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Der Clean Team Approach im M&A- & PE-Umfeld

15.01.2024

Im Anschluss an den Beitrag zu den Grundlagen und Inhalten von Vertraulichkeitsvereinbarungen (Non-Disclosure Agreements oder NDAs) vom 05.01.2024 widmet sich dieser Beitrag den Besonderheiten eines sog. Clean Team Approach. Clean Teams werden in Transaktionsprozessen als ergänzender Baustein zum Schutz besonders vertraulicher Informationen eingerichtet.

Ein Clean Team Approach kann auf Grund wettbewerbs- sowie datenschutzrechtlicher Schranken neben einem NDA als weitergehender Sicherungsmechanismen erforderlich sein. Aus Sicht des Verkäufers und der Zielgesellschaft ist er darüber hinaus bisweilen auch wünschenswert, um besonders vertrauliche Unternehmensdaten in Transaktionsprozessen bestmöglich zu schützen.

1. Grundlagen

Im Falle von besonders vertraulichen Informationen können weitere Schutzmechanismen angezeigt sein, damit das offenlegende Management und der Gesellschafterkreis eine Interessenabwägung zu Gunsten einer Offenlegung solcher Informationen gegenüber einem Käufer treffen können.

Sofern der Käufer aktueller oder potenzieller Wettbewerber der Zielgesellschaft ist, kann ein sog. Clean Team Approach das Mittel der Wahl sein. Zwischen Wettbewerbern sind Informationen, die Rückschlüsse auf das konkrete Marktverhalten der Zielgesellschaft und/oder des Verkäufers zulassen (wettbewerbsrechtlich sensible Informationen), besonders vertraulich zu behandeln. Die Idee hinter der Einrichtung eines Clean Teams ist, dass wettbewerbsrechtlich sensible Informationen nur innerhalb eines beschränkten Personenkreises ausgetauscht werden. Dieser gibt, soweit notwendig, aggregierte Informationen an Entscheidungsträger außerhalb des Clean Teams weiter und ist ansonsten zur Vertraulichkeit verpflichtet.

Typischerweise besteht das Clean Team aus externen Dritten und einem begrenzten Mitarbeiterkreis des Käufers, die nicht mit operativen Aufgaben betraut sind. Clean Teams, die ausschließlich aus externen Dritten bestehen (sog. Black Box) sind dabei insbesondere für kleinere Unternehmen praktikabel.

Insgesamt dient der Clean Team Approach als weiterer Schutzmechanismus, damit nicht der Due Diligence Prozess in Vorbereitung einer Transaktion für einen nach § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV kartellrechtlich unzulässigen Austausch wettbewerbsrechtlich sensibler Informationen zwischen Wettbewerbern instrumentalisiert wird. Ein solcher Verstoß gegen § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV ist gem. § 81 Abs. 1, 2 GWB und Art. 23 Kartellverfahrensverordnung (VO (EU) 1/2003) ordnungswidrigkeitenbewehrt. Es können Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des beteiligten Unternehmens verhängt werden. Außerdem können Schadenersatzklagen von Kartellgeschädigten drohen.

Tendenziell nimmt die Bedeutung etwaiger Schutzmechanismen im Zusammenhang mit kartellrechtlich unzulässigem Informationsaustausch ab, je wahrscheinlicher der Abschluss (d. h. der Vollzug) der Transaktion ist.

2. Wesentliche Regelungsgegenstände einer Clean Team-Vereinbarung

Auch für die Inhalte von Clean Team-Vereinbarungen haben sich Standards entwickelt, um insbesondere wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an den Informationsaustausch gerecht zu werden. Auch insoweit haben Verkäufer und Käufer oftmals unterschiedliche Interessen, es eint sie dabei aber die Notwendigkeit, wettbewerbsrechtliche Mindeststandards zu erfüllen.

Daher sind folgende Regelungskomplexe in Clean Team-Vereinbarungen regemäßig anzutreffen:

  • Parteien, Transaktion, Prozessphase und Verweis auf das NDA: Die Parteien und die Definitionen der Transaktion entsprechen in der Regel denen des NDA (vgl. den vorherigen Beitrag hierzu), auf die in der Clean Team-Vereinbarung verwiesen werden sollte. Auch der Status der Verhandlungen (beispielsweise das Erreichen einer bestimmten späteren Phase im Bieterprozess) kann klarstellend aufgenommen werden.

