Gesetzentwurf zum Tariftreuegesetz – Neue Regulatorik im Vergaberecht und ihre Herausforderungen für Unternehmen
Die Bundesregierung von CDU, CSU und SPD hat am 6. August 2025 im Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes („Tariftreuegesetz“) beschlossen.
Bereits die Vorgängerregierung aus SPD, BÜNDNIS 90/Die Grünen und FDP hatte sich mit dem Erlass eines Tariftreuegesetzes auf Bundesebene beschäftigt. Dafür legte sie am 28. November 2024 einen entsprechenden Regierungsentwurf vor (BR-Drs. 588/24 bzw. BT-Drs. 20/14345), der jedoch wegen des (vorzeitigen) Ablaufs der Wahlperiode im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren nicht mehr verabschiedet werden konnte und insoweit der parlamentarischen Diskontinuität unterlag. Ein vergleichender Blick auf die beiden Entwürfe zeigt, dass sich der neue Entwurf der Bundesregierung strukturell und inhaltlich kaum von dem Vorgängerentwurf unterscheidet. Mit Ausnahme des nunmehr weggefallenen § 18b BetrVG („Online-Wahl“) handelt es sich bei den ohnehin nur seltenen Abweichungen vor allem um redaktionelle Änderungen.
Das vorgelegte Tariftreuegesetz ist als Artikelgesetz ausgestaltet und beinhaltet vor allem die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes („BTTG“). Dazu korrespondierend umfassen die übrigen Änderungen die notwendigen Anpassungen in verschiedenen anderen Regelungsbereichen (Arbeitsgerichtsgesetz („ArbGG“), Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz („SchwarzArbG“), Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen („GWB“), Wettbewerbsregistergesetz („WRegG“), Wettbewerbsregisterverordnung („WRegV“), Tarifvertragsgesetz („TVG“), Mindestlohngesetz („MiLoG“), Arbeitnehmerentsendegesetz („AEntG“)).
Mit dem Erlass eines Tariftreuegesetzes möchte die Bundesregierung auf den Umstand reagieren, dass nicht-tarifgebundene Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen gegenüber tarifgebundenen Unternehmen häufig einen Wettbewerbsvorteil haben: Wer keine tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen gewährt, kann aufgrund geringerer Personalkosten Angebote zu günstigeren Konditionen erstellen. Durch die Einführung des BTTG erhofft sich die Bundesregierung zum einen, die Tarifautonomie allgemein dadurch zu stärken, dass tarifgebundene Arbeitgeber bei Vergabeverfahren des Bundes keinem Verdrängungswettbewerb mehr ausgesetzt sind. Zum anderen möchte die Bundesregierung Anreize setzen, um bislang nicht-tarifgebundene Arbeitgeber – gerade in Branchen, in denen der öffentlichen Auftragsvergabe des Bundes hohe Bedeutung zukommt – generell zu einer Tarifbindung zu motivieren. Daraus ergibt sich vor allem eine vergaberechtliche Einfärbung des Tariftreuegesetzes, die gleichsam um deutlich erkennbare arbeitsrechtliche Akzente ergänzt wird.
Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über den Anwendungsbereich des BTTG (hierzu unter Buchstabe A.) und stellt sodann das Verfahren zur Festlegung verbindlicher Arbeitsbedingungen dar (hierzu unter Buchstabe B.) sowie welche Änderungen aufgrund des vorgestellten Referentenentwurfs eines Tariftreuegesetzes für Auftrag-/Konzessionsnehmer (hierzu unter Buchstabe C.) zu erwarten sind. Schließlich wird das vorgesehene Durchsetzungsregime skizziert (hierzu unter Buchstabe D.) und ein Ausblick für die relevanten, insbesondere die verfassungs- und unionsrechtlichen Maßstäbe darlegend, gegeben (hierzu unter Buchstabe E.).
A. Anwendungsbereich des BTTG
Im Zentrum des Tariftreuegesetzes steht die Einführung eines BTTG. Der Anwendungsbereich ist in § 1 Abs. 1 BTTG geregelt. Das BTTG gilt in personeller Hinsicht nur für Ausschreibungsverfahren des Bundes, wozu § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BTTG nähere Konkretisierungen enthält. Insbesondere stellt die Vorschrift klar, dass Auftraggeber i.S.v. § 99 Nr. 4 GWB (staatlich subventionierte Auftraggeber) nur bei überwiegender Förderung durch den Bund dem Anwendungsbereich unterfallen. Zudem gilt das BTTG nur, soweit die Leistung räumlich innerhalb der Bundesrepublik Deutschland erbracht wird.
