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BaFin veröffentlicht Informationsblatt zum Settlement-Verfahren in Bußgeldsachen der Wertpapieraufsicht

23.08.2019
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat kürzlich ein Informationsblatt zum Settlement-Verfahren der Wertpapieraufsicht in Bußgeldsachen veröffentlicht. 

Damit knüpft die BaFin an die Veröffentlichung der WpHG-Bußgeldleitlinien im November 2013 sowie der WpHG-Bußgeldleitlinien II im Februar 2017 bzw. deren Aktualisierung im Januar 2018 an und äußert sich erneut zur Verwaltungspraxis bei Ordnungswidrigkeitsverfahren der Wertpapieraufsicht. Während durch die Bußgeldleitlinien zunächst eine Konkretisierung der Kriterien für die Bußgeldzumessung insbesondere für bestimmte kapitalmarktbezogene Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten erfolgte, enthält das Informationsblatt nunmehr grundsätzliche Ausführungen zu einvernehmlichen Verständigungen (Settlement) in sämtlichen wertpapieraufsichtlichen Bußgeldverfahren.

Bedeutung von Bußgeldverfahren in der Wertpapieraufsicht


Bußgeldverfahren der Wertpapieraufsicht sind nicht nur für kapitalmarktorientierte Emittenten von Finanzinstrumenten, sondern auch und insbesondere für Wertpapierdienstleistungsunternehmen und deren Mitarbeiter von erheblicher praktischer Relevanz. Dies liegt zunächst daran, dass die Anzahl der bußgeldbewehrten Vorschriften in den letzten Jahren stetig gestiegen ist. So enthält die maßgebliche Bußgeldvorschrift in § 120 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) mittlerweile 28 Absätze, in denen sich teilweise über 130 einzelne Bußgeldtatbestände finden, die ihrerseits teilweise wiederum Verstöße gegen verschiedene Regelungen sanktionieren. Diese Regelungen finden sich zu großen Teilen nicht mehr selbst im WpHG, sondern – entsprechend der Entwicklung zu EU-weit harmonisierten Regelungen für die Finanzaufsicht – in EU-Verordnungen. Damit lässt sich ohne Übertreibung feststellen, dass in den durch die Wertpapieraufsicht erfassten Geschäftsaktivitäten ein enormes Risiko besteht, gegen eine bußgeldwehrte Regelung zu verstoßen.

Hinzu kommt, dass sich auch der Bußgeldrahmen für die Sanktionierung von Verstößen signifikant erhöht hat. So besteht für zahlreiche Verstöße nunmehr ein Bußgeldrahmen von bis zu 5 Millionen Euro, der für juristische Personen sogar teilweise auf bis zu 15 Millionen Euro erhöht ist. Zudem können Geldbußen für juristische Personen noch höher ausfallen, da – beispielsweise für Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz vor Insiderhandel und Marktmanipulation – eine Geldbuße auch prozentual an den Gesamtumsatz der gesamten Gruppe oder den aus den Verstößen gezogenen wirtschaftlichen Vorteilen anknüpfen kann.

Vor dem Hintergrund dieses Bußgeldregimes ist es fast überraschend, dass die BaFin nach den in ihrem Jahresbericht 2018 veröffentlichten Zahlen im vergangenen Jahr im Bereich der Wertpapieraufsicht lediglich 126 Bußgelder in einer Gesamthöhe von 7,8 Millionen Euro verhängt hat. Angesichts der gestiegenen Zahl bußgeldbewehrter Regelungen und des Trends zu höheren Bußgeldern – der durch die BaFin-Bußgeldleitlinien bereits Eingang in die Praxis gefunden hat – ist freilich zu erwarten, dass sowohl die Zahl als auch die Höhe der Bußgelder stark ansteigen werden. Insofern ist auch zu erwarten, dass die Bedeutung von Absprachen zwischen den an einem OWiG-Verfahren Beteiligten zunehmen wird. So dürfte auch zu erklären sein, warum die BaFin nun mit ihrem Informationsblatt der entsprechenden Praxis des Bundeskartellamts folgt, das regelmäßig Verfahren mit ganz erheblichen Bußgeldern beendet und ein ähnliches Schreiben bereits vor einigen Jahren veröffentlicht hat.

