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What you see is what you get - Schutz der Bezeichnung “Aceto Balsamico di Modena” nur für „Aceto Balsamico di Modena“

30.12.2019

Mit seinem Urteil vom 4. Dezember 2019 in der Rechtssache C-432/18 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass sich der Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen nicht geografischen Begriffe erstreckt. Er ist mithin den Schlussanträgen von EuGH-Generalanwalt (EuGH-GA) Gerard William Hogan vom 29. Juli 2019 gefolgt, welcher festgestellt hatte, dass die Begriffe „Aceto“, „Balsamico“ und „Aceto Balsamico“ nicht von dem Schutz der genannten geografischen Angabe (g.g.A.) umfasst sind (siehe unser Artikel hier).

Kurz zusammengefasst, beruht der vorliegende Fall auf einem Konflikt zwischen der BALEMA GmbH („BALEMA“), die auf Essig basierende Produkte (deren Etikette u.a. die Bezeichnung „Balsamico“ und „Deutscher Balsamico“ tragen) herstellt und sie in Deutschland vermarktet, und der Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena („Consorzio“), ein Konsortium von Erzeugern von mit der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ versehenen Erzeugnissen. Da das Consorzio eine Verletzung der g.g.A. „Aceto Balsamico di Modena“ sah, richtete es ein Mahnschreiben an diese. Die Klage durch BALEMA auf Feststellung, dass keine Markenrechtsverletzung bestehe, war nicht erfolgreich. Der darauffolgenden Berufung wurde stattgegeben, unter anderem mit der Begründung, dass diese Verwendung nicht gegen Artikel 13(1) der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 verstoße, da der durch die Verordnung (EG) Nr. 583/2009 gewährte Schutz der g.g.A. nur für die Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ gelte.

Vor diesem Hintergrund setzte der Bundesgerichtshof (BGH) das Verfahren aus und legte dem EuGH die folgende Frage zur Vorabentscheidung vor: Erstreckt sich der Schutz der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf die Verwendung der einzelnen nicht geografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung („Aceto“, „Balsamico“, „Aceto Balsamico“)?

Zur Beantwortung dieser Frage bezieht sich der EuGH zunächst auf Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 583/2009 in Verbindung mit ihrem elften Erwägungsgrund und ihrem Anhang I, wonach die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)“ in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben eingetragen und somit dem Wortlaut von Artikel 1 zufolge als Ganzes geschützt ist. Weiter verweist der Gerichtshof auf seine bisherige Rechtsprechung. Danach bedeutet bei einer eingetragenen „zusammengesetzten“ Bezeichnung der fehlende Hinweis in einer Fußnote im Anhang der Verordnung, wonach für einen ihrer Bestandteile keine Eintragung beantragt ist, nicht zwangsläufig, dass alle ihre Bestandteile geschützt sind. Dies ist nur der Fall, sofern es sich nicht um einen Gattungsbegriff oder einen üblichen Begriff handelt.

Wie sich dem Gerichtshof zufolge aus den speziellen Umständen der Eintragung der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ durch die Verordnung (EG) Nr. 583/2009 ergibt, kann sich der ihr gewährte Schutz nicht auf ihre einzelnen nicht geografischen Begriffe erstrecken. Dabei sind insbesondere die Gründe in Betracht zu ziehen, die zu dem Erlass der Verordnung (hier: (EG) Nr. 583/2009) geführt haben. Insofern geht aus dem achten Erwägungsgrund dieser Verordnung hervor, dass die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ ein unzweifelhaftes Ansehen sowohl auf dem nationalen Markt als auch im Ausland genießt. Ferner wird zu den von Deutschland und Griechenland erhobenen Einsprüchen im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung ausgeführt, dass diese Mitgliedstaaten nicht die Gesamtbezeichnung, sondern nur Teile davon beachtet haben. Weiter heißt es dort: „Die einzelnen nicht geografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung, auch wenn diese zusammen verwendet werden, sowie ihre Übersetzung können unter Einhaltung der Grundsätze und Vorschriften des [Unionsrechts] im gesamten Gebiet der [Union] verwendet werden.“ Daraus folgt, dass die nicht geografischen Begriffe der in Rede stehenden g.g.A., nämlich „aceto“ und „balsamico“, sowie ihre Kombination und ihre Übersetzungen nicht in den Genuss des Schutzes der g.g.A. „Aceto Balsamico di Modena“ kommen können.

Schließlich stellt der EuGH klar, dass sowohl „aceto“ (wie von ihm bereits festgestellt) als auch „balsamico“ („balsamisch“, zur Bezeichnung eines durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichneten Essigs verwendet) übliche Begriffe sind. Wie der EuGH-GA in seinen Schlussanträgen ausgeführt hat, spricht auch die Eintragung der Bezeichnungen „Aceto balsamico tradizionale di Modena (g.U.)“ sowie „Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia (g.U.)“ gemäß der Verordnung (EG) Nr. 813/2000 für diese Schlussfolgerung. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Verwendung der Begriffe „aceto“ und „balsamico“ in diesen g.U. sowie die Verwendung ihrer Kombination und ihrer Übersetzungen geeignet sind, den Schutz der in Rede stehenden g.g.A. zu beeinträchtigen.

Unter Berücksichtigung des Wortlauts, der Erwägungsgründe sowie des Vergleichs mit g.U. mit dem Bestandteil „Aceto Balsamico“ hat sich der Gerichtshof der Herangehensweise in den Schlussanträgen des EuGH-GA voll und ganz angeschlossen. Gleichzeitig sorgt das Urteil für Rechtssicherheit für Essighersteller, was sicherlich zu begrüßen ist.

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