    Wettbewerbsrechtlich wird eine Informationsweitergabe in der Praxis teilweise als tendenziell unproblematischer angesehen, wenn sich die Anzeichen für eine Vertragsunterzeichnung verdichten und das Bieterfeld stark reduziert wurde. Dies wird bei Abschluss einer Clean Team-Vereinbarung mit ausgewählten Interessenten in einer späten Prozessphase oftmals der Fall sein. Dennoch sollte auf den Abschluss einer Clean Team-Vereinbarung auch zu einem solchen Zeitpunkt nicht verzichtet werden. Denn insbesondere mit Blick auf den Austausch wettbewerbsrechtlich sensibler Informationen gelten die Zusammenschlussbeteiligten bis zum Vollzug weiterhin als unabhängige Unternehmen und Wettbewerber, sodass auch kurz vor Signing (und bis zum Closing) keine Informationsweitergabe an Personen außerhalb des Clean-Teams stattfinden sollte.
  • Verkäuferberater: Im NDA oft noch nicht enthalten, werden Verkäuferberater in Clean Team-Vereinbarungen teilweise genannt (beispielsweise der M&A-Berater oder die beratenden Anwälte des Verkäufers), da diese häufig eine Kontrollfunktion im Rahmen des Clean Team Approach als eine Art Filter vor der Informationsweitergabe an den Käufer erfüllen (dazu sogleich).
  • Definition der besonders vertraulichen Informationen: Ein wesentlicher Grund für den Abschluss einer Clean Team-Vereinbarung ist die gesonderte Definition und der Schutz von besonders vertraulichen Informationen, also einer Steigerung zu „gewöhnlichen“ vertraulichen Informationen nach dem NDA, das parallel ebenfalls Anwendung findet. Besonders vertrauliche Informationen, d.h. insbesondere wettbewerbsrechtlich sensible Informationen, sind abgegrenzt zu verwalten (beispielsweise in einem gesonderten Clean VDR/Red Data Room). Es sollte klargestellt werden, dass der Verkäufer jederzeit auch sonstige Informationen im Rahmen einer Offenlegung (beispielsweise per E-Mail) als Clean Team-Informationen/besonders vertrauliche Informationen kennzeichnen kann und damit die Regelungen der Clean Team-Vereinbarung Anwendung finden. Die im vorherigen Beitrag zum NDA angesprochenen Standardausnahmen für vertrauliche Informationen finden in der Regel auch hier Anwendung.
  • Clean Team-Mitglieder: Aus Sicht des Verkäufers sollte dieser immer genau wissen, wer Teil des Clean Teams auf der Käuferseite ist und frei entscheiden können, ob er bestimmte Personen als Clean Team-Mitglieder (weiterhin) zulässt.
    • Hierzu kann eine Liste mit konkreten Namen von Einzelpersonen (nicht lediglich Firmen) in einer Anlage, die als von vornherein zugelassene Clean Team-Mitglieder anzusehen sind, sinnvoll sein. Daneben sollte eine Kenntnisnahme- und Beitrittserklärung zur Clean Team-Vereinbarung als Musteranlage beigefügt werden, mit der explizit vom Verkäufer zugelassene anfängliche sowie spätere Clean Team-Mitglieder die Clean Team-Vereinbarung anerkennen.
    • Besondere Vorsicht ist aus wettbewerbsrechtlicher Sicht geboten, wenn Mitarbeiter des Käufers Teil des Clean Teams werden sollen. Dabei ist darauf zu achten, dass diese nicht im operativen Geschäft tätig sind, insbesondere nicht in einem Geschäftsbereich, in dem der Käufer und die Zielgesellschaft bereits im Wettbewerb stehen. Dies betrifft typischerweise die Bereiche Vertrieb, Einkauf, Forschung und Entwicklung sowie Produktion.
    • Es sollten nur Mitarbeiter in administrativen und generellen Funktionen aufgenommen werden (wie beispielsweise in den Bereichen Finance, Controlling, M&A, Recht und Steuern). Dabei kann es dennoch im Einzelfall angezeigt sein, eine Sperrfrist von etwa einem Jahr vorzusehen, in der die betroffenen Mitarbeiter nicht in das operative Geschäft der Käuferin einbezogen sein dürfen. Je näher ein betroffener Mitarbeiter dem operativen Geschäft steht, desto mehr erlangen diese zusätzlichen Schutzmechanismen an Bedeutung.
    • Aus Käufersicht wird oft versucht, die Beschränkungen gering zu halten und operative Mitarbeiter in das Clean Team aufzunehmen. Dabei ist es aber auch im Interesse des Käufers, hier wettbewerbsrechtliche Schranken einzuhalten, denn die kartellrechtlichen Risiken gelten insbesondere auch für den Käufer. Denn dieser bekommt im Rahmen des Due Diligence Prozesses umfassende Einblicke in das Geschäft der Zielgesellschaft. Die Kartellbehörden gehen davon aus, dass diese Informationen nach ihrem Austausch von einem rational handelnden Unternehmen als Grundlage für eine strategische Verhaltensanpassung genutzt werden, ihr Austausch also zu einer abgestimmten Verhaltensweise zwischen Wettbewerbern und letztlich einem Verstoß gegen das deutsche und europäische Kartellverbot nach § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV führt. Um also einen Kartellrechtsverstoß zu vermeiden, sollte demnach auch im Interesse des Käufers gänzlich auf eine Verwendung von Mitarbeitern aus dem operativen Geschäft als Clean Team-Mitglieder verzichtet werden. Dabei ist der konkrete Einzelfalls in Abstimmung mit wettbewerbsrechtlichen Experten in den Blick zu nehmen.
  • Weitergabe von besonders vertraulichen Informationen nur in aggregierter Form: Der wesentliche Unterschied zur Informationsweitergabe unter dem NDA liegt in dem stark begrenzten Personenkreis der Clean Team-Mitglieder, deren Sphäre die besonders vertraulichen Informationen nicht verlassen dürfen.
    • Es ist also nicht wie beispielsweise im Rahmen der „normalen“ Due Diligence möglich, Informationen und Due Diligence-Reporte ohne Einschränkungen mit dem weiteren Kreis der in das NDA einbezogenen Personen zu teilen. Dennoch kann es die konkrete Transaktion erfordern, dass Deal Team-Mitglieder auf need-to-know-Basis zumindest in aggregierter Form über bestimmte Themen informiert werden, die das Clean Team auf Basis der besonders vertraulichen Informationen erfahren hat.
    • Für diesen Fall wird typischerweise geregelt, dass ein Käufer aggregierte und anonymisierte Berichte über bestimmte Themen aus der Sphäre des Clean Teams erhalten kann. Dabei ist sicherzustellen, dass keinerlei wettbewerbsrechtlich sensible Informationen und sonstige besonders vertrauliche Informationen in solchen Berichten enthalten sind (beispielsweise betreffend Kunden, Lieferanten, Preise, Margen, Umsätze und Verkaufszahlen, Betriebsgeheimnisse etc.).
    • Wie oben erwähnt, kann der M&A-Berater bzw. in der Regel noch passender der anwaltliche Berater des Verkäufers hier eine neutrale Kontrollfunktion ausüben. Diesem ist danach vor einer Weiterleitung an den Käufer zunächst zwingend der Entwurf des aggregierten Berichts zuzuleiten und von diesem freizugeben. Dabei sollte aus Verkäufersicht sichergesellt sein, dass die Kontrollinstanz nach freiem Ermessen weitere Anonymisierungen bzw. Schwärzungen vor einer Offenlegung des aggregierten Berichts an den Käufer verlangen kann.
  • Verweis oder Wiederholung einzelner Reglungen des NDA: Folgende Inhalte entsprechen den Ausführungen zum NDA in unserem Beitrag vom 05.01.2024:
    • Regelung der Vertraulichkeit;
    • Verbot der Offenlegung mit engen Ausnahmen im Falle gesetzlicher Offenlegungspflichten;
    • Freiwilligkeit der Offenlegung durch den Verkäufer;
    • Rückgabe bzw. Vernichtung;
    • Laufzeit;
    • Drittschutz; und
    • Sachrecht, Forum für Streitigkeiten und sonstige allgemeine Bestimmungen.

