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Transparenzregister: EU-Geld­wäsche­verordnung kommt und bringt erhebliche Erweiterung der Transparenz­pflichten

26.07.2021
  • Vereinheitlichung der Definition des wirtschaftlich Berechtigten auf EU-Ebene

  • Erhebliche Erweiterung des Kreises der wirtschaftlich Berechtigten

  • Erweiterung der Transparenzpflichten von Treuhandgestaltungen

Die Europäische Kommission hat am 20.07.2021 ein Bündel von Gesetzgebungsvorschlägen zur Bekämpfung von Geldwäsche vorgestellt, darunter die Entwürfe einer EU-Geldwäscheverordnung (Doknr. COM (2021) 420) und einer 6. EU-Geldwäscherichtlinie (Doknr. COM (2021) 423). Die EU-Geldwäscheverordnung harmonisiert die Vorschriften u.a. zur Durchführung von KYC-Prüfungen und zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten. Die 6. EU-Geldwäscherichtlinie regelt bestimmte Vorgaben u.a. zu den nationalen Transparenzregistern.

Die EU-Geldwäscheverordnung wird nach derzeitigem Stand drei Jahre nach ihrer Verabschiedung durch den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament in Kraft treten. Die 6. EU-Geldwäscherichtlinie ist durch die Mitgliedstaaten binnen drei Jahren ab Verabschiedung durch den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament in nationales Recht umzusetzen. Sowohl das Inkrafttreten der EU-Geldwäscheverordnung als auch der Ablauf der Umsetzungsfrist der 6. EU-Geldwäscherichtlinie sind nach derzeitigem Stand für den 01.01.2025 vorgesehen.

Einheitliche Definition des wirtschaftlich Berechtigten führt zu Erweiterung der Transparenz

Die EU-Geldwäscheverordnung soll erstmals eine auf EU-Ebene einheitlich gültige Definition des wirtschaftlich Berechtigten („WB“) enthalten. Danach ist WB einer Vereinigung künftig – im Grundsatz wie bisher nach deutschem Recht – jede natürliche Person, welche die Vereinigung direkt oder indirekt durch Eigentumsrechte oder Kontrolle auf sonstige Weise kontrolliert. Diese Grundsatzdefinition hat sich im Vergleich zur bisher gültigen Definition der 4. EU-Geldwäscherichtlinie (modifiziert durch die 5. EU-Geldwäscherichtlinie) nicht verändert.

Die EU-Geldwäscheverordnung enthält dann aber eine überarbeitete Definition der direkten und – neu – auch der indirekten Kontrolle durch Eigentumsrechte sowie eine Definition der Kontrolle auf sonstige Weise.

Kontrolle in mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen zukünftig bereits ab mehr als 25% der Kapitalanteile oder Stimmrechte auf jeder Beteiligungsebene

Nach dem derzeitigen Entwurfsstand der EU-Geldwäscheverordnung soll Kontrolle durch Eigentumsrechte in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen künftig bereits dann vorliegen, wenn eine natürliche Person mehr als 25% der Kapitalanteile, der Stimmrechte oder einer anderweitigen Beteiligung an sämtlichen Zwischengesellschaften hält, über die diese natürliche Person an der Vereinigung beteiligt ist, deren WB ermittelt wird.

