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Absicherungsinstrument der KfW für Energiehandel gestartet

20.07.2022

Die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine machen sich allerorts bemerkbar. Ein Großteil der Unternehmen in Deutschland leidet erheblich unter den Auswirkungen. Besonders belastend wirken sich dabei vielfach die gestiegenen Energiepreise aus.

Um diese Folgen für die deutsche Wirtschaft abzumildern, hat die Bundesregierung bereits im April ein umfassendes Maßnahmenpaket angekündigt und Details dazu veröffentlicht. Zu diesem Maßnahmenpaket gehören unter anderen ein Kreditprogramm, ein Bürgschaftsprogramm des Bundes sowie Zuschüsse für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise. Seither wurde dieses Maßnahmenpaket Schritt für Schritt umgesetzt.

Für die besonderen Herausforderungen von im Energieterminhandel tätigen Unternehmen  infolge gestiegener Sicherheitsleistungen (Margining) steht seit Ende Juni 2022 nun ein spezielles Absicherungsinstrument bereit (KfW-Absicherungsinstrument). Das KfW-Absicherungsinstrument in Form von Kreditlinien soll die Liquidität von Unternehmen sicherstellen, die an den Terminbörsen mit Strom, Erdgas und Emissionszertifikaten handeln und dabei Sicherheitsleistungen erbringen müssen. Die geforderten Sicherheitsleistungen haben sich in den letzten Monaten vor allem auch wegen der gestiegenen Volatilität der Preise beständig erhöht.

Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des KfW-Absicherungsinstruments

Um das KfW-Absicherungsinstrument in Anspruch zu nehmen, müssen die Energieunternehmen folgende Voraussetzungen erfüllen:

    • Die abzusichernden Sicherheitsleistungen müssen aufgrund außerordentlich hoher Preisniveau- und Preisvolatilitätssteigerungen auf den Energiemärkten entstanden sein.
    • Die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland muss ohne Kreditgewährung gefährdet sein.
    • Dem Unternehmen ist eine anderweitige Finanzierung der gestiegenen Sicherheitsleistung nicht möglich.
    • Es darf sich nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im beihilferechtlichen Sinne handeln.
    • Die zu besichernden Positionen dürfen nicht spekulativer Art sein.
    • Kredit- und Finanzinstitute sind von dem KfW-Absicherungsinstrument ausgeschlossen.

Das KfW-Absicherungsinstrument basiert aus beihilferechtlicher Sicht auf der sog. BKR-Bundesregelung Beihilfen für niedrigverzinsliche Darlehen 2022 (Bundesregelung). Diese Bundesregelung wurde von der Europäischen Kommission im Mai auf Grundlage des befristeten Krisenrahmens für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine (Krisenrahmen) genehmigt.

Hinsichtlich der Konditionen für die durch das KfW-Absicherungsinstrument gewährten Kreditlinien macht die Bundesregelung folgende Vorgaben:

    • Laufzeit: Nach aktuellem Stand müssen die Kreditlaufzeiten am 30.04.2023 enden.
    • Zinssätze: Basissatz (IBOR für ein Jahr oder von der Kommission veröffentlichter gleichwertiger Satz) zzgl. folgender Kreditrisikomargen

Art des Empfängers

Kreditrisiko-
marge für das erste Jahr

Kreditrisiko-
marge für das 2. und 3. Jahr

Kreditrisiko-
marge für das 4. bis 6. Jahr

KMU

25bps

50bps

100bps

Groß-
unternehmen

50bps

100bps

200bps


    • Darlehensbetrag: Für die Höhe der Kreditlinien ist nach aktuellem Stand keine Obergrenze festgesetzt. Denn nach den Feststellungen der Europäischen Kommission in ihrer Freigabeentscheidung zur Bundesregelung sind bei weiteren Preissteigerungen auch höhere Sicherheitsleistungen zu erwarten, die zu einem weiter erhöhten und nicht vorhersehbaren Liquiditätsbedarf führen können.
    • Zeitpunkt des Abschlusses: Die Darlehensverträge müssen spätestens am 31.12.2022 unterzeichnet werden.