In sachlicher Hinsicht findet das BTTG Anwendung auf öffentliche Aufträge und Konzessionen und gilt entsprechend für Rahmenvereinbarungen. Darüber hinaus gilt das BTTG grundsätzlich auch für öffentliche Aufträge oder Konzessionen unterhalb der EU-Schwellenwerte, sofern keine Direktvergabe vorliegt. Allerdings wird die Anwendbarkeit des Gesetzes grundsätzlich an die Überschreitung einer Wertgrenze von EUR 50.000,00 gekoppelt. Unterhalb dieser Grenze findet nur die Vorschrift des § 14 BTTG zu den fakultativen Ausschlussgründen Anwendung.
Explizit ausgeschlossen ist die Anwendung des BTTG bei der Vergabe durch ein Land im Rahmen der Auftragsverwaltung für den Bund sowie – befristet bis zum 31. Dezember 2032 – bei Beschaffungsbedarfen der Bundeswehr. Aufgrund der fehlenden Erwähnung sind zudem verteidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge implizit vom Anwendungsbereich ausgenommen (vgl. Begründung, S. 34). Fraglich ist vor diesem Hintergrund deshalb die Bezugnahme auf § 3 der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit, welche nur für öffentliche Aufträge i.S.d. § 104 Abs. 1 GWB gilt. Zu den geplanten Beschleunigungspotenzialen für die Planung und Beschaffung der Bundeswehr haben wir bereits in unserem Noerr Insight vom 25. Juli 2025 berichtet.
Inkrafttreten soll das Gesetz am Tag nach der Verkündung, wobei vom Anwendungsbereich gemäß § 16 BTTG diejenigen Vergabeverfahren unberührt bleiben, die bis zum Datum des Inkrafttretens eingeleitet worden sind, sodass sich die Vorgaben nur auf solche Vergabeverfahren erstrecken, die erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eingeleitet werden.
B. Festsetzung verbindlicher Arbeitsbedingungen
I. Verfahren zur Festsetzung von Arbeitsbedingungen, § 5 BTTG
1. Zuständigkeit und Verfahren
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass nach § 5 Abs. 1 Mindestarbeitsbedingungen eines abgeschlossenen Tarifvertrags durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales („BMAS“) festgesetzt werden, die sodann für die Ausführung öffentlicher Aufträge und Konzessionen gelten.
Die Festsetzung erfolgt auf Antrag einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern, es sei denn, ein öffentliches Interesse an der Festsetzung ist ausnahmsweise nicht gegeben. Der Zustimmung des Bundesrats bedarf es nicht. Im Festsetzungsprozess werden Stellungnahmen der Spitzenorganisation und von betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie einer nach § 6 BTTG einzurichtenden Clearingstelle berücksichtigt.
Die in einer Rechtsverordnung verbindlich gemachten Arbeitsbedingungen macht das BMAS im Bundesanzeiger bekannt. Zudem wird ein Internetauftritt eingerichtet, aus dem die aktuellen Arbeitsbedingungen nach den geltenden Rechtsverordnungen auf Grundlage des BTTG transparent ersichtlich sind. Das gleiche gilt für durch einen Nachfolgetarifvertrag geänderte Bedingungen. Auch das Tarifregister soll die durch Rechtsverordnung verbindlich gemachten tariflichen Arbeitsbedingungen aufführen, entsprechend wird § 6 TVG erweitert.
2. Mindestarbeitsbedingungen
Inhaltlich können zum einen tarifvertragliche Regelungen zur Entlohnung verbindlich vorgeschrieben werden. Dazu gehören nicht nur die vereinbarten Löhne, sondern auch Zulagen, Zuschläge sowie Regelungen zur Fälligkeit der Zahlung. Diese Vorgaben gelten auch für Arbeitnehmer, die aus dem Ausland nach Deutschland entsandt werden. Zum anderen kann der Mindestjahresurlaub verbindlich festgelegt werden. Dieser umfasst den gesetzlichen Anspruch von mindestens 24 Werktagen pro Jahr sowie tarifvertragliche Erweiterungen, die in der Praxis in der Mehrzahl der Tarifverträge vorgesehen sind. Auch der Mindesturlaub gilt ebenfalls für aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer. Schließlich können auch Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten und Pausen verbindlich vorgeschrieben werden (vgl. Begründung, S. 40 f.).
Die Arbeitsbedingungen zum Mindesturlaub sowie zu den Arbeitszeiten gelten erst ab einer (im Zweifel geschätzten) Auftragsdauer von zwei Monaten, sofern die Auftragsdauer nicht missbräuchlich vereinbart wurde. Eine missbräuchliche Vereinbarung könnte zum Beispiel dann vorliegen, wenn die Auftragsdauer bewusst wiederholt kurzgehalten wird, um die Arbeitsbedingungen des BTTG zu umgehen.
Die gleichen Verpflichtungen gelten auch für die Arbeitnehmer bei der Untervergabe von Aufträgen.