Inhalt des Informationsblatts


Der Inhalt des Informationsblattes ist in vier Teile untergliedert. Zunächst weist die BaFin in einer kurzen Einleitung auf die Vorteile eines Settlements hin. Dies bewirke regelmäßig eine Beschleunigung und Verkürzung der oftmals ermittlungs- und ressourcenaufwendigen Bußgeldverfahren. Ferner führe ein Settlement zu einer Minderung der Geldbuße.

Sodann geht die BaFin auf die rechtlichen Grundlagen für ein Settlement ein. Insoweit wird festgestellt, dass es an einer gesetzlichen Regelung für solche verfahrensbeendenden Absprachen fehle, da der für gerichtliche Verfahren geltende § 257c StPO laut den Gesetzesmaterialien nicht auf die Bußgeldverfahren der Wertpapieraufsicht anwendbar sei. Daher ergäben sich die Grenzen eines Settlements aus dem Rechtsstaatsprinzip, so dass insbesondere rechtliches Gehör, ein faires Verfahren und der Schuld- sowie Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten seien. Außerdem müsse der Tatvorwurf pflichtgemäß ermittelt und nach Aktenlage rechtlich geprüft sein. Schließlich müsse die Geldbuße im Verhältnis zum Tatvorwurf eine noch angemessene, spürbare Sanktion darstellen.

Im dritten Abschnitt befasst sich die BaFin mit dem Gegenstand des Settlements, das sich primär auf die Höhe der festzusetzenden Geldbuße und das Prozessverhalten des Betroffenen bzw. der Nebenbeteiligten beziehe. Dagegen sei ein Verständigung über den Tenor des Bußgeldbescheids oder über das Ob einer gesetzlich vorgesehenen Bekanntmachung ebenso unzulässig wie eine Erklärung auf Rechtsmittelverzicht. Die BaFin stellt ferner fest – insoweit wohl im Vorgriff auf den folgenden Abschnitt zum Settlement-Verfahren –, dass ein Settlement nur in Betracht komme, wenn der Betroffene bzw. der jeweilige Nebenbeteiligte die Tatbegehung zumindest einräume und die Festsetzung der beabsichtigten Geldbuße akzeptiere. Das betreffende „Geständnis“ müsse die Beschreibung der prozessualen Tat und Angaben zu den für die Bußgeldzumessung maßgeblichen Umständen enthalten. Dazu sollte der Betroffene bzw. Nebenbeteiligte eine „möglichst schriftliche“ Erklärung abgeben.

Das Informationsblatt schließt mit einigen verfahrensbezogenen Hinweisen. So falle der Settlementabschlag auf das Bußgeld umso geringer aus, je weiter fortgeschritten das Bußgeldverfahren sei.

Einordung des Informationsblattes


Das Informationsblatt enthält eine Richtschnur für das Settlementverfahren, die insbesondere für den in Bußgeldverfahren nicht erfahrenen Betroffenen bzw. Nebenbeteiligten eine erste hilfreiche Orientierung gibt. Es ist auch durchaus richtig, auf die Möglichkeit hinzuweisen, durch eine einvernehmliche Absprache ein Bußgeldverfahren zu verkürzen und die Bußgeldhöhe zu reduzieren. Allerdings sollten Betroffene/Nebenbeteiligte nicht vorschnell den Weg eines Settlements beschreiten, ohne zuvor sorgfältig das Für und Wider eines solchen Verfahrensabschlusses abzuwägen. Ein Settlement kann nämlich nicht nur Vorteile bringen, sondern ggf. auch erhebliche Risiken bergen.

