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Das Transparenzregister in der Praxis – Aktuelle Entwicklungen für Familienunternehmen

14.05.2020

Das Transparenzregister und die sich verschärfenden Anforderungen des Gesetzgebers und des Bundesverwaltungsamtes (BVA) betreffen viele Familienunternehmen und deren Inhaber. Dieser Beitrag zeigt die aktuellen Entwicklungen und den Handlungsbedarf auf.

Gesellschaften sind verpflichtet, ihren wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln und an das Transparenzregister zu melden. Dieses Register ist seit dem 1. Januar 2020 für jedermann ohne weiteres öffentlich einsehbar. Wirtschaftlich Berechtigter einer Gesellschaft ist nach dem maßgebenden Geldwäschegesetz (GWG) grundsätzlich die Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die Gesellschaft steht. Das sind in der Regel die Personen, die mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile oder Stimmrechte halten.

Bei Familienunternehmen trifft es naturgemäß besonders häufig zu, dass ein oder mehrere Gesellschafter in dieser Größenordnung beteiligt sind. Ist eine natürliche Person dabei über mehrere Zwischengesellschaften an einer Gesellschaft beteiligt, kommt es darauf an, ob die natürliche Person die Mehrheit der Kapitalanteile an den Zwischengesellschaften hält oder diese kontrolliert, zum Beispiel mittels Stimmrechtsmehrheit, Beherrschungsvertrag oder eines Rechts zur Bestellung der Mehrheit der Mitglieder des Leitungsorgans.

Unter dem Aspekt der Kontrolle sind in diesem Zusammenhang insbesondere die bei Familienunternehmen häufig anzutreffenden Treuhandkonstellationen und Konsortialvereinbarungen beziehungsweise Poolverträge offenzulegen – sofern hinter solchen Gestaltungen wirtschaftlich Berechtigte stehen. Da innerhalb von Gruppenstrukturen jede Gesellschaft ihren wirtschaftlich Berechtigten melden muss, ist in komplexen Strukturen der administrative Aufwand mitunter beträchtlich (hierzu unser Beitrag vom 5. März 2020).

Verstöße gegen die Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten können Bußgelder von bis zu 150.000 Euro je Verstoß zur Folge haben. Besonders schwerwiegende, wiederholte oder systematische Verstöße können sogar Geldbußen von bis zu einer Million Euro oder des Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils nach sich ziehen

Und die möglichen Anknüpfungspunkte für ein Fehlverhalten sind vielfältig: Denn ordnungswidrig handelt, wer die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten (i) nicht einholt, (ii) gar nicht, unrichtig oder unvollständig aufbewahrt, (iii) nicht auf aktuellem Stand hält oder (iv) gar nicht, unrichtig, unvollständig oder nicht rechtzeitig der registerführenden Stelle mitteilt. Dass der Bußgeldrahmen nur in Ausnahmefällen ausgeschöpft wird, beruhigt nur auf den ersten Blick. Jedenfalls in Gruppenstrukturen mit einer Vielzahl von Gesellschaften können rasch hohe Bußgelder zusammenkommen.

Neben den Transparenzregisterpflichten sieht das Geldwäschegesetz bestimmte Kundensorgfaltspflichten (auch Know-Your-Customer- oder KYC-Pflichten genannt) vor. Hierbei handelt es sich um Identifizierungspflichten bestimmter verpflichteter Stellen wie bei spielsweise Banken, Versicherungen, Rechtsanwälte und Notare. Diese Verpflichteten haben im Rahmen bestimmter Geschäftsbeziehungen, insbesondere bei deren Begründung, den Vertragspartner und bei Gesellschaften deren wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln und zu identifizieren. Diese Verpflichtungen haben auch für Familienunternehmen durchaus erhebliche Bedeutung, mindestens mittelbar, was im Zusammenhang mit den sogenannten Unstimmigkeitsmeldungen nachfolgend noch erläutert wird.