3. Verfahren bei konkurrierenden Anträgen
§ 5 Abs. 3 BTTG regelt den Verfahrensablauf bei konkurrierenden Anträgen. Das BMAS trifft in diesem Fall eine Auswahlentscheidung, welcher Tarifvertrag repräsentativer ist und damit zum Gegenstand einer Verordnung gemacht werden soll. Die Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Tarifverträgen richtet sich entsprechend nach § 7 Abs. 2 und 3 AEntG. Mithin ist vor allem zu berücksichtigen, wie viele Arbeitnehmer von den tarifgebundenen Arbeitgebern betroffen sind und wie viele Mitglieder die Gewerkschaft hat, die den Tarifvertrag abgeschlossen hat. Der Verordnungsgeber muss besonders sorgfältig die beteiligten Verfassungsinteressen abwägen und einen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Grundrechten finden. Ein nachträglicher, mit einer bestehenden Rechtsverordnung konkurrierender Antrag ist jedoch erst nach Ablauf von sechs Monaten ab Verkündung der Rechtsverordnung zulässig. Für einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Festsetzung sind Anpassungen demnach ausgeschlossen.
Nach der Rechtsprechung besteht bei der Frage, welcher Tarifvertrag oder welche Tarifverträge als repräsentativ anzusehen sind, ein gewisser Beurteilungsspielraum. Die Erklärung der Repräsentativität eines Tarifvertrags muss jedoch auf einer gesicherten Tatsachenermittlung beruhen und darf nicht ausschließlich durch Gewerkschaftsinteressen bestimmt sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2015 – VII-Verg 30/13). Trotz dieser Forderung, gesicherte Tatsachen der Beurteilung zugrunde zu legen, kann im Ergebnis nahezu jedes Ergebnis durch das BMAS argumentativ herbeigeführt werden.
4. Aufhebung der Verordnung
Wird festgestellt, dass ein Tarifvertrag repräsentativer ist als der bisher in einer Rechtsverordnung festgelegte und überschneiden sich die Geltungsbereiche, muss das BMAS nach § 7 Abs. 1 BTTG die alte Rechtsverordnung aufheben. Überschneidungen der Geltungsbereiche können allerdings auch durch Einschränkungsklauseln in den Verordnungen verhindert werden.
Das BMAS muss nach § 7 Abs. 2 BTTG eine Rechtsverordnung ganz oder teilweise auch dann aufheben, wenn die darin festgelegten Arbeitsbedingungen nicht mehr im Tarifvertrag oder einem ersetzenden Tarifvertrag geregelt sind, etwa wenn der Regelungsgegenstand oder der Tarifvertrag ohne Nachwirkung endet.
Das BMAS hebt zudem nach § 7 Abs. 3 BTTG eine Rechtsverordnung ganz oder teilweise auf, wenn dies im öffentlichen Interesse erforderlich ist, insbesondere wenn der zugrundeliegende Tarifvertrag oder Teile davon für unwirksam erklärt wurden oder die Unwirksamkeit anzunehmen ist.
II. Tariftreueversprechen, § 3 BTTG
Tariftreueregelungen sind in der vergaberechtlichen Praxis bereits fest etabliert. So haben nahezu sämtliche Bundesländer – mit Ausnahme von Bayern und Sachsen – entsprechende Tariftreueregelungen in ihren landesrechtlichen Vorschriften aufgenommen. Insofern handelt es sich bei dem in § 3 BTTG vorgesehenen Tariftreueversprechen um kein Novum.
1. Zwingende Ausführungsbedingungen
Nach der Konzeption des BTTG sind Auftrag- und Konzessionsnehmer nicht kraft Gesetzes an die festgesetzten Arbeitsbedingungen gebunden. Vielmehr sollen die festgesetzten Tarifverträge durch ein Tariftreueversprechen des Auftrag-/Konzessionsnehmers nach § 3 BTTG zum Inhalt des Rechtverhältnisses zwischen Bundesauftraggebern und Auftragnehmern gemacht werden. Dafür bedient sich die Vorschrift der in § 128 Abs. 2, § 129, § 142, § 147, § 152 Abs. 4 GWB vorgesehenen Möglichkeiten, für die Ausführungsphase zwingende Bedingungen zu sozialen Belangen vorzugeben. Für Auftrag-/Konzessionsgeber hat dies zur Konsequenz, dass sie grundsätzlich verpflichtet sind, das Tariftreueversprechen im Vertrag festzuschreiben. Die Ausführungsbedingungen werden daher Vertragsbestandteil und verpflichten den Auftrag-/Konzessionsnehmer im Falle eines Vertragsschlusses dazu, den Arbeitnehmern die tarifvertraglich festgesetzten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Allerdings gilt die Tarifbindung nicht uneingeschränkt: Erforderlich ist vielmehr ein hinreichender Tätigkeitsbezug zum konkreten Auftragsgegenstand. Nach der Gesetzesbegründung fehlt ein solcher Bezug bei Leistungen, die vor Zuschlagserteilung – also unabhängig von einem konkreten Auftrag – ausgeführt werden. Zudem soll nach der Vorstellung der Bundesregierung ein Auftragsbezug regelmäßig auch bei Tätigkeiten fehlen, die zur Herstellung von Sachen erbracht werden, die nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen, die neuwertig sind und die serienmäßig oder nach Muster hergestellt werden (vgl. Begründung, S. 38).