So ist zu bedenken, dass eine Verständigung über den Tenor des Bußgeldbescheids nicht möglich ist und eine Verständigung ein ausdrückliches „Geständnis“ des Betroffenen bzw. des Nebenbeteiligten erfordert. Demnach ist – anders als bspw. in Verfahren der amerikanischen Wertpapieraufsichtsbehörde (U.S. Securities and Exchange Commission – SEC) teilweise Praxis – gerade kein Vergleich in der Weise möglich, dass der Betroffene zwar die Zahlung einer Geldbuße akzeptiert, ohne dass damit aber ein ausdrückliches Schuldeingeständnis verbunden ist. Diese Möglichkeit wird durch § 47 Abs. 3 OWiG für Bußgeldverfahren ausgeschlossen. Der als Ergebnis einer Verständigung erlassene Bußgeldbescheid der BaFin ist daher weder eine Einstellung aus „Opportunitätsgründen“ wie dies im Strafverfahren nach § 153a StPO vorstellbar ist, noch ein „Bußgeldbescheid light“. Vielmehr kann ein solcher Bußgeldbescheid für den Betroffenen bzw. Nebenbeteiligten (einschließlich dessen Geschäftsleitung) die gleichen (weiteren) negativen Folgen nach sich ziehen, wie ein Bußgeldbeschied, der am Ende eines „streitigen“ Bußgeldverfahrens steht.

Zu den negativen Folgen gehört bspw. eine drohende Reputationsschädigung durch die im WpHG verpflichtend vorgesehene Veröffentlichung der Sanktion. Daran kann auch eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung nichts ändern, worauf im Informationsblatt zutreffend hingewiesen wird. Freilich beraubt sich die BaFin nicht jeglicher Flexibilität, wenn im Informationsblatt nur das „Ob“ der Veröffentlichung erwähnt wird, während auf das „Wie“ der Veröffentlichung nicht eingegangen wird. Damit kann ggf. im Settlementverfahren auf eine lediglich anonymisierte Veröffentlichung hingewirkt werden, obgleich der entsprechende Spielraum der BaFin gesetzlich eng begrenzt (vgl. bspw. § 124 Abs. 3 WpHG).

Ferner ist zu bedenken, dass das Erfordernis eines ausdrücklichen Schuldeingeständnisses zivilrechtliche Haftungsansprüche befördern kann. So mag bspw. die im Rahmen einer Verständigung eingeräumte verspätete Abgabe einer Ad-hoc-Mitteilung auch Einfluss auf mögliche Haftungsansprüche wegen falscher und/oder unterlassener Kapitalmarktinformation haben.

Zu warnen ist überdies vor falschen Erwartungen hinsichtlich des Abschlusses des Verfahrens. Im Informationsblatt wird nicht ohne Grund auf die Beschreibung der prozessualen Tat verwiesen, die auch bei einem Settlement nicht fehlen darf. Nur insoweit reicht grundsätzlich die Rechtskraft des Bußgeldbescheides, so dass Betroffene/Nebenbeteiligte sorgfältig prüfen sollten, ob sie nach einer Verständigung Gefahr laufen, wegen anderer Verstöße, die nicht Gegenstand der im Bußgeldbescheid beschriebenen prozessualen Tat sind, belangt zu werden.

Schließlich ist nicht zu verkennen, dass ein Bußgeldbescheid negative Auswirkungen auf weitere aufsichtsrechtliche Einschätzungen haben kann. Insofern ist insbesondere daran zu denken, dass die eingeräumte Tatbegehung dazu führen kann, dass sich die Aufsichtsbehörden mit der Eignung und Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter eines beaufsichtigten Instituts befassen. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass ein Geschäftsleiter selbst Betroffener ist, sondern auch für die Situation, in der ein Institut lediglich als Nebenbeteiligte an dem Bußgeldverfahren teilnimmt.

Fazit


Das Informationsblatt weist völlig zu Recht darauf hin, dass es auch in Bußgeldverfahren der Wertpapieraufsicht die Möglichkeit einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung gibt und dass ein solches Settlement mit Vorteilen verbunden sein kann. Gleichwohl ist davor zu warnen, ein Settlement ohne sorgfältige Prüfung der Umstände des Einzelfalls einschließlich einer Akteneinsicht anzustreben. Überdies sollte vor einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung besonderes Augenmerk auf etwaige negative Folgewirkungen gerichtet werden, die mit einem Settlement einhergehen können.

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