Noerr Digital Day – Experten warnen vor Eigentumsrechten an Daten

08.05.2018

In der aktuellen Debatte um Eigentumsrechte an Daten mahnen Experten zu Gelassenheit und warnen vor vorschnellen gesetzlichen Regelungen. „Für das Zeitalter des Internet of Things käme ein Dateneigentum einer Innovationsbremse gleich“, sagt Prof. Dr. Peter Bräutigam. Der Partner der Kanzlei Noerr moderiert den heutigen Noerr Digital Day, auf dem Top-Juristen und Digitalisierungsspezialisten aus namhaften Unternehmen die rechtlichen Herausforderungen der Digitalisierung diskutieren.

Hintergrund der Mahnung sind Vorstöße aus der Politik, über gesetzliche Regelungen nachzudenken. Laut ihres Koalitionsvertrages will die Bundesregierung zügig klären, ob und wie ein Eigentum an Daten ausgestaltet werden kann, und bereits im vergangenen Jahr hatte das Bundesverkehrsministerium einen an Eigentumsrechte angelehnten Rahmen für mobilitätsbasierte Geschäftsmodelle vermisst. Dabei geht es insbesondere um die Maschinendaten, die bei Anwendungen im Kontext des Internet of Things (IoT) laufend anfallen, sei es beim Betrieb einer Produktionsmaschine oder beim autonomen Fahren.

„Eigentumsrechte an Daten stoßen aber gerade nicht das Tor zu neuen Anwendungen und Geschäftsmodellen auf“, sagt Peter Bräutigam. Zumal der Gesetzgeber vor dem nahezu unlösbaren Dilemma stehe, wem er ein Dateneigentum zuweisen soll. Beispiel vernetztes Auto: Sollen die beim Betrieb anfallenden Daten dem Hersteller gehören oder dem Halter? Vielleicht aber auch dem Fahrer, dem Autovermieter oder dem Leasinggeber? Weist man hier eine Inhaberschaft zu, stellt sich sofort die Frage nach der Öffnung der Nutzung für die anderen Player. „Statt Innovationen zu fördern, würden neue Schranken den Marktzutritt erschweren“, betont Bräutigam. Gerade die freie Verfügbarkeit von Daten sei in der modernen Daten- und Produktionswirtschaft essentiell.

Dr. Thomas Thalhofer, Co-Leiter Digital Business bei Noerr, empfiehlt, die Fragen der Nutzung und Weitergabe von Daten weiterhin auf vertraglicher Basis zu regeln. „Das ermöglicht flexible und praktikable Lösungen und entspricht auch dem klaren Wunsch der Wirtschaft.“ Im vergangenen Jahr hatte Noerr gemeinsam mit BusinessEurope Unternehmen aus ganz Europa zu den Rechtsfragen der Digitalisierung befragt: Eine deutliche Mehrheit bevorzugt vertragliche Flexibilität und lehnt ein Eigentum an Daten ab. Statt über Dateneigentum nachzudenken, sollte der Gesetzgeber die Umsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung beobachten, die Experte Bräutigam bei aller Kritik im Detail für einen Erfolg hält. Da sich auch US-Konzerne an die neuen Regeln halten müssen, entstehe ein europaweites einheitliches Level-Playing-Field. „Diesen Vorteil dürfen wir jetzt nicht durch nationale Überregulierungen wieder verspielen.“