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Zulassungs­anspruch von Werkstätten in das Servicenetz

18.05.2016

Anmerkung von Albin Ströbl im Betriebs-Berater 2016, 1167 (1172) zu BGH, Urteil vom 26.01.2016, Az. KZR 41/14 – Jaguar-Vertragswerkstatt

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich vorliegend mit der praxisrelevanten (vertriebs-)kartellrechtlichen Frage des (Wieder-)Zulassungsanspruchs einer Werkstatt in das Vertragsservicenetz eines Automobilherstellers (hier Jaguar) zu befassen. Im Kern ging es dabei darum, ob der Status einer Vertragswerkstatt wirtschaftlich notwendig für die Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen bei Personenkraftfahrzeugen einer bestimmten Marke ist.

Hintergrund

Voraussetzung für einen Zulassungsanspruchs in das Servicenetz ist

  • eine marktbeherrschende Stellung des Automobilherstellers auf dem relevanten Markt; oder
  • eine etwaige unternehmensbedingte Abhängigkeit der Werkstatt vom Hersteller (allerdings nur für den Fall der Kündigung eines bestehenden Werkstattvertrags).

Liegt eine dieser beiden Voraussetzungen vor, so kann der Hersteller die (Wieder-)Aufnahme in sein Servicenetz ausschließlich bei Vorliegen eines sachlichen Grundes verweigern.

In seinem MAN-Urteil (Urteil vom 30. März 2011, Az. KZR 6/09) hatte der BGH bereits für den Nutzfahrzeugsektor entschieden, dass eine marktbeherrschende Stellung des Herstellers und damit ein Zulassungsanspruch der Werkstatt aus § 33 i.V. m. §§ 19 Abs. 1, 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB a.F. nicht besteht. Dieses Urteil wurde in der Praxis so verstanden, als scheide ein Zulassungsanspruch generell aus. Mit dem vorliegenden Urteil macht der BGH aber deutlich, dass eine differenzierende Betrachtungsweise je nach den Umständen des Einzelfalls geboten ist.

Entscheidung

Der BGH führt zunächst aus, dass es hinsichtlich der Tätigkeit von Vertragswerkstätten für die Marktabgrenzung auf dem vorgelagerten Ressourcenmarkt darauf ankomme, ob freie Werkstätten, die Arbeiten an Personenkraftwagen einer bestimmten Marke durchführen wollen, eine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit hätten, diese Tätigkeit auch ohne den Status einer Vertragswerkstatt des jeweiligen Herstellers auszuüben. Sei dies nicht der Fall, so sei der Hersteller hinsichtlich des Zugangs zu Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für seine Marken marktbeherrschend und der vorgelagerte Ressourcenmarkt markenspezifisch abzugrenzen. Dabei komme es maßgeblich auf die – tatrichterlich festzustellenden – Ansprüche, Erwartungen und Gepflogenheiten der Fahrzeugeigentümer auf dem Endkundenmarkt bei der Inanspruchnahme dieser Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen an – wobei insoweit wohl ein (gewichtiger) Unterschied zwischen dem Kundenverhalten bei (hochpreisigen) Personenkraftwagen speziell der Marke Jaguar und demjenigen bei Nutzfahrzeugen bestehe. So könnten die –  privaten – Eigentümer eines Personenkraftwagens der Marke Jaguar – anders als Kunden von Nutzfahrzeugen oder von Fahrzeugen anderer Marken – etwa gesteigerten Wert darauf legen, ihr Fahrzeug auch nach Ablauf der Garantiefrist von einer Jaguar-Vertragswerkstatt warten und instand halten zu lassen, auch wenn sie dafür höhere Preise zahlen müssten als in einer freien Werkstatt.

In Bezug auf die die unternehmensbedingte Abhängigkeit – oder relative Marktmacht – im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 S. 1, § 19 Abs. 1 , 2 Nr. 1 GWB verweist der BGH auf seine bisherige und im Grundsatz auch auf Vertragswerkstätten ausgedehnte Rechtsprechung, wonach der Tatbestand unternehmensbedingter Abhängigkeit jedenfalls dann erfüllt sein könne, wenn die Ausrichtung des Geschäftsmodells erheblich über eine bloß einseitige Spezialisierung hinausgehe und etwa den Erwerb besonderen, markenspezifischen Know-hows umfasse, das für eine wertschöpfende Tätigkeit im Zusammenhang mit den Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen erforderlich sei.

Fazit

Der BGH stellt klar, dass er nicht generell eine marktbeherrschende Stellung des Kfz-Herstellers und damit einen Zulassungsanspruch einer Werkstatt verneint. Es kommt vielmehr darauf an, „ob freie Werkstätten, die Arbeiten an Personenkraftwagen einer bestimmten Marke durchführen wollen, eine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit haben, diese Tätigkeit auch ohne den Status einer Vertragswerkstatt des jeweiligen Herstellers auszuüben“. Daher muss das Kundenverhalten bei jeder Marke gesondert berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall ist nicht dazu vorgetragen worden, dass Jaguar-Kunden einen (überwiegenden bzw. erheblichen) Teil der Werkstattleistungen von freien Werkstätten ausführen lassen. Zumindest fehlt es an entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.07.2014, Az. 11 U 6/14 (Kart)). Insoweit besteht also in zukünftigen Fällen bei entsprechender Sachlage ein Einfallstor.

Zur unternehmensbedingten Abhängigkeit wurden ebenfalls keine Feststellungen getroffen. Lediglich aus revisionsrechtlichen Gründen wurde eine solche angenommen. Auch hier kann bei entsprechender Sachlage „nachgebessert“ werden mit der Folge, dass ein Anspruch der Werkstatt auf (Wieder-)Aufnahme in das Servicenetz auf der Basis der Rechtsprechung des BGH ggf. verneint werden kann.

Eine Anmerkung von unserem Partner Dr. Albin Ströbl zu BGH, Urteil vom 26.01.2016, Az. KZR 41/14 – Jaguar-Vertragswerkstatt – auch zu den Praxisfolgen – können Sie im Betriebs-Berater 2016, 1167 (1172) nachlesen.

 

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