Dies ist eine bedeutende Erweiterung der WB-Definition im Vergleich zur 4. EU-Geldwäscherichtlinie und auch zur derzeit gültigen Rechtslage in Deutschland sowie in der weit überwiegenden Zahl der übrigen EU-Mitgliedstaaten. Denn bisher war nach deutschem Recht lediglich auf erster Stufe der Beteiligungskette, d.h. auf Stufe der unmittelbaren Gesellschafter einer meldepflichtigen Vereinigung, eine Beteiligung von mehr als 25% der Kapitalanteile oder Stimmrechte für die Bestimmung des WB ausreichend. Ab der zweiten Stufe der Beteiligungskette war für das Vorliegen einer Kontrolle überwiegend eine Mehrheit der Kapitalanteile oder Stimmrechte erforderlich. Der Wortlaut der EU-Geldwäscheverordnung, wonach auch eine „anderweitige Beteiligung“ zu einer Kontrolle durch Eigentumsrechte und damit zu einer wirtschaftlichen Berechtigung führen kann, lässt zudem den Schluss zu, dass künftig neben Kapitalbeteiligung und Stimmrechten weitere Rechte regelmäßig zur Ermittlung des WB herangezogen werden können. In einigen EU-Mitgliedstaaten wird für eine wirtschaftliche Berechtigung bereits nach derzeitiger Rechtslage beispielsweise auch auf die Erlösbeteiligung abgestellt. Danach ist eine natürliche Person auch dann WB, wenn sie (unmittelbar oder mittelbar) zu mehr als 25% am Erlös einer transparenzpflichtigen Vereinigung beteiligt ist. Es bleibt hier abzuwarten, wie weit der Begriff der anderweitigen Beteiligung durch die zuständigen Behörden ausgelegt werden wird.

Erhebliche Erweiterung der Katalogfälle für Kontrolle auf sonstige Weise

Für die Ermittlung der Kontrolle auf sonstige Weise wird zunächst wie bisher auf die Kriterien des Art. 22 Absätze 1 bis 5 der Bilanzrichtlinie abgestellt, d.h. Kontrollmittel sind insbesondere:

  • die Stimmrechtsmehrheit;
  • das Recht eines Gesellschafters zur Bestellung oder Abberufung der Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans;
  • das Recht eines Gesellschafters zur Ausübung von beherrschendem Einfluss aufgrund einer Satzungsbestimmung oder aufgrund eines Unternehmensvertrages.

Über diese Kontrollmittel hinaus enthält die Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung einen Katalog weiterer Kontrollmittel. Diese sind namentlich:

  • das Recht zur Bestellung oder Abberufung der Mehrheit der Mitglieder des „boards“ oder vergleichbarer „officer“ der Gesellschaft auch ohne Gesellschafterstellung;
  • die Fähigkeit zur Ausübung eines „wesentlichen Einflusses“ (significant influence) auf die Entscheidungen der Gesellschaft, insbesondere durch Vetorechte, „Entscheidungsrechte“ (decision rights) sowie Rechte, die Einfluss auf Gewinnausschüttungen und auf „Entscheidungen, die zu einer Verschiebung von Vermögenswerten führen“ (decisions leading to a shift in assets) vermitteln;
  • formelle oder informelle Vereinbarungen mit Gesellschaftern oder den Gesellschaften durch Satzungsbestimmungen, Unternehmensverträge oder vergleichbare Vereinbarungen auch ohne Gesellschafterstellung;
  • Pool- und Stimmbindungsverträge;
  • „Verbindungen“ (links) zu Familienmitgliedern von Geschäftsführern, „Direktoren“ (managers or directors), Eigentümern oder anderen kontrollierenden Personen einer Gesellschaft (those owning or controlling the corporate entity);
  • formelle oder informelle Treuhandgestaltungen.

Darüber hinaus soll die Europäische Kommission künftig für einzelne nationale Rechtsformen weitere Kriterien festlegen können, die zu einer wirtschaftlichen Berechtigung bei diesen Rechtsformen führen.

Sofern nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mittel keine natürliche Person als WB ermittelt werden kann, soll eine Gesellschaft künftig verpflichtet sein, im Rahmen von KYC-Anfragen und in den nationalen Transparenzregistern – wie bisher – die Daten der Mitglieder ihres Geschäftsführungsorgans und – neu – die Daten einer Person mit vertieften Kenntnissen des gesellschaftsbezogenen Geldwäscherisikos anzugeben. Diese Person kann ein Mitglied des Geschäftsführungsorgans sein; in der Praxis dürfte aber regelmäßig der Geldwäschebeauftragte einer Gesellschaft zu melden sein. Nach dem Wortlaut der EU-Geldwäscheverordnung muss zudem künftig eine Erklärung mit entsprechenden Nachweisen im Transparenzregister hinterlegt werden, dass kein tatsächlicher WB existiert. Bei solchen Nachweisen dürfte es sich typischerweise um Informationen zur Beteiligungsstruktur der transparenzpflichtigen Gesellschaft handeln. Inwiefern diese Unterlagen für die Öffentlichkeit zugänglich sein werden, geht aus der Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung nicht hervor.

