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Umsatzsteuerliche Behandlung von Konzessionsabgaben auf dem Prüfstand

05.10.2020

Während Konzessionsabgaben bislang regelmäßig als Entgelt für nicht umsatzsteuerbare Konzessionsgewährungen angesehen werden, sollten eben diese spätestens ab dem 1. Januar 2023 der Umsatzsteuer unterliegen. Kommunen und Konzessionäre sollten hierfür bereits heute die Notwendigkeit vertraglicher Vorkehrungen prüfen.

Auf der Website des Bundesfinanzministeriums wurde jüngst ein auf den 5. August 2020 datiertes Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Konzessionsabgaben unter der für Gemeinden und ihre Vertragspartner äußerst relevanten Neuregelung der Umsatzsteuerbesteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) nach § 2b UStG veröffentlicht. Die wesentlichen Aussagen müssen in Kontext zu weiteren umsatzsteuerlichen Vorschriften gesetzt werden und lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Hintergrund

Konzessionsabgaben bezeichnen im kommunalen Energie- und Wasserversorgungskontext historisch gesehen Entgelte für die Einräumung des (Exklusiv-)Rechts auf Versorgung von Letztverbrauchern an ein Versorgungsunternehmen durch eine Gemeinde in Bezug auf ein bestimmtes Konzessionsgebiet.

Seit der Liberalisierung und Regulierung des Strom- und Gasmarkts und der damit verbundenen Trennung von Vertrieb und Netzbetrieb (sog. Unbundling/Entflechtung) verstehen sich Konzessionsabgaben – uneingeschränkt im Strom- und Gasbereich – als Entgelt für die Einräumung eines einem Versorgungsunternehmen durch eine Gemeinde gewährten (einfachen) Wegerechts für die Verlegung und den Betrieb entsprechender Versorgungsleitungen (§§ 46 i.V.m 48 Abs. 1 Satz 1 EnWG).

Umsatzsteuerlich war bislang (zumindest in der Theorie) nicht abschließend geklärt, ob

  • Gemeinden im Rahmen der Gewährung entsprechender Konzessionen umsatzsteuerbare sonstige Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG i.V.m. § 2 Abs. 3 UStG a.F. erbringen

und

  • es sich für den Fall, dass umsatzsteuerbare sonstige Leistungen angenommen werden können, um (ggf. einheitliche oder in mehrere Einzelleistungen aufzuteilende) umsatzsteuerpflichtige oder nach § 4 Nr. 12 Satz 1 lit. a), c) UStG umsatzsteuerfreie Umsätze handelt.

Bis zur Neuordnung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand galt gemäß § 2 Abs. 3 UStG a.F., dass jPdöR nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) bzw. land- und fortwirtschaftlichen Betriebe (LuF) umsatzsteuerbare Leistungen erbringen konnten. Seit dem Übergang zu § 2b UStG gilt im Grundsatz die gesetzlich Fiktion, wonach jPdöR nicht als Unternehmer gelten, wenn sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt handeln, sofern diese Fiktion nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Die bisher gängige Praxis, in der Gewährung einer Konzession mangels Begründung eines BgA bei der Gemeinde einen nicht umsatzsteuerbaren Vorgang anzunehmen, ist durch diese Änderungen auf den Prüfstand der Finanzverwaltung geraten.

2. Kernaussagen des Bundesfinanzministeriums

Mit seinem Schreiben positioniert sich das Bundesfinanzministerium zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Konzessionsabgaben wie folgt:

  • Bei den Leistungen, die unter Konzessionsverträgen von einer Gemeinde an Versorgungsunternehmen gegen Entrichtung von Konzessionsabgaben auf privatvertraglicher Basis erbracht werden, handelt es sich (im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs) stets um eine unternehmerische Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG auf Ebene der Gemeinde. Die Umsatzsteuerbarkeit dieser unternehmerischen Tätigkeit wird unter Anwendung des § 2b UStG (kein BgA erforderlich!) nicht (mehr) eingeschränkt.

  • Sowohl der reinen Wegerechtseinräumung für die Verlegung und den Betrieb von Strom- und Gasleitungen (§ 46 EnWG) als auch dem klassischen (Versorgungs-)Konzessionsvertrag (bspw. noch denkbar für Wasser/Fernwärme/Fernkälte) können grundsätzlich umsatzsteuerfreie Leistungen i.S.d. § 4 Nr. 12 Satz 1 lit. a) UStG (Vermietungsleistungen) bzw. § 4 Nr. 12 Satz 1 lit. c) UStG (Einräumung dinglicher Nutzungsrechte) zugrunde liegen.

  • Zur Annahme einer Umsatzsteuerbefreiung sei jedoch erforderlich, dass der zu beurteilende Sachverhalt unter den unionsrechtlichen Begriff der Vermietung und Verpachtung subsumierbar ist. Dies soll nur dann der Fall sein, wenn dem Mieter/Pächter – unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall – ein eigentumsähnliches Besitzrecht eingeräumt wird, welches es ihm ermöglicht, Unbefugte von der Nutzung auszuschließen.