Die Clean Team-Vereinbarung kann insoweit auch auf das parallel anwendbare NDA verweisen. Oft bietet es sich aber an, diese Bestimmungen aus Gründen der Klarstellung nochmals ausdrücklich in der Clean Team Vereinbarung zu wiederholen. Teilweise ist mit Blick auf die besonders vertraulichen Informationen auch eine Verschärfung empfehlenswert (beispielsweise eine längere Laufzeit beim NDA).

3. Abschließende Praxishinweise

In Transaktionen, bei denen das Geschäftsmodell bzw. die beteiligten Parteien einen wettbewerbsrechtlich sensiblen Informationsaustausch im Rahmen der Transaktion erwarten lassen, sollte frühzeitig ein Clean Team Approach vorbereitet werden (beispielsweise durch die rechtzeitige Vorbereitung eines getrennten Clean Team-Datenraums).

Bisweilen ergibt sich allerdings erst im Prozess, dass ein Clean Team Approach notwendig ist. Es ist dann eine Frage des Einzelfalls, die in enger Abstimmung mit wettbewerbsrechtlichen Experten getroffen werden solle, ob ein umfassender Clean Team Approach mit gesonderter Clean Team-Vereinbarung angezeigt ist.

Neben dem Einsatz eines Clean Teams (ggf. in Form einer Black Box) besteht im Einzelfall gegebenenfalls auch die Möglichkeit, dass relevante Dokumente nur in geschwärzter oder aggregierter Form offengelegt werden.

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