Beihilferechtlicher Hintergrund – Möglichkeit auf individuelle Kreditlinien

Die Inanspruchnahme des KfW-Absicherungsinstruments unter Einhaltung der genannten Voraussetzungen bedarf keiner weiteren beihilferechtlichen Anmeldung (und Freigabe) bei der Europäischen Kommission. Die Einräumung einzelner Kreditlinien durch die KfW für betroffene Unternehmen – wie vom KfW-Absicherungsinstrument vorgesehen – ist von der Freigabe der Bundesregelung beihilferechtlich bereits abgedeckt.

Das KfW-Absicherungsinstrument dürfte allerdings nicht für die finanziellen Probleme aller Energieunternehmen passend und ausreichend sein. Vor allem auch deshalb, weil die genannten Voraussetzungen des KfW-Absicherungsinstruments nicht in jedem Fall Einzelfall erfüllt sind und die Mittel des KfW-Absicherungsinstruments nur für das Margining einzusetzen sind. Insbesondere die Auslegung der Voraussetzung, wonach die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sein muss, dürfte zu Schwierigkeiten führen.

Allerdings besteht auch in Fällen, in denen die Voraussetzungen des KfW-Absicherungsinstruments nicht erfüllt sind, grundsätzlich die Möglichkeit, ein KfW-Darlehen zu den Konditionen der Bundesregelung in Anspruch nehmen zu können. Denn die Voraussetzungen der Inanspruchnahme des KfW-Absicherungsinstruments gehen über die Anforderungen der beihilferechtlich relevanten Bundesregelung hinaus.

So sieht die Bundesregelung beispielsweise nicht vor, dass die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sein muss, um ein Darlehen zu gewähren. Des Weiteren sieht die Bundesregelung nicht vor, dass Unternehmen in Schwierigkeiten von der staatlichen Darlehensvergabe ausgeschlossen sind. Insofern ist es staatlichen Stellen der Bundesrepublik Deutschland aus beihilferechtlicher Sicht grundsätzlich möglich, auch Unternehmen in Schwierigkeiten Darlehen zur Sicherung ihres erhöhten Liquiditätsbedarfs auszugeben, der sich als Folge des Kriegs in der Ukraine ergibt. Die Europäische Kommission begründet diese weitreichende – und aus beihilferechtlicher Sicht ungewöhnliche – Möglichkeit in ihrer Freigabeentscheidung der Bundesregelung damit, dass aufgrund der Aneinanderreihung von Krisen eine außergewöhnlich hohe Zahl an Unternehmen zumindest potenziell als Unternehmen in Schwierigkeiten gelten dürften. Nach üblichen beihilferechtlichen Grundsätzen könnten diese Unternehmen staatliche Unterstützungen nur unter deutlich engeren Voraussetzungen erhalten.

Ausblick

Aufgrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Gesamtsituation dürften sich auch die Probleme von Energieunternehmen noch hinziehen. Die Bundesregierung hat mit verschiedenen Maßnahmen einen Rahmen geschaffen, der die schlimmsten Folgen abmildern soll. Aufgrund der nicht abzusehenden Entwicklungen ist nicht auszuschließen, dass die vorhandenen Unterstützungsprogramme zukünftig noch ausgedehnt oder angepasst werden müssen. In einigen Fällen werden Unternehmen auch gezwungen sein, individuelle staatliche Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Diese müssten dann auch aus beihilferechtlicher Sicht individuell geprüft und ggf. bei der Europäischen Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden. Ob es in diesem Zusammenhang auch von der Europäischen Kommission weitere Erleichterungen bzw. Auslegungshinweise bezüglich der beihilferechtlichen Regeln geben wird, bleibt abzuwarten.