Leiharbeit: Bundestag beschließt AÜG-Reform
Ein nächster Meilenstein im Gesetzgebungsverfahren ist geschafft. Nach dreijähriger inner- und außerparlamentarischer Diskussion hat die AÜG-Reform heute den Bundestag passiert. Jetzt muss nur noch der Bundesrat formal zustimmen, der hierüber am 4. November 2016 berät. Überraschenderweise haben sich in dieser Woche durch die Beratungen im Ausschuss für Arbeit und Soziales noch Änderungen der geplanten Regelungen ergeben (BT-Drs. 18/10064). Begrüßenswert ist, dass den Unternehmen eine längere Übergangs- und Vorbereitungsfrist eingeräumt wird, da das Gesetz nun doch erst am 1. April 2017 in Kraft treten soll. In anderen Bereichen wurden die Gesetzesänderungen hingegen weiter verkompliziert. Wir geben einen Überblick zu den wichtigsten Neuerungen:
Überlassungshöchstdauer
Die Einführung eines Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten war bereits im Koalitionsvertrag vereinbart und wird nun gesetzlich festgeschrieben. Zugleich wird eine Rechtsfolge für den nicht nur vorübergehenden Einsatz von Leiharbeitnehmern eingeführt. Beachtenswert ist dabei auch die neue Rechtsfigur der Widerspruchsmöglichkeit gegen die Fiktion des Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (sog. Festhaltenserklärung).
Auf jetzt noch laufende Fremdpersonaleinsätze wird die Überlassungshöchstdauer vorerst keinen Einfluss haben, denn Überlassungszeiten von dem 1. April 2017 werden bei der Berechnung der Überlassungshöchstdauer nicht berücksichtigt.
| Aktuelle Rechtslage | Geplante Änderungen | Rechtsfolgen bei Verstoß |
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Equal Pay
Das System der schrittweisen Anpassung von Rechten des Leiharbeitnehmers ist nicht neu und in der Tariflandschaft weit verbreitet. Ob die Regelung in ihrer Absolutheit die gewünschten Zwecke erreichen oder doch eher einen Anreiz bilden wird, Leiharbeitnehmer bereits nach Ablauf von neun Monaten auszutauschen, wird sich zeigen.
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Vorratserlaubnis
Durch die oftmals – selbst für Gerichte – bestehenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung des passenden Vertragstyps tragen Unternehmen künftig ein noch größeres Risiko beim Einsatz von Fremdpersonal. Diese zeigen sich insbesondere bei komplexer Projektarbeit, die darauf abzielt, Know-How Träger für einen begrenzten Zeitraum zusammenzuführen. Unternehmen sollen nun nicht mehr die Möglichkeit haben, durch das Vorhalten einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis (sog. Vorratserlaubnis) die Rechtsfolgen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung zu verhindern.
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Festhaltenserklärung des Arbeitnehmers bei Fiktion
Bislang ist die Fiktion des Arbeitsverhältnis zum Entleiher eine zwingende Rechtsfolge der illegalen Arbeitnehmerüberlassung, wenn der Verleiher nicht über eine gültige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt. Diese Rechtsfolge wird künftig auch auf Fälle des Überschreitens der Überlassungshöchstdauer sowie der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung erstreckt. Leiharbeitnehmer sollen dann jedoch die Möglichkeit haben, auf die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses zum Verleiher mittels einer sog. Festhaltenserklärung zu bestehen. Die Wirksamkeit dieser schriftlichen Erklärung setzt jedoch voraus, dass
- der Leiharbeitnehmer sie persönlich bei der Agentur für Arbeit vorlegt,
- die Agentur für Arbeit diese mit dem Datum der Vorlage sowie mit einem Hinweis versieht, dass sie die Identität des Leiharbeitnehmers festgestellt hat sowie
- die Erklärung dem Ent- oder Verleiher spätestens am dritten Tag nach der Vorlage in der Agentur für Arbeit zugeht.
Dieser zusätzliche Weg über die Agentur für Arbeit soll verhindern, dass der Leiharbeitnehmer seine Festhaltenserklärung schon formularmäßig vorab abgibt.
Neben der praktisch unklaren Fristenregelung, wann eine Festhaltenserklärung überhaupt abgegeben werden kann, wird diese zusätzliche bürokratische Hürde des Gangs zur Agentur für Arbeit ein Festhalten am bisherigen Arbeitsverhältnis eher vermeiden als fördern. Hinzu kommt, dass Agenturen für Arbeit hier ein neuer Aufgabenbereich zugewiesen wird, auf den diese aktuell sicherlich nicht vorbereitet sind.
Darüber hinaus heilt die Festhaltenserklärung nicht den eigentlichen Rechtsverstoß. Entleiher, Verleiher und Leiharbeitnehmer sind weiter gehalten, unverzüglich einen rechtskonformen Zustand zu schaffen. Auch an der Mithaftung des Entleihers für Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer ändert die Festhaltenserklärung nichts.
Kettenverleih
Kettenverleih tritt insbesondere und regelmäßig unabsichtlich bei der Einschaltung von Unternehmen und Subunternehmen auf Basis von Dienst- oder Werkverträgen ein, wenn Arbeitnehmer des Subunternehmens in den Betrieb des ursprünglichen Werkbestellers oder Dienstberechtigten eingegliedert werden. Ein derartiger verdeckter Kettenverleih dürfte unter Zugrundelegung des Referentenentwurfs nun mit der Begründung von Arbeitsverhältnissen mit dem Werkbesteller oder Dienstberechtigten besonders gravierende Folgen haben, vor denen auch das Vorhalten einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nicht mehr schützen wird.
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Definition des Arbeitnehmers
Die gesetzliche Festlegung der in der Rechtsprechung entwickelten Definition soll insbesondere den Kontrollbehörden helfen, Missbrauchsfälle leichter aufzudecken. Auch hier wurde bis zuletzt im Ausschuss für Arbeit und Soziales an einer Formulierung gefeilt, die jedoch weiterhin mehr Missverständnisse schafft als Beurteilungen erleichtert.
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