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Zunehmend Auswirkungen des Helms-Burton-Act auf EU-Unternehmen und EU-Personen

13.02.2020

Die USA haben im vergangenen Jahr eine Regelung des sog. Helms-Burton-Act in Kraft gesetzt, nach der US-Bürger die vermeintlichen Nutznießer kubanischer Enteignungen im Nachgang der Revolution von 1959 auf Entschädigung in Anspruch nehmen können. In der Folge wurden verschiedene EU-Unternehmen vor US-Gerichten verklagt. Zuletzt haben die USA den Druck erhöht und – soweit bekannt – erstmals europäischen Privatpersonen die Einreise in die USA auf Grundlage des Helms-Burton-Act versagt. Vor diesem Hintergrund sollten betroffene Unionsbürger und EU-Unternehmen erwägen, die durch die Anwendung des Helms-Burton Act entstehenden Schäden auf Grundlage der EU-Blocking-Verordnung geltend zu machen.

Helms-Burton-Klagen gegen europäische Unternehmen in den USA

Abschnitt III des sog. Helms-Burton Act von 1996 – der offizielle Titel lautet Cuban Liberty and Democratic Solidarity Act – ermöglicht es US-Bürgern, die aus US-Sicht im Zuge der kubanischen Revolution von 1959 enteignet wurden, vor US-Gerichten Entschädigungsklagen anzustrengen. Diesen Abschnitt III aber haben die jeweiligen US-Regierungen stets ausgesetzt. Erst die Trump-Administration hat ihn mit Wirkung zum 02.05.2019 in Kraft gesetzt, als Teil ihres politischen und wirtschaftlichen Drucks auf das Regime des mit Kuba verbündeten venezolanischen Machthabers Nicolas Maduro (siehe unsere News vom 30.04.2019).

Abschnitt III des Helms-Burton Act ermöglicht insbesondere Klagen von US-Bürgern gegen vermeintliche Nutznießer der Enteignungen: US-Bürger sind auf dieser Grundlage berechtigt, Unternehmen oder Individuen auf Entschädigung zu verklagen, die – aus US-Sicht – mit dem beschlagnahmten Eigentum „illegal Handel treiben“. Davon erfasst sind Personen und Unternehmen, die entsprechende Grundstücke (ver-)kaufen, (ver-)mieten oder (ver-)pachten, aber darüber hinaus auch Personen und Unternehmen, die beschlagnahmtes Eigentum im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit nutzen oder anderweitig davon profitieren. Der Anwendungsbereich der Regelung ist extrem weit gefasst und ermöglicht somit entsprechend weitreichende Klagen. Schadensersatz auf dieser Grundlage kann den aktuellen Wert des beschlagnahmten Eigentums sowie Gerichts- und angemessene Anwaltskosten umfassen und unter bestimmten Umständen verdreifacht werden.

Seitdem die USA Abschnitt III des sog. Helms-Burton-Act in Kraft gesetzt haben, haben zahlreiche US-Privatpersonen und Unternehmen Ansprüche auf dieser Grundlage angemeldet und Klagen eingereicht, darunter Klagen gegen EU-Unternehmen wie die spanische Fluggesellschaft Iberia, die niederländische Buchungsplattform Booking, den spanischen Hotelkonzern Meliá und die deutsche Trivago GmbH. Nach Angaben des U.S.-Cuba Trade and Economic Council sind bislang 21 Klagen eingereicht worden, weitere dürften folgen. Einzelne Klagen wurden von US-Gerichten allerdings bereits abgelehnt.

Als wichtige Verteidigungslinie gegen die Inanspruchnahme auf Grundlage von Abschnitt III des Helms-Burton Act können EU-Bürger und EU-Unternehmen geltend machen, dass sie nicht unter die Zuständigkeit US-amerikanischer Gerichte fallen. Diese setzt nämlich voraus, dass ein hinreichender Bezug des Beklagten und des streitgegenständlichen Verhaltens zum US-Territorium besteht.

