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Corona-Pandemie: Entwicklungen im deutschen Kartellrecht

28.05.2020

***** Update 28.05.2020: Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes *****


Das Gesetz „zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Wettbewerbsrecht und für den Bereich der Selbstverwaltungsorganisationen der gewerblichen Wirtschaft“ wurde heute (28.05.2020) im Bundesgesetzblatt (Teil I Nr. 24 vom 28.05.2020, S. 1067-1069) verkündet. Es tritt damit morgen, am 29.05.2020, in Kraft (vgl. Art. 4 des Gesetzes).

 

***** Update 15.05.2020: Verabschiedung des Gesetzesentwurfs durch den Deutschen Bundestag *****

 

Der Bundestag hat gestern ohne vorherige abschließende Aussprache auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Wirtschaft und Energie (19/19207) einstimmig den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD „zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Wettbewerbsrecht und für den Bereich der Selbstverwaltungsorganisationen der gewerblichen Wirtschaft“ (19/18963), verabschiedet.

Der Bundesrat hat bereits auf die Einberufung eines Vermittlungsausschusses verzichtet, sodass das Gesetz nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten wird.

 

***** News vom 30.04.2020 *****

 

Neben den volkswirtschaftlichen Auswirkungen beeinflusst die Corona-Pandemie auch die Tätigkeit des Bundeskartellamts. Die damit einhergehenden Einschränkungen bereiten dem Bundeskartellamt Schwierigkeiten, die üblichen Zeitabläufe wie gewohnt einzuhalten. Daher strebt die Bundesregierung eine zeitliche Verlängerung der Prüffristen für Anmeldungen in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Mai 2020 an, um etwaigen Freigaben aufgrund bloßen Zeitablaufs vorzubeugen (A.). Daneben ist eine Aussetzung der Verzinsungspflicht im Kartellbußgeldrecht beabsichtigt, um zusätzlichen wirtschaftlichen Druck von Unternehmen im Zuge der Krise zu nehmen (B.).

A. Verlängerung der Prüffristen in der Fusionskontrolle 

Ausgangslage

Das kartellrechtliche Prüfverfahren anmeldepflichtiger Zusammenschlussvorhaben vollzieht sich in zwei Phasen. Normalerweise hat das Bundeskartellamt zunächst einen Monat Zeit, um einen Zusammenschluss zu prüfen (Phase I). In unbedenklichen Fällen wird in Phase I bereits eine Freigabe erteilt. Eine Freigabe findet allerdings auch durch bloßen Zeitablauf statt, wenn das Bundeskartellamt in Phase I nicht aktiv wird. Will das Bundeskartellamt eine weitere Prüfung vollziehen, muss es ein förmliches Hauptprüfverfahren einleiten (Phase II). Diese Phase II kann bis zu vier Monate seit Eingang der vollständigen Anmeldung andauern.

Beabsichtigte Änderungen 

Diese beiden Phasen sollen für Anmeldungen, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31. Mai 2020 beim Bundeskartellamt eingegangen sind, wie folgt verlängert werden: die Frist für Phase I wird von einem auf zwei Monate und die Frist für Phase II von vier auf sechs Monate ausgedehnt. Diese Änderungen finden keine Anwendung auf Zusammenschlussvorhaben, die zwar seit dem 1. März 2020 angemeldet wurden, für die bei Inkrafttreten des Gesetzes aber bereits eine Freigabe vorlag oder die gesetzlichen Fristen abgelaufen waren. Mit Blick auf die Einmonatsfrist nach Phase I, welche in vielen Fällen bereits bis zum Inkrafttreten des Gesetzes (voraussichtlich Juni, siehe unten) abgelaufen sein dürfte, betreffen die beabsichtigten Änderungen praktisch vor allem Phase II-Verfahren. Allenfalls solche Phase I-Anmeldungen, die gegen Ende des Regelungszeitfensters (d.h. insbesondere Mai 2020) eingehen, dürften noch von der Fristverlängerung beeinflusst werden. 

Auswirkungen auf die Praxis 

Es bleibt abzuwarten, in wie vielen Fällen das Bundeskartellamt die verlängerten Prüffristen tatsächlich ausschöpfen wird. Wünschenswert wäre es, dass materiell-rechtlich unproblematische Zusammenschlüsse auch weiterhin zügig freigegeben werden. Unternehmen sollten bei ihren Planungen jedenfalls die potentiell deutlich längeren Verfahrensdauern berücksichtigen.

B. Beabsichtigte Änderungen im kartellrechtlichen Bußgeldrecht

Ferner beabsichtigt die Bundesregierung Unternehmen, denen nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen die sofortige Zahlung einer Geldbuße unzumutbar ist, die Verzinsung des Bußgelds zu erlassen.

Zwar kann das Bundeskartellamt bereits nach geltendem Recht Zahlungserleichterungen wie Stundung oder Ratenzahlung gewähren, wenn die Zahlung einem Unternehmen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen wirtschaftlich unzumutbar ist. Unberührt bleibt davon aber unter der bisherigen Rechtslage eine Verzinsungspflicht nach § 81 Abs. 6 GWB. Letztere soll in den Fällen, in denen Zahlungserleichterungen gewährt wurden, bis zum 30. Juni 2021 nicht angewandt werden, um die Fortführung von Unternehmen nach der Krise nicht zu gefährden. Die Aussetzung der Verzinsungspflicht soll dabei auf den Zeitraum begrenzt werden, für den Zahlungserleichterungen gewährt wurden. Diese Zahlungserleichterungen müssen nicht bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes vorliegen. Auch bei einer späteren Gewährung von Zahlungserleichterungen soll die Pflicht zu Verzinsung entfallen, da sich die finanzielle Lage von Unternehmen kurzfristig verschlechtern kann.

Aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit ist ein Inkrafttreten des Gesetzes bereits am Tag nach der Verkündung vorgesehen. Auch wenn Stand heute noch kein genauer Termin feststeht, wird eine Verkündung im Laufe des Monats Juni erwartet.

Über die weitere Entwicklung werden wir Sie zeitnah informieren.

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