Online-Plattformen im Kreuzfeuer
DSA und DMA
Mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) hat die Europäische Union einen neuen Rechtsrahmen für digitale Plattformen geschaffen. Beide Verordnungen gelten weitgehend seit dem Frühjahr 2024 und zielen darauf ab, Transparenz, Fairness und Sicherheit im digitalen Raum zu stärken.
Besonders strenge Anforderungen gelten für große Plattformen, viele weitere Anforderungen aber auch für kleine und mittlere Anbieter, die Onlinedienste in der EU bereitstellen.
Globale Ausstrahlung
Was zunächst wie ein rein regulatorisches Vorhaben erscheinen mag, entfaltet inzwischen zunehmend geopolitische Relevanz – insbesondere in Spannungsfeldern zwischen globalen Wirtschaftsinteressen und Technologiekonflikten. Denn die europäische Digitalregulierung entfaltet Wirkung weit über den Binnenmarkt hinaus: Aufgrund ihrer extraterritorialen Wirkung erfasst sie sämtliche Anbieter, die in der EU digitale Vermittlungsdienste bereitstellen, unabhängig vom Unternehmenssitz (Art. 2 Abs. 1 DSA, Art. 1 Abs. 2 DMA).
Verfahren und ihre geopolitische Dimension
Mittlerweile rücken auch US-amerikanische und chinesische Plattformen ins Zentrum regulatorischer Aufmerksamkeit. Gegenwärtig laufende Verfahren verdeutlichen, wie politisch aufgeladen die Durchsetzung der neuen EU-Digitalgesetze inzwischen ist. Dabei geraten sowohl westliche als auch chinesische Anbieter ins Visier der Behörden.
Unter besonderem Druck steht momentan etwa die Plattform X (vormals Twitter). Die EU-Kommission hat unter dem DSA ein förmliches Verfahren eingeleitet. Sie wirft X mögliche Verstöße gegen Transparenzpflichten und unzureichende Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Inhalte vor. Auch jüngst in der Öffentlichkeit kritisierte Inhalte des KI-Chatbots Grok, entwickelt von Elon Musks xAI, verschärften zuletzt die Diskussion um regulatorische Maßnahmen. Ein nach Medienberichten im Raum stehendes Milliardenbußgeld könnte gleichzeitig die bislang schärfste Maßnahme auf Grundlage des DSA und einen Prüfstein für dessen politische Durchsetzungskraft gegenüber prominenten Marktakteuren bedeuten.
Ob eine derart weitreichende Strafe verhängt und tatsächlich durchgesetzt wird, ist jedoch weiterhin offen – nicht zuletzt, weil die europäische Digitalregulierung zunehmend als mögliche Verhandlungsmasse in transatlantischen Zollgesprächen gilt: Die aktuelle US-Regierung kritisiert dieses europäische Vorgehen gegen Tech-Konzerne als handelshemmend und möchte es daher zum Gegenstand laufender Gespräche über die Einführung von Zöllen auf europäische Produkte machen. Und tatsächlich hat die EU-Kommission eine laufende Untersuchung zumindest vorübergehend ausgesetzt.
Zudem stehen insbesondere chinesische Akteure wie TikTok und DeepSeek im Fokus. Gegen TikTok laufen mehrere Verfahren: Unter dem DSA geht es insbesondere um Risiken für Minderjährige, unter dem DMA wurde die Plattform als Gatekeeper eingestuft. Ein Versuch, diesen Status vor dem Europäischen Gericht (EuG) anzufechten, blieb erfolglos. Auch die App des chinesischen KI-Anbieters DeepSeek gab Anlass zur Prüfung wegen datenschutzrechtlicher Bedenken rund um die Datenübermittlung an Server chinesischer Auftragsverarbeiter. Die Berliner Datenschutzbehörde stufte die App unter der Datenschutzgrundverordnung als rechtswidrig ein und informierte Google und Apple gem. Art. 16 DSA über den rechtswidrigen Inhalt. Nun müssen die Plattformbetreiber diesen Fall prüfen und über Maßnahmen wie eine Sperrung oder Entfernung der App nach dem DSA entscheiden.
Erfolgsfaktor Compliance
Diese Fälle zeigen: Die Durchsetzung des DSA und DMA nimmt Fahrt auf – auf europäischer und nationaler Ebene. Allein beim deutschen Digital Services Coordinator unter dem DSA, der Bundesnetzagentur, sind bislang über 1.700 Beschwerden eingegangen. Ein erster Stresstest im Januar 2025 demonstriert die organisatorische Vorbereitung auf ihre neue Rolle.
Es ist daher höchste Zeit für Unternehmen in der EU, Compliance-Strukturen zu überprüfen und die Vorgaben aus DSA und DMA umzusetzen. Ein wirksames Plattform-Compliance-System ist dabei unerlässlich – nicht nur zur Vermeidung erheblicher Bußgelder (bis zu 6% des weltweiten Umsatzes unter dem DSA, im Grundsatz bis zu 20% unter dem DMA), sondern auch zur Wahrung der Marktposition. Eine gute Umsetzungsstruktur kann gerade in Zeiten der geopolitischen Bedeutung der Digitalregulierung sogar einen Wettbewerbsvorteil bieten.
Ganzheitliche Beratung
Unser interdisziplinäres Team berät ganzheitlich und strategisch zur Umsetzung komplexer Plattformmodelle – mit dem Blick sowohl auf die Digitalregulierung als auch auf alle weiteren rechtlichen Fragestellungen.
Weitere Informationen finden Sie in unserem umfassenden Fact Sheet & Capability Statement.
Bestens
informiert
Jetzt unseren Newsletter abonnieren, um zu aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben.
Jetzt anmelden