Ausschluss der Einreise in die USA als weitere Maßnahme unter Helms-Burton

Als weitere Maßnahme gegen vermeintliche Nutznießer kubanischer Enteignungen sieht Abschnitt IV des Helms-Burton-Act vor, dass ausländische Personen, die mit beschlagnahmtem Eigentum „illegal Handel treiben“, von der Einreise in die USA ausgeschlossen werden können.

Vergangene Woche wurde bekannt, dass auf dieser Grundlage Gabriel Escarrer, Geschäftsführer des spanischen Meliá-Hotelkonzerns und spanischer Staatsbürger, wegen Meliás Geschäftstätigkeit auf Kuba von der Einreise in die USA ausgeschlossen wurde – offenbar der erste Vorgang dieser Art. Nach Angaben von Meliá sind entsprechende Maßnahmen auch gegen weitere ausländische Personen und Unternehmen ergangen.

Schadenersatz für EU-Unternehmen auf Grundlage der EU-Blocking-Verordnung

Die konkreten Folgen der Inkraftsetzung und Anwendung der vorgenannten Regelungen des Helms-Burton Act durch die Trump-Regierung bleiben abzuwarten. Insbesondere ist zum aktuellen Zeitpunkt unklar, ob und in welchem Umfang US-Gerichte den Klagen von US-Bürgern und US-Unternehmen stattgeben werden.

Sollten EU-Bürger oder EU-Unternehmen tatsächlich von US-Gerichten zu Schadensersatz verurteilt werden, stellt sich die Frage nach deren Durchsetzung. Die EU-Blocking-Verordnung (vgl. u.a. unsere News vom 07.08.2018) verbietet es Unionsbürgern, in der EU eingetragenen juristischen Personen sowie allen übrigen in der Union ansässigen natürlichen Personen, den Bestimmungen der Abschnitte III und IV des Helms-Burton Act nachzukommen oder etwa daraus resultierende Entscheidungen in der EU zu vollstrecken.

Für alle EU-Unternehmen mit US-Geschäft oder sogar Tochtergesellschaften in den USA bietet die EU-Blocking-Verordnung zunächst wenig Trost. Sie sind indes nicht schutzlos gestellt: Artikel 6 der Blocking-Verordnung sieht ausdrücklich vor, dass Unionsbürger und EU-Unternehmen Anspruch auf Ersatz aller Schäden einschließlich von Rechtskosten haben, die ihnen aufgrund der Anwendung des Helms-Burton Act und der darauf beruhenden Maßnahmen entstanden sind. Schadensersatzpflichtig sind danach diejenigen natürlichen oder juristischen Person oder sonstigen Stellen, die den Schaden verursacht haben. Auf dieser Grundlage kommen Klagen auf Schadensersatz nicht nur gegen die USA selbst, sondern auch gegen diejenigen US-Unternehmen oder US-Bürger in Betracht, die von EU-Unternehmen auf Grundlage des Helms-Burton Act in den USA Entschädigung ver- und erlangt haben. Solche Schadensersatzansprüche könnten dann vor den Gerichten jedes EU-Mitgliedstaats geltend gemacht werden, in dem die schadensersatzpflichtige US-Person Vermögenswerte besitzt. Entsprechende Verfahren sind bislang nicht bekannt, könnten sich aber als wirksame Schutzmaßnahmen erweisen.

Kontext

Die Aktivierung von Helms-Burton ist dabei Ausdruck einer US-Außen- und Handelspolitik, die die politischen und wirtschaftlichen Interessen der USA mit Mitteln extraterritorialer Sanktionen durchsetzen will und dabei immer weniger Rücksicht auf die US-Verbündeten nimmt, insbesondere die EU und ihre Mitgliedstaaten. Es wird sich zeigen, ob dies ohne Folgen bleiben wird. Die EU hat das Vorgehen der USA bereits im Sommer als völkerrechtswidrig bezeichnet und weitere Gegenmaßnahmen angekündigt.

 

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