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Entwurf des Erlasses zur Besteuerung von Spezial-Investmentfonds – Überblick über die wesentlichen Regelungen

14.05.2020

Überblick

Am 16. Dezember 2019 hat die Finanzverwaltung den lange erwarteten Entwurf eines Anwendungsschreibens zur Besteuerung von Spezial-Investmentfonds und ihrer Anleger (SpeFo-Erlass-Entwurf) zur Stellungnahme an die Verbände übersandt. Der SpeFo-Erlass-Entwurf sieht gegenüber der bisherigen Verwaltungspraxis teilweise erhebliche Änderungen vor. Das betrifft neben den Anlagebestimmungen des § 26 InvStG insbesondere die Anwendung der Transparenzoption (§ 30 InvStG), die Anwendung der §§ 8b KStG, 3 Nr. 40 EStG auf Anlegerebene (§ 42 InvStG) sowie bis zum 31. Dezember 2018 erfolgte Statuswechsel eines Spezial-Investmentfonds in einen (regulären) Investmentfonds iSv. Kapitel 2 des InvStG (§ 52 InvStG).  

Anlagebestimmungen gem. § 26 InvStG 

Damit Investmentfonds als Spezial-Investmentfonds iSv. Kapitel 3 des InvStG qualifizieren, müssen sie die Anlagebestimmungen des § 26 InvStG erfüllen. Die Ausführungen im SpeFo-Erlass-Entwurf zu den einzelnen Bestimmungen sind teilweise erfreulich, führen in der Praxis an anderer Stelle aber zu erheblichen Einschränkungen. Hervorzuheben ist insbesondere Folgendes:

  • Investmentaufsicht. Nach Auffassung des BMF unterliegen in- und ausländische AIFM von Spezial-AIF iSd. § 1 Abs. 6 KAGB, die über eine Zulassung nach der AIFM-Richtlinie verfügen, der Investmentaufsicht iSv. § 26 Nr. 1 InvStG (Tz. 26.5 f.). Das ist erfreulich, weil damit klargestellt wird, dass auch bei luxemburgischen RAIFs (Reserved Alternative Investment Funds) die erforderliche Investmentaufsicht gegeben ist.

  • Risikomischung. Der Grundsatz der Risikomischung gilt nach dem Gesetzeswortlaut auch dann als gewahrt, wenn der Spezial-Investmentfonds seinerseits in Investmentfonds investiert und diese ihre Vermögensgegenstände unmittelbar oder mittelbar nach dem Grundsatz der Risikomischung anlegen (sog. mittelbare Risikomischung; § 26 Nr. 3 InvStG). Nach dem SpeFo-Erlass-Entwurf kann für die mittelbare Risikomischung nicht nur durch Investmentfonds, sondern auch durch Immobilien(holding-)gesellschaften, ÖPP-Projektgesellschaften und EEG-Gesellschaften auf die zugrunde liegenden Vermögensgegenstände hindurchgeschaut werden (Tz. 26.9 ff.). Dies ist zu begrüßen, da Investmentfonds ihre Investments regelmäßig über (Master-)Holdinggesellschaften bündeln. Um andere Asset-Klassen (z.B. Debt Fonds) nicht zu benachteiligen, wäre es unseres Erachtens angebracht, die Erlassregelung generell auf alle Holdinggesellschaften auszuweiten. 
  • 10%-Schmutzgrenze. Die sog. 10%-Schmutzgrenze des § 26 Nr. 4 InvStG soll nach dem SpeFo-Erlass-Entwurf nur passive und unbeabsichtigte Abweichungen vom Anlagekatalog des § 26 Nr. 4 InvStG erfassen; sie soll nicht dazu dienen, bewusst und planmäßig dauerhaft unzulässige Vermögensgegenstände zu erwerben bzw. zu halten (Tz. 26.26). Damit weicht das BMF von der im dritten Investmentsteuererlass-Entwurf vom 15.06.2018 geäußerten Auffassung, dass die 10%-Schmutzgrenze auch aktiv ausgenutzt werden darf, ab.

Nachtrag: Dem Vernehmen nach hat das BMF zu diesem Punkt mittlerweile eine gewisse Kompromissbereitschaft signalisiert. Unter bestimmten Voraussetzungen soll demnach jedoch eine aktive Nutzung der 10%-Schmutzgrenze zulässig sein. Die weitere Entwicklung hierzu bleibt abzuwarten.