Die vorstehenden Ausführungen sollen nicht für Gesellschaften gelten, die an einem organisierten Markt notiert sind, sowie für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Für diese besteht nach der Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung künftig keine Pflicht (mehr), ihren WB zum Transparenzregister zu melden.

Die Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung enthält einige unklare Rechtsbegriffe, die der Auslegung und weiterer Konkretisierung durch die zuständigen Behörden bedürfen. Da die Entwurfsfassung bisher nur in englischer Sprache vorliegt, dürften einige derzeit unklare Begriffe zudem durch die deutsche Übersetzung des Entwurfstextes schärfere Konturen erhalten. Klar ist bereits, dass nach der Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung zukünftig auch ein passiver Einfluss auf eine Vereinigung für eine Kontrolle und damit eine wirtschaftliche Berechtigung ausreichen soll. Die Änderungen der EU-Geldwäscheverordnung gehen damit tendenziell in die Richtung der Verwaltungsauffassung des Bundesverwaltungsamtes („BVA“) in den Fragen und Antworten des BVA zum Transparenzregister, Stand 19.08.2020 („BVA-FAQ 2020/III“). Darin hatte das BVA insbesondere eine Kontrolle aufgrund vertraglicher und faktischer Vetorechte (sog. Verhinderungsbeherrschung) sowie eine Kontrolle aufgrund bestimmter Geschäftsführungsrechte angenommen (siehe im Einzelnen unseren Beitrag vom 22.09.2020). Nach einhelliger Kritik der Rechtspraxis hatte das BVA diese erweiternde Verwaltungsauffassung zu Beginn des Jahres 2021 revidiert (siehe hierzu unseren Beitrag vom 25.02.2021).

Für Gesellschaften mit Sitz in Deutschland, die an einem organisierten Markt notiert sind, ergibt sich aus der Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung zudem die Rechtsfolge, dass diese ihren WB infolge des Inkrafttretens des deutschen Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetzes (TraFinG) am 01.08.2021 zunächst zum deutschen Transparenzregister melden müssen (mit Übergangsfrist bis zum 31.03.2022; siehe hierzu unseren Beitrag vom 17.06.2021). Mit Inkrafttreten der EU-Geldwäscheverordnung (voraussichtlich zum 01.01.2025) würde die Meldepflicht für diese Gesellschaften nach dem derzeitigen Entwurfsstand jedoch wieder entfallen.

Meldepflicht für Gesellschaften mit Sitz in Drittstaaten bei Geschäftstätigkeit in der EU

Der Entwurf der EU-Geldwäscheverordnung sieht zudem vor, dass auch Gesellschaften mit Sitz in Drittstaaten ihren WB an jedenfalls ein nationales Transparenzregister eines EU-Mitgliedstaates melden müssen, wenn sie eine Geschäftsbeziehung mit einem geldwäscherechtlich Verpflichteten mit Sitz in der EU (z.B. Banken, Versicherungen, Rechtsanwälte oder Steuerberater) eingehen oder Eigentum an Grundstücken in der EU erwerben.

Hierdurch wird der Kreis der meldepflichtigen Vereinigungen um ein Vielfaches erweitert. Denn die EU-Geldwäscheverordnung enthält – wie bisher die EU-Geldwäscherichtlinien – einen umfangreichen Katalog geldwäscherechtlich Verpflichteter. Drittstaaten-Gesellschaften, die in der EU geschäftlich tätig sind oder werden wollen, werden um Geschäftsbeziehungen zu solchen Verpflichteten kaum herumkommen und damit zur Meldung ihres WB an ein nationales Transparenzregister eines EU-Mitgliedstaates verpflichtet sein. Die EU verfolgt damit das ausdrückliche Ziel, wie bereits bei der DSGVO im Bereich des Datenschutzes, auch im Bereich der Geldwäschebekämpfung einen weltweiten Standard zu setzen. In der Praxis dürfte dieser Ansatz zu erheblichen Behinderungen der Tätigkeit nicht nur der Drittstaaten-Gesellschaften, sondern auch der in der EU ansässigen Vertragspartner dieser Gesellschaften führen. Denn die Kundenprüfung und damit der Beginn der Geschäftsbeziehung mit diesen Gesellschaften kann sich verzögern, solange keine Eintragung der Drittstaaten-Gesellschaft in einem nationalen Transparenzregister erfolgt ist.