Damit sich ein Auftrag-/Konzessionsnehmer einem Tariftreueversprechen nicht durch den Einsatz anderer Unternehmen entziehen kann, sieht § 3 Abs. 2 Satz 1 BTTG als zwingende Ausführungsbedingung die Vereinbarung einer Sicherstellungspflicht vor. Danach müssen Auftrag-/Konzessionsnehmer von ihren Nachunternehmern verlangen und durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die Nachunternehmer gegenüber ihren Arbeitnehmern ihre Pflichten nach § 4 Abs. 1, 3 BTTG erfüllen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BTTG wird die Sicherstellungspflicht des Auftrag-/Konzessionsnehmers für solche Konstellationen eingeschränkt, in denen Zulieferer eingeschaltet werden, deren Tätigkeit keinen hinreichenden Bezug zum eigentlichen Leistungsgegenstand des Auftrags hat. Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut für unmittelbare und mittelbare Zulieferer i.S.v. § 2 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2, 3 i.V.m. Abs. 7, 8 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, soweit der Zulieferer keine eigene Verpflichtung des Auftragnehmers erfüllt.
2. Ausnahmen
Das Tariftreuegesetz sieht in Art. 4 Nr. 2 eine Erweiterung des § 129 GWB um einen zweiten Absatz vor. Diese Regelung ermöglicht es den Auftraggebern in Härtefällen, von der Verpflichtung zur Einhaltung bundesgesetzlich festgelegter Ausführungsbedingungen i.S.v. § 129 Abs. 1 GWB unter engen Voraussetzungen abzusehen. Auch wenn der geplante § 129 Abs. 2 GWB allgemein gefasst ist und daher für sämtliche bundesgesetzliche Ausführungsbedingungen gilt, so dürfte das BTTG – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt – den praktisch bedeutsamsten Anwendungsfall bilden.
Die Vorschrift des § 129 Abs. 2 GWB setzt tatbestandlich zunächst die erfolglose Durchführung eines vorangegangenen Verfahrens aufgrund fehlender oder ungeeigneter Angebote voraus. Die Gesetzesbegründung stellt dabei klar, dass finanzielle oder wirtschaftliche Erwägungen allein für die Frage der Ungeeignetheit des Angebots nicht ausreichen (vgl. Begründung, S. 51 f.). Weiterhin muss der Verzicht nach § 129 Abs. 2 GWB zur Bewältigung einer Krisensituation oder in Vorbereitung auf eine konkrete Krisensituation unmittelbar und zwingend erforderlich sein. Die Gesetzesbegründung betont dabei, dass der Begriff der Krise eng auszulegen ist; umfasst seien zumindest bewaffnete Konflikte und Kriege, pandemische Lagen, allgemeine Notstände und Katastrophen (vgl. Begründung, S. 51). Hinsichtlich der weiteren Voraussetzung der „zwingenden Erforderlichkeit“ der Auftragsausführung stellt die Begründung schließlich klar, dass eine solche gegeben ist, wenn andernfalls eine gravierende Beeinträchtigung einer Kernfunktion der benannten Sektoren, der staatlichen Aufgabenerfüllung in diesen Bereichen oder der Allgemeinheit droht. Dabei gilt: Je stärker die zu beschaffenden Leistungen dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen sind, desto eher ist die Erforderlichkeit der Auftragsausführung anzunehmen (vgl. Begründung, S. 51 f.).
III. Änderungen im Wettbewerbsregistergesetz
Das Tariftreuegesetz sieht weiterhin Anpassungen im WRegG vor. Danach sind auch unanfechtbare Feststellungen i.S.v. § 13 Abs. 1 BTTG im Wettbewerbsregister eintragungspflichtig. Als Konsequenz erstreckt sich eine Abfrage nach § 6 Abs. 1 oder 2 WRegG inhaltlich auch auf festgestellte Verstöße i.S.v. § 13 Abs. 1 BTTG. Auf der Grundlage der dadurch erlangten Informationen sollen Auftraggeber in die Lage versetzt werden, über einen Ausschluss einzelner Unternehmen nach § 14 BTTG i.V.m. § 124 GWB zu entscheiden.
