoheitsgebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats diese unmittelbar Befragungen durchführen und Aufzeichnungen prüfen dürfen. Dies gilt auch, wenn diese über elektronische Kommunikationsmittel daran teilnehmen. Die Prüfungen sollen gemäß den Verfahrensmodalitäten durchgeführt werden, die in dem EU-Mitgliedstaat gelten, in dem die Prüfung stattfindet. Beweismittel sollen von den zuständigen Behörden der teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden. Die Sprachregelung ist von den beteiligten EU-Mitgliedstaaten zu vereinbaren. Die Schlussfolgerungen der gemeinsamen Prüfung sind in einem Prüfungsbericht vorzulegen, der die gleiche Rechtskraft hat wie nationale Instrumente. Zudem soll das Ergebnis und der Prüfungsbericht den geprüften Personen innerhalb von 30 Tagen nach der Ausgabe des Prüfungsberichts zugehen.

Zeitlicher Fahrplan

Derzeit sieht der Richtlinienvorschlag vor, dass die EU-Mitgliedstaaten die Neuregelungen bis spätestens zum 31.12.2021 in nationales Recht umsetzen müssen. Damit würden unter anderem die Erfassung der ersten Meldepflichten ab dem 01.01.2022 greifen.

Voraussetzung hierfür ist aber, dass dieser Richtlinienvorschlag auch von den EU-Institutionen in dieser Form angenommen wird, was allerdings zu erwarten ist.

Erstes Fazit

Mit diesem Richtlinienvorschlag, insbesondere bezüglich der Einführung der Meldepflichten für Plattformbetreiber, sind nicht nur die Plattformbetreiber betroffen, sondern auch die Nutzer der Plattformen. Zwar kommt nun in erster Linie erheblicher Aufwand auf die Plattformbetreiber zu, die Geschäftsaktivitäten und die dazu erforderlichen steuerlichen Informationen ihrer Kunden zu erfassen und den Finanzbehörden bereit zu stellen. Doch sind hier die Plattformbetreiber nur Mittel zum Zweck. Vor allem die Nutzer der Plattformen sollten sich zeitnah über ihre steuerliche Situation verständigen, vor allem darüber, ob dadurch in Deutschland aber auch in anderen Ländern steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden. Vor allem bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, können hier durch die neuen Meldepflichten komplexe steuerliche Fragestellungen mit den Finanzbehörden verschiedener EU-Mitgliedsstaaten entstehen, die gegebenenfalls auch die Vergangenheit betreffen können.