Auslegungshinweise des Bundesverwaltungsamts vermitteln Orientierung und erfordern Nachmeldungen

Da es sich beim Transparenzregister um eine vergleichsweise neue Materie handelt, haben die Auslegungshinweise der zuständigen Behörden für die Praxis große Bedeutung. Das gilt insbesondere für die Auslegungs- und Anwendungshinweise des Bundesverwaltungsamts (BVA), das für das Ordnungswidrigkeitenverfahren bei Verstößen gegen die Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten zuständig und damit für Unternehmen besonders relevant ist. Da das BVA seine Auslegungshinweise bereits mehrfach geändert hat, ist eine sorgfältige Beobachtung der Verwaltungspraxis zur Vermeidung von Bußgeldern unabdingbar.

Bereits im Oktober 2019 hatte das BVA neue Auslegungshinweise veröffentlicht, die in wesentlichen Aspekten eine Abkehr von der bisherigen Verwaltungspraxis bedeuteten. Die eingeführten Änderungen betrafen unter anderem die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten in mittelbaren Beteiligungsstrukturen, bei Kommanditgesellschaften und bei Treuhandverhältnissen (hierzu unser Beitrag vom 8. Januar 2020).

Die Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister gilt grundsätzlich als erfüllt, wenn sich die mitteilungspflichtigen Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten aus anderen öffentlichen Registern ergeben, insbesondere aus dem Handelsregister (sogenannte Mitteilungsfiktion). Bei Kommanditgesellschaften kam die Mitteilungsfiktion bisher oftmals in Betracht, wenn die Personen, die wirtschaftlich Berechtigte sind, aus dem Handelsregister hervorgehen, obwohl bei Kommanditisten nur die Haftsumme und nicht die Höhe der Kapitalbeteiligung im Handelsregister eingetragen ist.

Nach neuer Verwaltungsauffassung ist dies nicht mehr ohne weiteres der Fall und Kommanditgesellschaften haben ihren wirtschaftlich Berechtigten gesondert an das Transparenzregister zu melden. Die Mitteilungsfiktion greift nur noch in eng begrenzten Ausnahmekonstellationen. Weitere Nachmeldungen in erheblichem Umfang zog die geänderte Praxis des BVA zu Treuhandverhältnissen nach sich. So ließ sich zunächst noch argumentieren, dass in solchen Fällen grundsätzlich nur der Treuhänder wirtschaftlich Berechtigter ist. Aufgrund der geänderten Auslegungshinweise ist inzwischen auch der dahinterstehende Treugeber als wirtschaftlich Berechtigter zu melden.

Mit einer Aktualisierung der Auslegungshinweise im Januar 2020 reagierte das BVA vor allem auf die jüngste Reform des Geldwäscherechts, die am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist und die die sogenannte 5. EU-Geldwäscherichtlinie in deutsches Recht umsetzt (hierzu unser Beitrag vom 14. Januar 2020). Insbesondere wurde die Pflicht zur Angabe der Staatsangehörigkeit des wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister eingeführt. Diese muss seither bei einer Änderung der Daten des wirtschaftlich Berechtigten ebenfalls nachgemeldet werden. Mit der bis dato letzten Aktualisierung vom 31. März 2020 wurden schließlich vor allem die Meldepflichten zum Transparenzregister von Kapitalgesellschaften maßgeblich erweitert und die Verwaltungsauffassung zur Mitteilungsfiktion konkretisiert (hierzu unser Beitrag vom 5. April 2020).

Unstimmigkeitsmeldungen als jüngste Herausforderung

Im Bereich der bereits genannten Kundensorgfaltspflichten (Know-Your-Customer- oder KYC-Pflichten) sind vor allem die Auslegungs- und Anwendungshinweise der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aus Dezember 2018 relevant. Die BaFin ist die zentrale Aufsichtsbehörde über die (meisten) geldwäscherechtlich Verpflichteten, insbesondere Banken und Versicherungen.

In der Praxis liefen die Kundensorgfaltspflichten und das Transparenzregister bislang oft nebeneinander. Während es für den Umgang mit Kundensorgfaltspflichten im operativen Unternehmensbereich meist etablierte Prozesse gibt, werden die
Transparenzregisterpflichten typischerweise auf „Inhaberebene“ beziehungsweise häufig auch bei einem Family Office behandelt.

