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Neue Erkenntnisse zu streitigen Fragen der Foreign Subsidies Regulation

Europäische Kommission veröffentlicht Q&A

09.06.2023

Die Europäische Kommission („Kommission“) hat am 06. Juni 2023 unverbindliche Fragen und Antworten („Q&As“) zu der ab 12. Juli 2023 geltenden EU-Verordnung 2022/2560 zur Kontrolle drittstaatlicher Subventionen (Foreign Subsidies Regulation – „FSR“) sowie zur Durchführungsverordnung der FSR („Implementing Regulation“) veröffentlicht. Besondere Bedeutung hat die FSR für Fusionen und Übernahmen sowie öffentlichen Ausschreibungen, für welche die nachfolgend zusammengefassten Q&As insbesondere von Interesse sein dürften.

Transaktionen, die zwischen dem 12. Juli 2023 und dem 12. Oktober 2023 unterzeichnet (und am 12. Oktober 2023 oder später vollzogen) werden, müssen – soweit sie Zusammenschlüsse i. S. d. Art. 20 der FSR darstellen – nach Art. 21 FSR angemeldet werden. Ferner findet das Vollzugsverbot (Stillhalteverpflichtung) nach Art. 24 FSR Anwendung. Dagegen gilt die Anmeldepflicht nicht für Zusammenschlüsse, die vor dem 12. Juli 2023 unterzeichnet werden und ebenfalls nicht für solche Transaktionen, die am 12. Juli 2023 oder später vereinbart, aber vor dem 12. Oktober 2023 vollzogen werden.

Die Kommission empfiehlt betroffenen Unternehmen nun explizit, rechtzeitig vor Einreichung der Anmeldungen mit ihr Kontakt aufzunehmen – so, wie es auch in Fusionskontrollverfahren üblich und etablierte Praxis ist. Wie effizient und pragmatisch Vorabkontakte in Sachen FSR verlaufen werden, bleibt abzuwarten.

Der Berechnung der Schwellenwerte für die Anmeldung gemäß Art. 20 Abs. 3 Buchstabe b FSR sind nur finanzielle Zuwendungen durch Drittstaaten zugrunde zu legen, die in den drei Jahren vor dem Abschluss der Vereinbarung, der Ankündigung des öffentlichen Übernahmeangebots oder dem Erwerb einer Kontrollbeteiligung gewährt wurden.

Finanzielle Zuwendungen können dabei auch Erlöse aus Verkäufen von Dienstleistungen und Waren an Unternehmen, die einem Drittstaat zuzurechnen sind, sowie gewährte Steuererleichterungen an Unternehmen von Drittstaaten darstellen. Bei der Berechnung der Schwellenwerte sind diese heranzuziehen, unabhängig davon, ob beispielsweise die Bedingungen des Verkaufs marktüblich waren.

Eine finanzielle Zuwendung gilt ab dem Zeitpunkt als gewährt, ab dem der Empfänger einen Rechtsanspruch auf deren Erhalt erwirbt. Der relevante Zeitpunkt ist somit nicht die tatsächliche Auszahlung. Zu bislang teilweise ungeklärten Fragen der Umsatzberechnung im Zusammenhang mit der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint Venture, „JV“) gibt es weitere Klarstellungen:

Im Grundsatz galt und gilt, dass nur sogenannte „Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen“ (also solche, die auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit wahrnehmen), von der FSR betroffen sind. Bei Gründung wird die Umsatzschwelle der FSR erreicht, wenn (i) das Gemeinschaftsunternehmen bzw. JV in der Union niedergelassen ist und (ii) der Gesamtumsatz des Gemeinschaftsunternehmens selbst in der Union mindestens EUR 500 Mio. beträgt.

Klargestellt wurde nun, dass Neugründungen von Gemeinschaftsunternehmen (greenfield JVs) sicher vom Anwendungsbereich der FSR ausgenommen sind, weil sie stand-alone die Umsatzschwelle nicht erreichen. Ausschlaggebend ist somit, anders als bei der EU-Fusionskontrolle, der eigenständige Umsatz eines JVs – nicht der Umsatz der Muttergesellschaften, auch bei einem Wechsel von alleiniger zu gemeinsamer Kontrolle.

Zur Implementing Regulation kündigte die Kommission an, diese zeitnah inklusive der Anmeldeformulare im Anhang vor dem Beginn der Anwendbarkeit der FSR am 12. Juli 2023 zu veröffentlichen. Die Implementing Regulation wird praktische und verfahrenstechnische Aspekte bei der Anwendung der FSR klären und enthält wichtige Hinweise für die notwendige Anmeldung von M&A-Transaktionen.

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