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Pensionskassen unter Druck

25.02.2021

Viele Pensionskassen sind derzeit unter Druck. Im letzten Jahr berichtet die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin), dass sie 36 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht hat. Erst Mitte Januar widerrief die BaFin die Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts bei der Kölner Pensionskasse VVaG und der Pensionskasse der Caritas VVaG, die nun in Liquidation sind. Weitere Pensionskassen mussten Leistungspläne anpassen und Garantiezinsen absenken, zuletzt auch die Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (PKDW), die bereits früher Leistungen gekürzt hat. Und ein Ende der Zinsflaute ist nicht in Sicht. Handlungsdruck kann dadurch nicht nur für die Pensionskasse selbst, sondern auch für den Arbeitgeber entstehen.

Handlungsoptionen für Pensionskassen unter Druck

Pensionskassen haben verschiedene Möglichkeiten, auf die finanziellen Herausforderungen zu reagieren, um die Erfüllbarkeit ihrer Verpflichtungen aus dem Versicherungsgeschäft dauerhaft zu gewährleisten.

  • Satzungsmäßige Änderung der Versicherungsbedingungen: Während Aktiengesellschaften zur Verbesserung der Finanzlage z. B. eine Kapitalerhöhung durchführen können, steht diese Möglichkeit den als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) errichteten Versorgungsträgern nicht offen. Vor dem Hintergrund der damit notwendigen Innenfinanzierung durch die Mitglieder erlaubt es § 197 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) Pensionskassen in der Rechtsform eines VVaG aber, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu ändern - und zwar auch für bestehende Versicherungsverträge. Entscheidend dafür ist aber, dass eine wirksame Satzungsregelung diese Möglichkeit vorsieht. Die satzungsmäßige Änderung der Versicherungsbedingungen erfolgt nach § 197 Abs. 1 i. V. m. § 195 Abs. 1 VAG durch Beschluss der Mitgliederversammlung. Der Beschluss der Mitgliederversammlung und die Änderung der Versicherungsbedingungen sind gerichtlich voll überprüfbar und zwar auch dann, wenn die BaFin oder der unabhängige Treuhänder die Unbedenklichkeit erklärt haben. Vor diesem Hintergrund sollten Änderungen der Versicherungsbedingungen präzise und sorgfältig geprüft, vorbereitet und umgesetzt werden.

  • Satzungsmäßige Leistungskürzung: Abhängig vom Beitragssystem muss die Satzung einer Pensionskasse nach § 179 VAG weiter regeln, ob Nachschüsse vorbehalten oder ausgeschlossen sind. Wenn Nachschüsse ausgeschlossen sind, muss die Satzung bestimmen, ob Versicherungsansprüche gekürzt werden dürfen. Auf Grundlage dieser sogenannten Sanierungsklausel können Pensionskassen künftig fällig werdende Leistungen unter Herabsetzung der Deckungsrückstellung mindern. Als Gegenstück zur selbstverordneten Sanierung hat auch die BaFin nach § 314 Abs. 2 VAG das Recht zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens Leistungskürzungen anzuordnen, wenn das Unternehmen dauerhaft nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen zu erfüllen.

  • Bedingungs- und Beitragsanpassungen nach §§ 163, 164 VVG: Fehlt es an einer entsprechenden (wirksamen) Satzungsregelung oder ist das Geschäft mit Nichtmitgliedern betroffen, sind Änderungen hinsichtlich des Bestandsgeschäfts nur in spezialrechtlichen Grenzen der §§ 163, 164 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) zulässig. Zuständig hierfür ist der Vorstand. Zusätzlich erfordert die Neufestsetzung der Prämie oder die Herabsetzung der Leistung nach § 163 VVG die Genehmigung der BaFin oder die Zustimmung des unabhängigen Treuhänders. Unabhängig von der Genehmigung der BaFin oder der Zustimmung des Treuhänders unterliegen auch solche Änderungen des Versicherungsvertrags vollständig der gerichtlichen Kontrolle durch die Zivilgerichte.

  • Erhebung von Umlagen oder Nachschüssen und Bestandsübertragung: Mit Beitragsanpassungen oder Leistungskürzungen ist das Repertoire allerdings nicht ausgeschöpft: Gegebenenfalls kommt auch

    • eine Erhebung von Umlagen oder Nachschüssen oder gar
    • eine Bestandsübertragung auf eine solventere Pensionskasse in Betracht (bspw. bei kleineren Beständen zur Hebung von Synergien).