C. Vorgesehene Änderungen für Auftrag-/Konzessionsnehmer
Für Auftrag-/Konzessionsnehmer ergeben sich aus dem eingebrachten Tariftreuegesetz sowohl vergabe- und vertragsrechtliche als auch arbeitsrechtliche Änderungen.
I. Vergabe- und Vertragsrecht
Zu den zentralen Änderungen im Vergabe- und Vertragsrecht zählen die Vorgaben zur Kontrollierbarkeit der Tariftreueverpflichtung sowie die Klarstellung zum Rechtsschutz in § 160 Abs. 2 GWB.
1. Kontrollierbarkeit der Tariftreueverpflichtung
a) Nachweispflicht, § 9 BTTG
Um die Einhaltung der Tariftreueverpflichtung (nachträglich) zu kontrollieren, müssen die Auftrag-/Konzessionsgeber die Auftrag-/Konzessionsnehmer gem. § 9 BTTG vertraglich zum Nachweis der Einhaltung des Tariftreueversprechens verpflichten. Auf der Grundlage dieser Nachweise kann die Prüfstelle Bundestariftreue anschließend ihre Kontrollen i.S.v. § 8 Abs. 2 BTTG durchführen. Um seiner Nachweispflicht aus § 9 BTTG zu genügen, muss der Auftrag-/Konzessionsnehmer dokumentieren, dass er den zur Leistungserbringung eingesetzten Arbeitnehmern für die Dauer ihrer Leistungsausführung die festgesetzten Arbeitsbedingungen gewährt hat. Nach der Gesetzesbegründung können dafür in Abhängigkeit zur jeweiligen Leistung insbesondere Lohnabrechnungen, Zahlungsbelege, Arbeitsverträge und Arbeitsaufzeichnungen der eingesetzten Arbeitnehmer herangezogen werden (vgl. Begründung, S. 45).
b) Erleichterung: Präqualifizierung, § 10 BTTG
Für Arbeitgeber, die grundsätzlich mindestens die einschlägigen tariflichen Arbeitsbedingungen gewähren, sieht § 10 BTTG eine Erleichterung von der Nachweispflicht vor. Nach § 10 Abs. 1 BTTG gilt die Nachweispflicht des § 9 BTTG nicht für Auftrag-/Konzessionsnehmer, die ein entsprechendes Präqualifizierungszertifikat vorlegen. Das Zertifikat muss von einer Präqualifizierungsstelle i.S.v. § 6b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VOB/A-EU (derzeit der Verein für die Präqualifizierung von Bauunternehmen e.V.) oder § 48 Abs. 8 Satz 3 VgV (derzeit die gemeinsame verzeichnisführende Stelle der Industrie- und Handelskammern) ausgestellt worden sein und muss nachweisen, dass der Auftrag-/Konzessionsnehmer, aber auch die eingeschalteten Nachunternehmer oder Verleiher den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die festgesetzten Arbeitsbedingungen gewähren. Nach § 10 Abs. 2 BTTG darf sich der Auftrag-/Konzessionsnehmer zudem ein entsprechendes Zertifikat der Nachunternehmer oder Verleiher vorlegen lassen, um seiner Sicherstellungspflicht i.S.v. § 3 Abs. 2 BTTG zu genügen.
2. Rechtsschutz, § 160 Abs. 2 GWB
Nach dem neu einzuführenden § 2a Abs. 1 Nr. 5 ArbGG i.V.m. § 98 ArbGG entscheiden ausschließlich die Arbeitsgerichte über die Wirksamkeit von Rechtsverordnungen i.S.v. § 5 BTTG. Dies hat zugleich Auswirkungen auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren, wie § 160 Abs. 2 GWB klarstellt: Unternehmen können zur Begründung ihrer Antragsbefugnis nicht mit dem Vortrag durchdringen, dass die für das konkrete Vergabeverfahren vorgegebene Rechtsverordnung unwirksam sei. Diese Arbeitsaufteilung zwischen den Arbeitsgerichten und den vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen ist zwar prinzipiell zu begrüßen, da hierdurch einer abweichenden Entscheidungspraxis der Vergabekammern oder Vergabesenaten und einer inhaltlichen Überfrachtung mit vergabefremden Fragestellungen vorgebeugt werden kann. Sofern allerdings eine arbeitsgerichtliche Entscheidung i.S.v. § 98 ArbGG über die (Un-)Wirksamkeit einer Rechtsverordnung i.S.v. § 5 BTTG (noch) nicht vorliegt, wird eine solche Entscheidung in einem laufenden Vergabe-/Nachprüfungsverfahren – je nach Verfahrensstand – voraussichtlich zu spät kommen. Dies kann insbesondere in Nachprüfungsverfahren zu Konflikten mit dem vergaberechtlichen Beschleunigungsgebot führen. Eine entsprechende Reaktionsmöglichkeit der Vergabenachprüfungsinstanzen, z.B. in Form einer Verfahrensaussetzung wegen Vorgreiflichkeit i.S.v. § 148 ZPO oder § 94 VwGO, fehlt bislang.