  • Für den Fall, dass sich in (Bestands-)Konzessionsverträgen keine (antizipatorischen) Umsatzsteuerregelungen entnehmen lassen, kommt für die Bestimmung, ob es sich bei der geregelten Konzessionsabgabe um einen Bruttowert (einschl. Umsatzsteuer) oder einen Nettowert (zzgl. Umsatzsteuer) handelt, ausschließlich auf die Zivilrechtslage an.

3. Praxishinweise

Auf den ersten Blick scheinen damit die grundlegenden Fragen rund um die umsatzsteuerliche Behandlung von Konzessionsabgaben geklärt. Da dem Konzessionsnehmer seitens der Gemeinden in aller Regel keine eigentümerähnlichen Besitzrechte zur Abwehr der Nutzung unbefugter Dritter eingeräumt werden, dürften Konzessionsabgaben unter der Neuregelung des § 2b UStG (spätestens ab dem 1. Januar 2023, je nach Wahlrechtsausübung der Gemeinde zur vorübergehenden Weiteranwendung der Altregelung in § 2 Abs. 3 UStG) Entgelte für umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen der Gemeinden darstellen.

Die wirtschaftlichen Folgen einer Umsatzsteuerpflicht richten sich dann danach, ob die im Konzessionsvertrag vorgesehene Konzessionsabgabe zivilrechtlich als Netto-Konzessionsabgabe oder Brutto-Konzessionsabgabe zu verstehen ist:

  • Aufgrund der (nunmehr) als umsatzsteuerpflichtig zu behandelnden Ausgangsleistungen unter den Konzessionsverträgen ist die Gemeinde – unabhängig von der Art der in den Konzessionsverträgen enthaltenen Entgeltvereinbarung (siehe sogleich) – zum Vorsteuerabzug aus zuordenbaren Eingangsleistungen (bspw. Beraterkosten in Zusammenhang mit der Vergabe von Konzessionen) berechtigt.

  • Enthält der Konzessionsvertrag eine Nettoentgeltvereinbarung (z.B. „Konzessionsabgabe zzgl. Umsatzsteuer“), kann die Gemeinde einen entsprechenden Umsatzsteuerbetrag zusätzlich in Rechnung stellen, den das Versorgungsunternehmen (bzw. der „entflochtene“ Netzbetreiber) begleichen muss. Eine wirtschaftliche Belastung des Versorgungsunternehmens dürfte sich aufgrund der bei ordnungsgemäßer Rechnungs- bzw. Gutschriftenerstellung regelmäßig gegebenen (vollständigen) Vorsteuerabzugsberechtigung allenfalls aufgrund temporärer Liquiditätseffekte ergeben.

  • Enthält der Konzessionsvertrag eine Bruttoentgeltvereinbarung (z.B. „Konzessionsabgabe einschl. Umsatzsteuer“), ändert sich der vom Versorgungsunternehmen zu begleichende Gesamtrechnungsbetrag nicht. Jedoch wird das Versorgungsunternehmen um die nunmehr im Gesamtrechnungsbetrag enthaltene Umsatzsteuer durch eine regelmäßig gegebene Vorsteuerabzugsberechtigung (s.o.) entlastet. Im Gegenzug wird die Gemeinde i.H.d. Differenz zwischen dem nunmehr im Gesamtrechnungsbetrag enthaltenen und an das zuständige Finanzamt abzuführenden Umsatzsteuerbetrag und dem potentiellen Vorsteuerabzugsbetrag (s.o.) wirtschaftlich belastet bzw. entlastet.

  • Wurde im Konzessionsvertrag keine konkrete Brutto- oder Nettoentgeltvereinbarung getroffen, ist der Vertrag insoweit zivilrechtlich unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall auszulegen.

Sowohl Versorgungsunternehmen als auch Gemeinden ist vor diesem Hintergrund eine Überprüfung und ggf. Anpassung ihrer Konzessionsvertragsbestände sowie eine Berücksichtigung der Rechtsentwicklung im Rahmen laufender und zukünftiger Konzessionsvertragsvergaben angezeigt. Darüber hinaus darf nicht verkannt werden, dass es sich beim Schreiben des Bundesfinanzministeriums um eine lediglich die Finanzverwaltung, nicht aber die Rechtsprechung bindende Rechtsauffassung handelt. Eine die aktuelle Rechtslage berücksichtigende sowie etwaige zukünftige Rechts(auffassungs)änderungen antizipierende Umsatzsteuerklausel in Konzessionsverträgen könnte vor dem Hintergrund oftmals langer Vertragslaufzeiten zur Wahrung der Interessenlage zwischen Gemeinde und Versorgungsunternehmen über die gesamte Vertragsdauer beitragen.

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