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Europäische Kommission verhängt erste Buß­gelder nach dem DMA gegen Apple und Meta

05.05.2025

Am 23. April 2025 hat die Europäische Kommission Bußgelder gegen Apple und Meta verhängt. Es handelt sich um die ersten Bußgelder, die unter dem Digital Markets Act („DMA“) gegen Torwächter (Gatekeeper) verhängt wurden.

  • Apple wurde mit einer Geldstrafe von EUR 500 Millionen belegt, da es gegen die Anti-Steering-Vorgaben bzw. Lenkungsvorgaben des DMA verstoßen haben soll, insbesondere da Apple App-Entwicklern nicht in ausreichendem Maß erlaubte, Verbraucher über alternative Kaufoptionen außerhalb des App Stores zu informieren.
  • Meta erhielt eine Geldstrafe von EUR 200 Millionen, weil es Nutzern keine echte Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung personenbezogener Daten im Rahmen seines „consent or pay“-Modells angeboten haben soll.

Im Einzelnen:

I. Der Digital Markets Act

Der DMA stellt einen wesentlichen Teil der Regulierung des digitalen Binnenmarktes der EU dar. Er zielt darauf ab, die Marktmacht großer digitaler Plattformen, sog. Torwächter, zu beschränken und so für fairen Wettbewerb (im Digitalbereich) zu sorgen.

Torwächter sind Unternehmen, die zentrale Plattformdienste anbieten, welche als wichtige Zugänge zwischen gewerblichen Nutzern und Verbrauchern fungieren. Die Vorschriften des DMA zwingen diese Torwächter, ihre Praktiken offener und weniger einschränkend zu gestalten, um den Zugang zu ihren Plattformdiensten für Nutzer zu erleichtern.

Bei Nichteinhaltung drohen den Unternehmen Bußgelder, die (theoretisch) bis zu 10 % ihres weltweiten Jahresumsatzes bzw. im Wiederholungsfall sogar 20 % betragen können.

II. Erste Bußgeldentscheidung unter dem DMA

Es handelt sich um die ersten Bußgelder, die unter dem DMA verhängt wurden.

Die Entscheidung der Europäischen Kommission zeigt, dass sie bereit ist, die digitalen Marktregeln auch gegen Widerstände der Gatekeeper durchzusetzen und die zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen. Zwar bleiben die Bußgelder naturgemäß weit unterhalb der theoretischen Höchstgrenze, aber bedenkt man, dass die Bußgeldadressaten erst vergleichsweise kurz gegen den noch recht neuen DMA verstoßen konnten, ist die Bußgeldhöhe nicht unbeachtlich. Im Falle erneuter Verletzungen dürfte zudem mit einem höheren Bußgeld zu rechnen sein.

III. Historie: Verfahren gegen Apple und Meta im Rahmen des DMA

Am 06. September 2023 wurden Apple (zentrale Plattformdienste: App Store; Safari; iOS (und später auch iPadOS)) und Meta (zentrale Plattformdienste: Facebook, Instagram, Whatsapp, Messenger, Meta Ads und Facebook Marketplace) als Torwächter benannt.

Wenige Tage nachdem die Gatekeeper ihre Geschäftspraktiken mit den Vorgaben des DMA in Einklang bringen mussten, leitete bereits am 25. März 2024 die Europäische Kommission Verfahren im Hinblick auf den möglichen Erlass von Nichteinhaltungsbeschlüssen (unter anderem) gegen Apple und Meta ein.

Im Hinblick auf Apple wurden u. a. Maßnahmen bezüglich des App Store kritisiert, wonach App-Entwickler nicht in vollem Umfang von alternativen Vertriebskanälen außerhalb des App Store profitieren konnten. Im Hinblick auf Meta wurde dessen „Pay or consent“-Modell kritisiert. Die Europäische Kommission teilte Apple (am. Juni 2024) und Meta (am 1. Juli 2024) ihre vorläufige Beurteilung vor Erlass eines Nichteinhaltungsbeschlusses mit.

IV. Bußgeldentscheidungen gegen Apple und Meta

Am 23. April 2025 hat die Europäische Kommission jeweils einen Nichteinhaltungsbeschluss gegen Apple und Meta erlassen.

1. Apple: Verletzung der Anti-Steering-Vorgaben

Torwächter müssen App-Entwickler in die Lage versetzen, Verbrauchern kostenlose Angebote außerhalb der Plattformdienste (hier: App Stores) der Torwächter anzubieten. Entwickler, die ihre Apps über den App Store von Apple vertreiben, sollen ihre Kunden kostenlos über alternative, günstigere Bezugsmöglichkeiten informieren können und es muss ihnen möglich sein, die Kunden auf diese Angebote hinzuweisen und den Kauf zu ermöglichen.

Die Europäische Kommission hatte bereits früh befürchtet und nun festgestellt, dass Apple bezüglich seiner Lenkungsbedingungen (steering terms) gegen die Anti-Steering-Vorgaben verstoßen hat. Demzufolge können aufgrund einer Reihe von Einschränkungen App-Entwickler nicht in vollem Umfang von den Vorteilen alternativer Vertriebskanäle außerhalb des App Stores profitieren. So konnten die App- Entwickler beispielsweise keine Preisinformationen innerhalb der App bereitstellen; sie durften bessere Angebote nicht innerhalb ihrer Apps kommunizieren; und sie konnten Werbeaktionen nur über einen Link in ihrer App anbieten, der den Nutzer auf eine externe Webseite weiterleitet („Link-Outs“). Die (grundsätzlich zulässigen) Gebühren, die Apple dafür erhob, dass über deren App Store ein Abschluss über einen anderen Vertriebskanal zustande kam, waren aber insbesondere in der Höhe nicht notwendig. Daher können Verbraucher nicht in vollem Umfang von alternativen und günstigeren Angeboten profitieren.