  • Wertpapierbegriff. Nach Auffassung des BMF im SpeFo-Erlass-Entwurf soll die Erwerbbarkeit von Vermögensgegenständen als Investmentanteil (§ 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG) lex specialis zu den anderen Erwerbstatbeständen des § 26 Nr. 4 InvStG sein und sogar eine negative Ausschlusswirkung entfalten (Tz. 26.19). Das hätte z.B. zur Folge, dass Anteile an Investmentfonds, die die Voraussetzungen des § 26 Nr. 4 Buchst. h) InvStG (sog. qualifizierter Investmentfonds) nicht erfüllen, auch nicht als Wertpapier (§ 26 Nr. 4 Buchst. a) InvStG) oder als Anteil an einer Immobilien-Gesellschaft (§ 26 Nr. 4 Buchst. f) InvStG) erworben werden können, selbst wenn sie die Voraussetzungen der beiden letztgenannten Vorschriften erfüllen. Im Ergebnis dürften damit insbesondere sämtliche Anteile an geschlossenen Fonds nicht mehr von Spezial-Investmentfonds erworben werden. Dieses Verständnis ist unseres Erachtens unzutreffend, da sich ein solches Konkurrenzverhältnis aus dem Gesetz nicht ergibt und auch investmentrechtlich nicht besteht. 

Nachtrag: Dem Vernehmen nach ist das BMF von dieser Sichtweise zwischenzeitlich wieder abgerückt. Die weitere Entwicklung hierzu bleibt abzuwarten.

Transparenzoption gem. § 30 InvStG 

Auch zur Anwendung der Transparenzoption enthält der SpeFo-Erlass-Entwurf praktisch bedeutsame Ausführungen:

  • Unwiderruflichkeit und zeitliche Aspekte. Die Transparenzoption kann jederzeit (erstmalig) ausgeübt werden und soll zeitlich unbeschränkt für sämtliche Geschäftsjahre beginnend mit der erstmaligen Ausübung gelten (Tz. 30.8, 30.10). Eine einmal ausgeübte Transparenzoption bindet den Spezial-Investmentfonds jedoch dauerhaft (Tz. 30.12), d.h. ein Wechsel zurück zur Besteuerung auf Fondsebene ist danach nicht mehr möglich. Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine vor Veröffentlichung des (finalen) Erlasses ausgeübte Transparenzoption vor dem Zufluss der ersten inländischen Beteiligungseinnahme im Jahr 2021 mit Wirkung ab dem Jahr 2021 widerrufen wird (Tz. 30.4). Nach wie vor unklar ist, zu welchem Zeitpunkt die Finanzverwaltung die Transparenzoption als ausgeübt sieht. Hier wäre eine Klarstellung wünschenswert. Unseres Erachtens sollte es auf den erstmaligen Zufluss von inländischen Beteiligungseinnahmen ankommen (und ein Widerruf bis dahin möglich sein). 

  • Einheitlichkeit der Ausübung; Verhältnis zur Immobilien-Transparenzoption. Die Transparenzoption ist nach dem SpeFo-Erlass-Entwurf einheitlich für alle inländischen Beteiligungseinnahmen und dem Steuerabzug unterliegenden sonstigen Einkünfte iSv. § 6 Abs. 5 InvStG auszuüben (Tz. 30.38). Eine gesonderte bzw. nur teilweise Ausübung nur für bestimmte Einkünfte, bestimmte Anleger oder unterschiedliche Anteilsklassen soll hingegen unwirksam sein (Tz. 30.5 f.). Ferner hat die Ausübung der Transparenzoption einheitlich gegenüber allen Entrichtungsverpflichteten zu erfolgen; eine Erklärung gegenüber einem Entrichtungsverpflichteten wirkt gegenüber allen (Tz. 30.11). Demgegenüber kann die Transparenzoption nach § 30 InvStG unabhängig von der Immobilien-Transparenzoption nach § 33 InvStG ausgeübt werden (Tz. 30.7).  

  • Anwendung von § 8b KStG und § 3 Nr. 40 EStG. Bei ausgeübter Transparenzoption findet auf Anlegerebene unter bestimmten Voraussetzungen § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG Anwendung (§ 30 Abs. 2 und 3 InvStG). Der SpeFo-Erlass-Entwurf geht – unseres Erachtens zu Unrecht – davon aus, dass die für Zwecke der Beteiligungsertragsbefreiung auf Dividenden erforderliche 10%-Beteiligungsschwelle (durchgerechnet) schon zu Beginn des Geschäftsjahres vorliegen muss; unmittelbar (d.h. „am Fonds vorbei“) gehaltene Beteiligungen sollen dabei nicht mitgerechnet werden (Tz. 30.22). 