II. Anspruch auf Gewährung der verbindlichen Arbeitsbedingungen, § 4 BTTG
§ 4 Abs. 1 BTTG verpflichtet Arbeitgeber die einschlägigen, in der Rechtsverordnung festgesetzten Arbeitsbedingungen zu gewähren. § 4 Abs. 1 BTTG schafft daher einen Anspruch der Arbeitnehmer gegen ihren öffentliche Aufträge und Konzessionen ausführenden Arbeitgeber.
Weiter wird klargestellt, dass § 4 BTTG nur einen Mindeststandard regelt und günstigere Ansprüche unberührt lässt. Steht einem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags, einer Betriebsvereinbarung, eines Tarifvertrags oder einer anderen Regelung eine höhere Entlohnung oder mehr Urlaub zu, so sind diese Ansprüche nach dem Günstigkeitsprinzip vorrangig (vgl. Begründung, S. 39). Verdrängt werden können allerdings Regelungen bei denen keine eindeutige Günstigkeit feststellbar ist, wie zu Beispiel bei der Fälligkeit von Vergütungsansprüchen.
Die Pflicht zur Gewährung der Mindestarbeitsbedingungen bezieht sich auf alle Arbeitnehmer, die in Ausführung des öffentlichen Auftrags oder der Konzession tätig sind und beschränkt sich auf die Dauer der Ausführung. Darüber hinaus wird klargestellt, dass auch Verleiher dieser Pflicht unterfallen, wenn die Leiharbeitnehmer mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die in den Geltungsbereich fallen.
§ 4 Abs. 2 BTTG schließt die Möglichkeit aus, dass Arbeitnehmer ohne die Billigung der Tarifvertragsparteien auf die Mindestarbeitsbedingungen verzichten können. Ebenfalls ausgeschlossen wird die Verwirkung der Ansprüche. Auch nach einem erheblichen Zeitablauf können sich Arbeitgeber daher ggf. nicht darauf verlassen, dass die Arbeitnehmer Ansprüche auf Mindestarbeitsbedingungen, insbesondere Lohn- und Urlaubsansprüche nicht mehr geltend machen können. Darüber hinaus wird klargestellt, dass Ausschlussfristen bezüglich der Arbeitsbedingungen lediglich in dem jeweils der Rechtsverordnung zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden können, wobei in der Praxis in einer Vielzahl von Tarifverträgen Ausschlussfristen vorgesehen sind. Standardmäßig genutzte Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen führen hingegen nicht zum Verfall der Ansprüche aus dem BTTG und können daher, ähnlich wie bereits beim gesetzlichen Mindestlohn, keine Rechtssicherheit durch Zeitablauf garantieren.
Weiterhin muss der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmer nach § 4 Abs. 3 BTTG spätestens bis zum 15. des Monats nach dem ersten Tätigkeitstag im Rahmen des öffentlichen Auftrags oder der Konzession schriftlich oder per Text, ggf. auch barrierefrei, über ihre Ansprüche auf die Arbeitsbedingungen informieren, um die Durchsetzung der Ansprüche innerhalb möglicher Ausschlussfristen zu ermöglichen.
D. Vorgesehenes Durchsetzungsregime
Um die Einhaltung der verschiedenen Verpflichtungen aufgrund des BTTG zu erreichen, sieht das Gesetz ein differenziertes Durchsetzungsregime vor. Zu unterscheiden sind Sanktionsinstrumente im laufenden Vertragsverhältnis (Vertragsstrafe, außerordentliche Kündigung), für künftige Vergabeverfahren (Ausschlussgründe) sowie arbeitsrechtliche Sanktionen (Arbeitgeberhaftung).
I. Zivilrechtliche Sanktionen, § 11 BTTG
Das BTTG verfolgt bei der schuldhaften Verletzung des abgegebenen Tariftreueversprechens nach § 3 BTTG oder der vertraglichen Nachweispflicht i.S.v. § 9 BTTG im laufenden Vertragsverhältnis vor allem einen vertraglichen Sanktionsansatz: Der Verstoß löst eine Vertragsstrafe oder ein außerordentliches Kündigungsrecht aus, die nach § 11 BTTG jeweils zu vereinbaren sind.