Die Europäische Kommission hat Apple daher dazu verpflichtet, diese Restriktionen unverzüglich aufzuheben und eine solche Praxis zukünftig zu unterlassen.

2. Meta: „Consent or Pay“-Modell

Torwächter müssen die Einwilligung von Nutzern einholen, wenn sie beabsichtigen, ihre personenbezogenen Daten über verschiedene zentrale Plattformdienste hinweg zu kombinieren oder miteinander zu nutzen.

Im März 2024 führte Meta daher ein Modell für Facebook und Instagram ein, bei dem Nutzer entweder der Kombination ihrer persönlichen Daten zur personalisierten Werbung zustimmen mussten oder eine Gebühr für eine werbefreie Version zahlen sollten. Die Europäische Kommission sieht hingegen das von Meta eingeführte Modell der Wahl bei Facebook und Instagram zwischen der gebührenfreien Nutzung bei Einwilligung in die Weiterverwendung der personenbezogenen Daten und einer gebührenpflichtigen Nutzung als Verstoß gegen den DMA an. Meta hat es nach Auffassung der Europäische Kommission versäumt, den Nutzern eine echte Wahlfreiheit bezüglich der Datenverarbeitung im Rahmen ihrer sozialen Netzwerke zu bieten, da den Nutzern keine gleichwertige, weniger datenschutzintensive Alternative angeboten wurde.

Meta wurde daher – neben dem Bußgeld – angewiesen, Anpassungen vorzunehmen und ein verbessertes Modell vorzulegen.

V. Facebook Marketplace mangels Reichweite doch kein zentraler Plattformdienst

Zudem hat die Europäische Kommission im Rahmen der Entscheidung auch festgestellt, dass der Online-Vermittlungsdienst Facebook Marketplace von Meta – entgegen der ursprünglichen Einordnung durch die Europäische Kommission – kein zentraler Plattformdienst ist. Denn dieser Marktplatz von Meta hatte im Jahr 2024 weniger als 10.000 gewerbliche Nutzer und erreichte daher nicht mehr den einschlägigen Schwellenwert, der vermuten lässt, dass der Marktplatz als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient.

VI. Ausblick

Apple und Meta sind nun verpflichtet, den Entscheidungen der Europäischen Kommission innerhalb von 60 Tagen nachzukommen und das beanstandete Verhalten abzustellen, andernfalls riskieren sie Zwangsgelder in Höhe von bis zu 5 % ihres Jahresumsatzes.

Sowohl Apple als auch Meta müssen daher ihre aktuellen Regelungen überarbeiten, wobei die Europäische Kommission gegenüber Apple deutlicher war als gegenüber Meta bzw. gegenüber Apple wesentlich mehr bemängelte. Apple muss nun alle kommerziellen und technischen Beschränkungen der Lenkung beseitigen. Bei Meta erscheinen auch weniger weitreichende Anpassungen des aktuell praktizierten Modells möglich.

Geschädigte, insbesondere App-Entwickler aber auch Nutzer, die von den Praktiken Apples oder Metas betroffen sind, könnten ferner zivilrechtliche Ansprüche (vor nationalen Gerichten) geltend machen, insbesondere Schadensersatzansprüche. Die 11. GWB-Novelle in Deutschland hat diese Möglichkeit weiter verstärkt, indem sie u. a. die Bindungswirkung von Kommissionsentscheidungen auch auf private Rechtsdurchsetzung im Zusammenhang mit dem DMA erweitert.

Interessant ist, dass am 30. April 2025 auch ein US-Gericht gegen Apple eine (ähnliche) Entscheidung aufgrund kartellrechtswidriger Anti-Steering-Maßnahmen erlassen hat. Auch danach halte Apple Entwickler davon ab, Informationen über alternative Kaufmöglichkeiten an Nutzer weiterzugeben. Die Entscheidung bestätigt insofern den Ansatz der Europäischen Kommission. Besonders heikel: Das Gericht stellte fest, dass Apple bewusst gegen Kartellrecht verstoßen habe und sich stets offenbar möglichst kartellrechtswidrig verhalten habe – und zwar initiiert durch das Top-Management (inkl. CEO von Apple):

„In starkem Gegensatz zu Apples anfänglicher Aussage vor Gericht offenbaren Geschäftsdokumente, dass Apple genau wusste, was es tat, und sich bei jedem Schritt für die kartellrechtswidrigste Option entschied. Um die Wahrheit zu verbergen, hat der Finanz-Vizepräsident (...) bewusst unter Eid gelogen. Intern hatte [ein Apple Fellow] dafür plädiert, dass Apple die [Gerichtsentscheidung] befolgt, aber Tim Cook [CEO von Apple] ignorierte Schiller und ließ stattdessen [den CFO von Apple] und sein Finanzteam überzeugen, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

(In stark contrast to Apple’s initial in-court testimony, contemporaneous business documents reveal that Apple knew exactly what it was doing and at every turn chose the most anticompetitive option. To hide the truth Vice-President of Finance (…) outright lied under oath. Internally, [an Apple Fellow] had advocated that Apple comply with the [court decision], but Tim Cook [CEO of Apple] ignored Schiller and instead allowed [CFO of Apple] and his finance team to convince him otherwise.)“

Vor diesem Hintergrund wird genau zu beobachten sein, ob Apple die DMA-Entscheidung der Europäischen Kommission befolgen wird oder ob die Europäische Kommission – mit dann sicherlich nochmals höheren Bußgeldern – erneut gegen Apple vorgehen muss.

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