    Künftig soll auch die Sanierung von Teilbeständen eine Option sein. Das Bundesfinanzministerium hat einen Gesetzentwurf zur Ergänzung von § 233 VAG konsultiert. Danach soll die Satzung einer Pensionskasse vorsehen können, dass Leistungskürzungen nur die Versicherungsansprüche betreffen, die nicht durch Nachschüsse nachfinanziert sind. 

Fazit: Um Beitragsanpassungen und Leistungskürzungen möglichst zu vermeiden, sollten Pensionskassen frühzeitig alternative Möglichkeiten zur Stärkung des Bestandsgeschäfts prüfen. Denkbar ist beispielsweise die Übertragung von Beständen. Daneben sollten Pensionskassen aber auch für den Ernstfall gewappnet sein. Wirksame Regelungen in der Satzung und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen sind dann entscheidend.

Auswirkungen auf Versorgungsberechtigte und Haftung für Arbeitgeber

Anpassungen von Leistungsplan oder Prämien treffen nicht nur die Versorgungsberechtigten durch ein geringeres Leistungsniveau oder höhere Kosten für die Finanzierung eines gleichbleibenden Leistungsniveaus, sondern stellen insbesondere auch Haftungsrisiken für Arbeitgeber dar.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) steht der Arbeitgeber für die von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber schuldet die dem Arbeitnehmer ursprünglich zugesagten Versorgungsleistungen auch dann, wenn er die betriebliche Altersversorgung über einen externen Versorgungsträger, wie bspw. eine Pensionskasse, durchführt. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Versicherungsbeiträge stets rechtzeitig und vollständig an die Pensionskasse abgeführt hat und es gilt auch, wenn die Pensionskassenversorgung allein vom Arbeitnehmer im Wege der Entgeltumwandlung finanziert worden sein sollte.

Wenn der Arbeitgeber eine in Praxis weit verbreitete beitragsorientierte Leistungszusage erteilt hat, beinhaltet das vom Arbeitgeber geschuldete Versorgungsniveau auch die ursprünglich von der Pensionskasse vorgesehenen Garantiezinsen. Änderungen am Leistungsplan, z.B. eine Herabsetzung des Garantiezinses durch die Pensionskasse, haben damit keine unmittelbare Auswirkung auf das Versorgungsversprechen des Arbeitgebers. Nach Auffassung des BAG schlagen die Satzungsbestimmungen der Pensionskasse und eine etwaig darin enthaltene Regelung zur Änderung des Leistungsplanes nicht auf das arbeitsrechtliche Grundverhältnis durch.

Möchte der Arbeitgeber seinerseits das Leistungsniveau entsprechend absenken, um wieder eine Kongruenz mit den angepassten Leistungen der Pensionskasse herzustellen, muss der Arbeitgeber einen solchen Eingriff in die Versorgungszusage eigenständig rechtfertigen. Der Arbeitgeber wird prüfen müssen, auf welche Art und Weise er seine Versorgungszusage überhaupt rechtlich anpassen kann. Entscheidend ist

  • die rechtliche Grundlage, auf derer die Versorgungszusage erteilt worden ist (Individualzusage, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag usw.).
  • die Einhaltung der Vorgaben, die das BAG für entsprechende Eingriffe als rechtfertigende Gründe in Form der sog. Drei-Stufen-Theorie entwickelt hat.

Fazit: Arbeitgeber, die eine betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse durchführen, sollten die wirtschaftliche Lage der Pensionskasse sowie die Form der Versorgungszusage (beitragsorientierte Leistungszusage, Beitragszusage mit Mindestleistung) prüfen, um ggf. rechtzeitig auf Leistungsplanänderungen der Pensionskasse reagieren zu können. Hat die Pensionskasse bereits Leistungspläne angepasst oder dies angekündigt, sollte der Arbeitgeber prüfen, ob er auch selbst berechtigt ist, das Leistungsniveau gegenüber den Arbeitnehmern entsprechend herabzusetzen, um wieder einen Gleichlauf mit den Leistungen der Pensionskasse herzustellen. Hierfür bedarf der Arbeitgeber rechtfertigender Gründe. Alternativ kann der Arbeitgeber prüfen, ob ihm eine Änderung der Pensionssysteme, z.B. durch einen Wechsel des Durchführungsweges möglich ist.

Das Risiko einer Subsidiärhaftung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG lässt sich für Arbeitgeber nur im Rahmen einer reinen Beitragszusage im Sozialpartnermodell vermeiden. Außerhalb des Sozialpartnermodells ist zwar die Subsidiärhaftung nicht auszuschließen, allerdings können Arbeitgeber vorsorgend derartige Risiken durch Auswahl des Durchführungsweges, der Leistungen und der Ausgestaltung der Versorgungszusage minimieren.

Arbeitsrecht
Finanzdienstleistungsaufsicht

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