Geringfügige Erweiterung des Kreises der WB bei Stiftungen und vergleichbaren Rechtsgestaltungen

Der Kreis der WB bei Stiftungen und vergleichbaren Rechtsgestaltungen wird durch die Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung nur geringfügig erweitert. So können Begünstigte einer Stiftung nach dem Wortlaut der Entwurfsfassung auch dann WB der Stiftung sein, wenn sie keinen Anspruch auf Leistung gegenüber der Stiftung haben. Die FAQ des BVA waren in diesem Punkt bislang unklar. Eine indirekte Erweiterung ergibt sich jedoch aus der Erweiterung des Kontrollbegriffs, da natürliche Personen, die Kontrolle auf die Stiftung ausüben können, WB der Stiftung sind. Der Kreis dieser kontrollierenden Personen wird durch die EU-Geldwäscheverordnung wie dargestellt erheblich erweitert.

Pflicht zur Offenlegung von Treuhandverhältnissen gegenüber der Gesellschaft und zum Vorhalten bestimmter Daten des Treugebers durch den Treuhänder

Neu ist nach der Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung zudem eine ausdrücklich normierte Pflicht von Treuhändern zur Offenlegung des Treuhandverhältnisses gegenüber der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang sollen die Treuhänder auch verpflichtet sein, wie ein geldwäscherechtlich Verpflichteter bestimmte Informationen zum Treugeber, zur Natur des Treuhandverhältnisses sowie zum WB des Treugebers einzuholen, vorzuhalten und auf aktuellem Stand zu halten.

Dies wird zu einem gesteigerten Verwaltungsaufwand bei Treuhändern führen, da diese nun interne Prozesse zur Einholung, Aufbewahrung und Aktualisierung der erforderlichen Daten zum Treuhandverhältnis einrichten müssen.

Erweiterung der zu meldenden Daten des WB

Durch die Entwurfsfassung der EU-Geldwäscheverordnung sollen schließlich auch die zu meldenden Daten zum WB erweitert werden. An meldepflichtigen Informationen sollen künftig hinzukommen: der Geburtsort, weitere Staatsangehörigkeiten, die Ausweisnummer sowie die Steueridentifikationsnummer des WB. Zudem soll künftig eine Beschreibung der Eigentums- und Kontrollstruktur beim Transparenzregister hinterlegt werden.

6. EU-Geldwäscherichtlinie: Betrieb der Transparenzregister bleibt in nationaler Verantwortung

Weniger einschneidend sind die Änderungen für die Praxis, die sich aus dem Entwurf der 6. EU-Geldwäscherichtlinie ergeben. So soll der Betrieb der Transparenzregister in der Verantwortung der Mitgliedstaaten verbleiben. Auch die Aufsichtsbehörden über die Kundenprüfungs- und Transparenzregisterpflichten sollen weiterhin auf nationaler Ebene angesiedelt sein. Jedoch soll eine EU-Agentur (EU-Anti-Money-Laundering-Authority – AMLA) geschaffen werden. Diese soll befugt sein, Richtlinien auf EU-Ebene für die nationalen Aufsichtsbehörden zu erlassen. Dies soll zu einer Angleichung auch der Verwaltungsauffassungen im Bereich Geldwäsche innerhalb der EU beitragen.

 

Wenn Sie Fragen zur EU-Geldwäscheverordnung, zur 6. EU-Geldwäscherichtlinie oder zu potentiellem Handlungsbedarf bezüglich ihrer geldwäscherechtlichen Pflichten oder des Transparenzregisters (insbesondere Meldungen, Berichtigungen, Anträge auf Beschränkung der Einsichtnahme, Bußgeld- oder Klageverfahren) haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir verfolgen kontinuierlich die Entwicklung im Bereich Geldwäscherecht/Transparenzregister und stehen in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden. 

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