  • Transparenzoption über mehrere Ebenen. Die Transparenzoption gem. § 30 InvStG ist über maximal zwei Ebenen möglich, d.h. sie kann von einem die inländischen Erträge vereinnahmenden Ziel-Spezial-Investmentfonds und einem an diesem beteiligten Dach-Spezial-Investmentfonds ausgeübt werden (§ 30 Abs. 4 InvStG). Für diese Fälle geht der SpeFo-Erlass-Entwurf davon aus, dass die Transparenzoption einheitlich gegenüber allen Ziel-Spezial-Investmentfonds bzw. deren Entrichtungsverpflichteten auszuüben ist – sie soll im Übrigen auch insoweit wirken, als der Dach-Spezial-Investmentfonds inländische Einnahmen aus direkt gehaltenen Beteiligungen erzielt (Tz. 30.29). Im dreistufigen Fall kann die Transparenzoption hingegen nicht ausgeübt werden, d.h. der Dach-Spezial-Investmentfonds (2. Ebene) vermittelt seinen Anlegern insoweit grundsätzlich Spezial-Investmenterträge. Das BMF weist im SpeFo-Erlass-Entwurf jedoch zutreffend darauf hin, dass dieser Dach-Spezial-Investmentfonds 2. Ebene die Transparenzoption ausüben kann, soweit er (i) inländische Einnahmen aus direkt gehaltenen Beteiligungen erzielt oder (ii) er an einem anderen Ziel-Spezial-Investmentfonds beteiligt ist, der die Transparenzoption ausübt (Tz. 30.35). 

Ausschüttungsgleiche Erträge

  • Thesaurierungsprivileg. Der SpeFo-Erlass-Entwurf geht davon aus, dass mittelbar über gewerbliche Personengesellschaften erzielte Veräußerungsgewinne iSv. §§ 15, 16 EStG sowie Veräußerungsgewinne aus wesentlichen Kapitalbeteiligungen iSv. § 17 EStG ausschüttungsgleiche sonstige Erträge darstellen und nicht zu den steuerfrei thesaurierbaren Kapitalerträgen iSv. § 36 Abs. 2 InvStG zählen (Tz. 36.35). Das widerspricht unseres Erachtens dem Regelungswortlaut, der Gesetzessystematik und schließlich auch dem Regelungszweck (der Gesetzgeber wollte entsprechende Veräußerungsgewinne gerade dem Thesaurierungsprivileg unterwerfen). Vielmehr sollten Veräußerungsgewinne unabhängig davon, ob sie über gewerbliche Personengesellschaften erzielt werden oder solche iSd. § 17 EStG darstellen, dem Thesaurierungsprivileg unterfallen. Es ist zu hoffen, dass der SpeFo-Erlass-Entwurf an dieser Stelle nachgebessert wird.

  • Doppeltes Transparenzprinzip. Der SpeFo-Erlass-Entwurf erkennt erfreulicherweise auch für das seit 01.01.2018 geltende InvStG das sog. doppelte Transparenzprinzip an, d.h. auch in mehrstufigen Strukturen behalten die von einem Ziel-Spezial-Investmentfonds erzielten Erträge und Aufwendungen ihren steuerlichen Charakter. Dies ist z.B. dann relevant, wenn Veräußerungsgewinne iSv. § 8b Abs. 2, 3 KStG oder nach einem DBA steuerfreie Immobiliengewinne mittelbar über mehrere hintereinandergeschaltete Spezial-Investmentfonds erzielt werden (Tz. 36.7).

Steuerbefreiung von Beteiligungserträgen und inländischen Immobilieneinkünften auf Anlegerebene (§ 42 InvStG)

  • Steuerbefreiung bei mehrstufigen Strukturen. Ausgeschüttete und ausschüttungsgleiche inländische Beteiligungseinnahmen bzw. Dividendenerträge sind auf Anlegerebene gem. § 42 Abs. 4 und 5 InvStG teilweise oder sogar steuerfrei, wenn diese auf Ebene des Spezial-Investmentfonds bereits besteuert wurden. In der Praxis war bislang unklar, ob diese Steuerbefreiung auch in mehrstufigen Strukturen (d.h. die Beteiligung an dem Ziel-Spezial-Investmentfonds wird über einen Dach-Spezial-Investmentfonds gehalten) Anwendung findet. Der SpeFo-Erlass-Entwurf schließt sich hier erfreulicherweise der schon in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung an und will die vorgenannten Steuerbefreiungen über den Wortlaut hinaus auch in solchen mehrstufigen Fällen anwenden (Tz. 42.18, 42.23).

