CSRD-Berichterstattung: „Quick Fix“-Entlastung für Unternehmen der ersten Welle
Die Europäische Kommission hat am 11. Juli 2025 einen delegierten Rechtsakt mit Vereinfachungen zum ersten Set der europäischen Berichtsstandards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) veröffentlicht (sog. „Quick Fix“). Im Fokus stehen große, kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften mit über 500 Beschäftigten, die als Teil der ersten Berichtswelle bereits für das Geschäftsjahr 2024 nach der CSRD berichten müssen. Diese sollen für ihre Nachhaltigkeitsberichte für die Geschäftsjahre 2025 und 2026 von verlängerten und inhaltlich erweiterten Übergangsbestimmungen für bestimmte ESRS-Angabepflichten profitieren. Der Rechtsakt wurde vor dem Hintergrund erlassen, dass Unternehmen der ersten Welle nicht von der sog. „Stop-the-Clock“-Richtlinie erfasst sind (wir berichteten hier). Die „Stop the Clock“-Richtlinie ist Teil des „Omnibus I“-Pakets der Europäischen Union und hat die Erstanwendungsfrist der CSRD für Unternehmen der sog. zweiten und dritten Welle um zwei Jahre verschoben.
Vorgesehene Änderungen
Der „Quick-Fix“ zielt darauf ab, die Phase-In-Regelungen der ESRS für Unternehmen der ersten Welle auszuweiten. Die ESRS sind europäische Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit der EFRAG entwickelt werden. Sie legen bereichsübergreifend (ESRS 1 und 2) und themenspezifisch für die Bereiche „Umwelt“ (ESRS E), „Soziales“ (ESRS S) und „Unternehmensführung“ (ESRS G) Angabepflichten für Unternehmen fest oder enthalten freiwillige Empfehlungen. Durch die einheitlichen Vorgaben der ESRS sollen Nachhaltigkeitsinformationen transparenter und vergleichbarer werden (wir berichteten hier).
Phase-In-Regelungen in den ESRS sind zeitliche Erleichterungen, die es Unternehmen erlauben, ausgewählte themenspezifische ESRS schrittweise einzuführen. Sie sind in der ESRS 1 Anlage C enthalten.
Der „Quick Fix“ der Europäischen Kommission sieht insbesondere folgende Änderungen der Phase-In-Regelungen vor:
- Angabepflichten, die für Unternehmen der ersten Welle (mit mehr als 750 Beschäftigten) für die Geschäftsjahre 2025 und 2026 vorgesehen waren, gelten nunmehr erstmals für das Geschäftsjahr 2027. Dies betrifft beispielsweise Angaben zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen, wie Kostensteigerungen, Investitionsbedarf, Umsatzeinbußen oder neue Geschäftschancen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsthemen.
- Bestimmte Phase-In-Erleichterungen, die bislang für Unternehmen mit bis zu 750 Beschäftigten galten, sollen auf alle Unternehmen der ersten Welle ausgeweitet werden. Konkret betrifft das Erleichterungen zu ESRS E4 (Biodiversität und Ökosysteme), ESRS S2 (Arbeiter in der Wertschöpfungskette), ESRS S3 (betroffene Gemeinschaften) und ESRS S4 (Verbraucher und Endnutzer).
Besonderheiten für deutsche Unternehmen der ersten Welle
In Deutschland gibt es für die Unternehmen der ersten Welle eine besondere Situation, denn der Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung der CSRD in nationales Recht scheiterte Ende 2024 infolge des Koalitionsbruchs. Damit gelten für deutsche Unternehmen noch die aktuellen Regeln des HGB, sodass sie eine nichtfinanzielle Erklärung zu erstellen haben (§§ 289b ff. HGB). Das war insbesondere für das Geschäftsjahr 2024 der Fall.
Unternehmen der ersten Welle in Deutschland haben die Möglichkeit, einen ESRS-konformen Nachhaltigkeitsbericht zugleich als nichtfinanzielle Erklärung zu verwenden, da eine nichtfinanzielle Erklärung auch unter Nutzung nationaler, europäischer oder internationaler Rahmenwerke erstellt werden kann (vgl. § 289d HGB). Die ESRS sind ein solches Rahmenwerk und bedürfen als delegierte Verordnung auch keiner Umsetzung in nationales Recht. Damit gelten diese bereits unmittelbar.
Von dieser Möglichkeit haben zahlreiche deutsche Unternehmen der ersten Welle freiwillig ganz oder in Teilen für das Geschäftsjahr 2024 Gebrauch gemacht. Daher stellt sich die Frage, ob für Unternehmen der ersten Welle, die freiwillig einen ESRS-konformen Nachhaltigkeitsbericht erstellt haben, die Fristen der Phase-In-Erleichterungen ebenso zu laufen begonnen haben. Nach der Auffassung der EFRAG hat die freiwillige Veröffentlichung von Nachhaltigkeitserklärungen keinen Einfluss auf die in ESRS 1 festgelegten Übergangsfristen. Die freiwillige Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts ein Jahr vor der gesetzlichen Pflicht bewirkt nach Ansicht der EFRAG daher nicht, dass die Phase-In-Zeiträume früher beginnen.
Die Phase-In-Erleichterungen sind ihrem Zweck nach für Unternehmen konzipiert, die erstmals verpflichtet sind, nach CSRD zu berichten. Nur in diesem Fall besteht das Risiko einer Überforderung, das durch Übergangsbestimmungen abgefedert werden soll. Unternehmen, die freiwillig einen ESRS-Bericht erstellen, handeln außerhalb der gesetzlichen Verpflichtung und können jederzeit wieder davon absehen. Folgerichtig stellt die EFRAG klar, dass die Phase-In-Fristen erst mit dem ersten Pflichtjahr beginnen.
Inkrafttreten der neuen Vorschriften
Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament hatten nach Verabschiedung der delegierten Verordnung eine zweimonatige Einspruchsfrist, um dem Rechtsakt zu widersprechen. Die Einspruchsfrist ist am 11. September 2025 ohne Widerspruch abgelaufen. Die Veröffentlichung im Amtsblatt ist nach Ankündigung der Europäischen Kommission für Mitte November 2025 vorgesehen. Der delegierte Rechtsakt tritt drei Tage nach der Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt in Kraft.
Fazit und Ausblick
Das Bundeskabinett hat am 3. September 2025 einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der CSRD nach dem 1:1-Prinzip beschlossen. Mit Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes werden deutsche Unternehmen der ersten Welle einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen müssen. Sie profitieren dann allerdings von den „Quick-Fix“-Erleichterungen.
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