Die Vertragsstrafe soll den Auftrag-/Konzessionsnehmer dazu anhalten, seine Tariftreueverpflichtung einzuhalten. Welche Höhe dafür im Einzelnen zu vereinbaren ist, liegt im Ermessen des Auftrag-/Konzessionsnehmers. Zu berücksichtigen ist hierbei nach der Gesetzesbegründung vor allem die Schwere des Verstoßes: Im Falle des § 11 Abs. 1 Nr. 1 BTTG lässt sie sich etwa anhand der von dem Verstoß betroffenen Anzahl von Arbeitnehmern, dem Grad der Abweichung von den zu gewährenden Arbeitsbedingungen oder der Schuldform des Verstoßes bemessen. Bei Verstößen i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 BTTG ist vor allem maßgeblich, wie umfangreich das potentiell verschleierte Fehlverhalten ist und welche Vertragsstrafe das nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 BTTG das potentiell verschleierte Fehlverhalten ausgelöst hätte (vgl. Begründung, S. 47). Nach § 11 Abs. 1 BTTG ist sie der Höhe nach jedenfalls auf maximal 1% pro Verstoß, bei mehreren Verstößen auf maximal 10 % des Auftragswerts begrenzt. Das BTTG weicht damit von anderen Sanktionssystemen, z.B. im AEntG oder MiLoG ab, nach denen Verstöße nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.
Zudem muss der Auftrag-/Konzessionsnehmer nach § 11 Abs. 2 BTTG für den Fall, dass er berechtigt ist, eine Vertragsstrafe zu verlangen, ein außerordentliches Kündigungsrecht vereinbaren. Die Gesetzesbegründung stellt hierzu explizit klar, dass den Auftrag-/Konzessionsgeber keine Beendigungspflicht trifft; vielmehr muss er nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden, ob er eine Vertragsstrafe geltend macht, den Vertrag kündigt oder beides angemessen miteinander kombiniert.
II. Fakultativer Ausschlussgrund, § 14 BTTG
Die Vorschrift des § 14 BTTG regelt einen fakultativen Ausschlussgrund i.S.v. § 124 Abs. 2 GWB und ist – im Unterschied zu den übrigen Bestimmungen des BTTG – für sämtliche Vergabeverfahren der in § 98 GWB genannten Auftraggeber unabhängig vom Anwendungsbereich des BTTG anwendbar. Das bedeutet, dass jene Vorschrift auch für die Auftraggeber der Länder oder Kommunen und ohne Bindung an die Wertgrenze i.H.v. EUR 50.000,00 gilt.
Tatbestandlich setzt § 14 Abs. 1 BTTG die unanfechtbare Feststellung eines Verstoßes durch die Prüfstelle Bundestariftreue nach § 13 Abs. 1 BTTG voraus. Die Prüfstelle Bundestariftreue ist berechtigt und verpflichtet, durch Verwaltungsakt erhebliche Verstöße gegen § 4 Abs. 1 oder 3, § 3 Abs. 2 oder § 9 BTTG festzustellen. Auch wenn ein Verstoß gegen die Tariftreueverpflichtung aus § 3 Abs. 1 BTTG nicht explizit aufgeführt wird, geht der Gesetzgeber davon aus, dass dieser von einem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 oder BTTG umfasst ist (vgl. Begründung, S. 49). § 13 Abs. 2 BTTG stellt die zusätzliche Voraussetzung auf, dass eine Feststellung nur bei der schuldhaften Verletzung der vorgenannten Vorschriften vorliegt, die dem Arbeitgeber bzw. Auftrag-/Konzessionsnehmer zuzurechnen ist. Stellt die Prüfstelle Bundestariftreue einen Verstoß i.S.v. § 13 Abs. 1 BTTG fest, ist sie zur Mitteilung an die Registerbehörde verpflichtet.
Sofern eine unanfechtbare Feststellung vorliegt, schließen die Auftraggeber das Unternehmen im Regelfall vom Vergabeverfahren aus. Eine Abweichung kommt nur in atypischen Fällen oder aus wichtigem Grund in Betracht. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BTTG bleibt jedoch die Möglichkeit zur Selbstreinigung nach § 125 GWB unbenommen. Nach § 14 Abs. 2 BTTG beginnt der mögliche Zeitraum eines Ausschlusses mit der Unanfechtbarkeit der Feststellung i.S.v. § 13 Abs. 1 BTTG und endet drei Jahre später.
III. Nachunternehmerhaftung, § 12 BTTG
Ein Auftragnehmer haftet nach § 12 BTTG, wie ein selbstschuldnerischer Bürge dafür, dass Nachunternehmer oder von diesen beauftragte Verleiher ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern nachkommen. Die Haftung entfällt, wenn der Auftragnehmer nachweist, dass die einschlägigen Vorgaben durch Präqualifizierung eingehalten werden und kein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Nachunternehmers eröffnet ist.
E. Ausblick
Bereits bei den Landes-Tariftreuegesetzen hat die Zulässigkeit und Ausgestaltung in der Vergangenheit mehrfach die deutschen Gerichte und die Unionsgerichte beschäftigt.