Seit dem 1. Januar 2020 muss die Erfüllung beider Pflichten – und dementsprechend auch die Compliance-Prozesse – aber aufeinander abgestimmt werden. Denn seitdem gilt eine Pflicht zur Abgabe von sogenannten Unstimmigkeitsmeldungen. Danach haben geldwäscherechtlich Verpflichtete, die im Rahmen der Erfüllung ihrer Kundensorgfaltspflichten Einsicht in das Transparenzregister nehmen und dabei Unstimmigkeiten feststellen, diese Unstimmigkeiten dem Bundesanzeiger mitzuteilen (hierzu unser Beitrag vom 27. März 2020). Nicht wenige Familienunternehmen haben daraufhin bereits entsprechende Benachrichtigungen des Bundesanzeigers erhalten, der die Gesellschaft im Rahmen einer Anhörung auffordert, binnen einer Frist von wenigen Tagen zur Person und Identität des wirtschaftlich Berechtigten Nachweise einzureichen (zum Beispiel Gesellschafterliste, Gesellschaftsvertrag oder einen Identitätsnachweis des wirtschaftlich Berechtigten).

Zur vorsorgenden Vermeidung von Unstimmigkeitsmeldungen und der sich anschließenden Auseinandersetzung mit dem Bundesanzeiger ist es erforderlich, die Angaben gegenüber einem geldwäscherechtlich Verpflichteten, insbesondere gegenüber Banken und Versicherungen, auf die Eintragungen im Transparenzregister abzustimmen. Beide Angaben müssen konsistent und übereinstimmend sein. Unternehmensintern empfiehlt sich daher die Entwicklung eines ganzheitlichen, zentralisierten Prozesses, der sowohl die Erfüllung von Kundenprüfungs- als auch Transparenzregisterpflichten umfasst.

Möglichkeit des Antrags auf Beschränkung der öffentlichen Einsichtnahme

Auf Seiten der Meldeverpflichteten ist besonders bei Familienunternehmen ein starker Anstieg von Anträgen auf vollständige oder teilweise Beschränkung der öffentlichen Einsichtnahme in das Transparenzregister festzustellen. Auf diese Weise kann in besonders sensiblen Fällen verhindert werden, dass die persönlichen Daten des wirtschaftlich Berechtigten, wie etwa Name, Wohnort und Geburtsdatum, durch die Öffentlichkeit eingesehen werden können.

Die Bundesanzeiger Verlag GmbH als registerführende Stelle hat einem Antrag auf Beschränkung der öffentlichen Einsichtnahme stattzugegeben, wenn der wirtschaftlich Berechtigte darlegt, dass „der Einsichtnahme unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls überwiegende schutzwürdige Interessen des wirtschaftlich Berechtigten“ entgegenstehen. Schutzwürdige Interessen können insbesondere dann betroffen sein, wenn sich der wirtschaftlich Berechtigte Sicherheitsrisiken ausgesetzt sieht. Es bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung, dass sich nicht wenige Unternehmerfamilien mit diesem Thema konfrontiert sehen. Der Antrag auf Beschränkung der Einsichtnahme ist gemäß der maßgeblichen Transparenzregistereinsichtnahmeverordnung (kurz: TrEinV) schriftlich zu begründen und es sind bestimmte Nachweise zu erbringen.

Wird dem Antrag nicht unmittelbar stattgegeben, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Solange ein ablehnender Bescheid nicht bestandskräftig geworden ist, wird im Transparenzregister eine vorläufige Sperre eingetragen. Es bleibt mit Spannung zu erwarten, welches Bild sich nach Ausgang der hierzu derzeit laufenden Verfahren zeichnet.

Fortlaufend aufmerksame Beobachtung der Verwaltungspraxis geboten

Die regelmäßigen Anpassungen der Auslegungshinweise des BVA zur Transparenzregisterpraxis enthalten wichtige Klarstellungen. Zugleich bedeuteten sie Änderungen der Verwaltungspraxis in wesentlichen Fragen und haben viele Familienunternehmen zu Nachmeldungen veranlasst. Da sich die Praxis des BVA fortlaufend weiterentwickelt, ist eine aufmerksame Beobachtung von Änderungen in den Auslegungshinweisen, aber auch der Praxis des BVA geboten. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das BVA Verstöße gegen die Transparenzregisterpflichten mit zunehmend höheren Bußgeldern ahndet.

Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Private Banking Magazins.