Auf Unionsebene markieren dabei die Entscheidungen des EuGH vom 03.04.2008 – C-346/06 („Rüffert“), vom 18.09.2014 – C-549/13 („Bundesdruckerei“) und vom 17.11.2015 – C-115/14 („RegioPost“) judikative Meilensteine zu den unionsrechtlichen Anforderungen an mitgliedstaatliche Tariftreuegesetze. Im Zentrum der Entscheidungen steht dabei vor allem die Frage nach der Vereinbarkeit von Tariftreueregelungen mit der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) sowie den Vergaberichtlinien. Im Wesentlichen lässt sich aus den Entscheidungen entnehmen, dass konstitutive Tariftreueerklärungen grundsätzlich unzulässig, deklaratorische Tariftreueerklärungen hingegen zulässig sind. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass konstitutive Tariftreueerklärungen eine Bindung an einen Tarifvertrag voraussetzen bzw. begründen, während sich deklaratorische Tariftreueerklärungen auf Bindungen beziehen, die aufgrund allgemeiner Regelungen ohnehin schon anzuwenden bzw. zulässig sind. Soweit auf der Grundlage des § 5 BTTG eine allgemeinverbindliche Regelung getroffen werden soll, dürften keine unionsrechtlichen Bedenken an der Tariftreueverpflichtung des § 3 BTTG anzuzeigen sein. Insgesamt bliebt jedoch auch hier die finale Ausgestaltung abzuwarten.
Auch das Bundesverfassungsgericht hielt in seinem Beschluss vom 11.07.2006 (Az. 1 BvL 4/00) die Berliner Tariftreueregelung aus dem Berliner Vergabegesetz von 1999 für mit der Verfassung vereinbar. Unklar ist jedoch, ob diese Entscheidung ohne Weiteres auch auf das geplante BTTG anzuwenden ist, da dieses – anders als das der Entscheidung zugrunde liegende Berliner-Tariftreuegesetz – an repräsentative Tarifverträge anknüpft. Dies könnte kleinere Wettbewerber benachteiligen, denen wirtschaftlich kaum tragbare Arbeitsbedingungen auferlegt würden. Zudem müssten Bieter bereits bei Angebotserstellung Änderungen bei den Mindestarbeitsbedingungen nach Zuschlag einkalkulieren, was bei langfristigen Aufträgen und Konzessionen erhebliche wirtschaftliche Risiken birgt. Es bleibt daher abzuwarten, ob das BTTG den verfassungsrechtlichen Anforderungen tatsächlich genügen wird.
Die Erfahrungen im Umgang mit den Tariftreuegesetzen der Bundesländer haben gezeigt, dass gerade die Umsetzung der Nachweispflichten häufig mit praktischen Herausforderungen verbunden ist. Je nach Art und Ort des Auftrags oder der Konzession sowie der Zahl der damit beschäftigten Arbeitnehmer können eine Vielzahl von verschiedenen Arbeitsbedingungen für einen Auftragnehmer umzusetzen sein. Es empfiehlt sich daher, schon frühzeitig den Blick auf die jeweils festgesetzten Arbeitsbedingungen und anstehende Tarifrunden zu richten und entsprechende Strukturen zu schaffen, die eine eigene Überprüfung und eine anschließende Nachweisführung ermöglichen. Anderenfalls drohen scharfe Sanktionen für Unternehmen, etwa in Form von Vertragsstrafen, außerordentlichen Kündigungsoptionen oder dem Ausschluss bei künftigen Vergabeverfahren.
Interessierte Unternehmen sollten daher insbesondere prüfen, ob die Mindestarbeitsbedingungen aus dem BTTG in Zukunft als unverzichtbarer Anspruch von der Wirkung der Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag explizit auszunehmen ist, um die Wirksamkeit der Ausschlussfrist sicherzustellen, insbesondere unter Hinzuziehung rechtlicher Expertise.
Das Tariftreuegesetz soll nunmehr zeitnah in den Deutschen Bundestag eingebracht und im Laufe des Jahres beschlossen werden. Hierbei handelt es sich um den staatsrechtlichen Ausnahmefall eines Zustimmungsgesetzes, welches nach Maßgabe von Art. 77 Abs. 2a und Art. 78 Var. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedarf, um zustande zu kommen. Unternehmen und öffentliche Auftraggeber sollten daher das Gesetzgebungsverfahren engmaschig verfolgen, insbesondere ob im parlamentarischen Verfahren oder durch den Bundesrat noch Nachjustierungen zum Verfahren zur Festsetzung von Arbeitsbedingungen sowie den Sanktionierungen und dem Rechtsschutz vorgenommen oder angeregt werden.
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