Statuswechsel (§ 52 InvStG)

  • Auswirkungen auf Fondsebene. Erfüllt ein Spezial-Investmentfonds nicht mehr die Voraussetzungen des § 26 InvStG und qualifiziert dieser deshalb als (regulärer) Investmentfonds iSv. Kapitel 2 des InvStG, führt dies zur fiktiven Auflösung und gleichzeitigen Neuauflage des Investmentfonds (§ 52 Abs. 1 InvStG). Umstritten ist bislang, ob und welche Rechtsfolgen dies auf Fondsebene zeitigt. Nach Auffassung des BMF soll die fiktive Auflösung zu einer fiktiven Veräußerung aller Vermögensgegenstände durch den Fonds  führen (Tz. 52.2), d.h. es fällt auf Fondsebene grundsätzlich Körperschaftsteuer auf einen Veräußerungsgewinn insbesondere aus inländischen Immobilien an – behält der Fonds auf der Fondsausgangsseite Kapitalertragsteuer ein (§ 33 Abs. 1 InvStG), seien die Erträge als ausschüttungsgleiche Erträge auf Anlegerebene steuerpflichtig und minderten den fiktiven Veräußerungsgewinn auf Anlegerebene (dazu gleich) (Tz. 52.13). In der Praxis führt die Auffassung im SpeFo-Erlass-Entwurf regelmäßig zu einer für den Steuerpflichtigen günstigeren Besteuerung (keine bzw. geringere Steuerbelastung auf Fondsebene bei ausgeübter Transparenzoption im Zeitpunkt des Statuswechsels bzw. aufgestockte Anschaffungskosten nach dem Statuswechsel). 

  • Auswirkungen auf Anlegerebene. Auf Anlegerebene führt der Statuswechsel zu einer fiktiven Veräußerung der Spezial-Investmentanteile (§ 52 Abs. 2 InvStG). Bis 31. Dezember 2019 fand noch die Stundungsregelung des § 52 Abs. 2 Satz 4 InvStG a.F. Anwendung, wonach die auf einen Veräußerungsgewinn festgesetzte Steuer bis zur tatsächlichen Veräußerung der Spezial-Investmentanteile als zinslos gestundet galt. Diese Regelung wurde mit dem JStG 2019 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 abgeschafft. Nach der Übergangsregelung des § 57 Satz 2 InvStG bleiben jedoch bis einschließlich 31. Dezember 2019 „gewährte“ Stundungen unberührt. Der SpeFo-Erlass-Entwurf geht davon aus, dass unter diese Bestandsschutzregelung nur solche Statuswechsel fallen, bei denen die Steuer bis einschließlich 31. Dezember 2019 festgesetzt worden ist (Tz. 52.15). In der Praxis wären damit Statuswechsel, die seit 1. Januar 2018 (Inkrafttreten des neuen InvStG) erfolgt sind, in den meisten Fällen nicht geschützt, da diese Fälle regelmäßig noch nicht veranlagt sein dürften. Unseres Erachtens ist diese Auffassung abzulehnen. Bei der Frage der „Gewährung“ der Stundung kommt es unseres Erachtens auf den Zeitpunkt des Statuswechsels und nicht der Steuerfestsetzung an.

Fazit

Mit dem SpeFo-Erlass-Entwurf hat das BMF den ersten umfassenden Entwurf eines Schreibens zur Besteuerung von Spezial-Investmentfonds veröffentlicht. Die Ausführungen nehmen teilweise schon veröffentlichte Schreiben zu Einzelfragen auf, betreffen aber auch bislang nicht kommentierte Regelungen. Das bringt – zumindest in mancher Hinsicht – die lang erwartete Rechtssicherheit und ist deshalb zu begrüßen. Inhaltlich überzeugen die Ausführungen nur teilweise: Zwar ist es erfreulich, dass das BMF z.B. die Steuerbefreiungen gem. § 42 Abs. 4 und 5 InvStG auch in mehrstufigen Strukturen anwenden möchte und das doppelte Transparenzprinzip auch für die neue Rechtslage explizit bestätigt. Unverständlich sind jedoch insbesondere die restriktiven Ausführungen zum Thesaurierungsprivileg bei Veräußerungsgewinnen sowie zur Bestandsschutzregelung bei Statuswechseln bis 31. Dezember 2019. Gleiches gilt für die Inanspruchnahme der 10%-Schmutzgrenze sowie die Auffassung, dass innerhalb des Katalogs erwerbbarer Vermögensgegenstände gem. § 26 Nr. 4 InvStG ein Spezialitätsgrundsatz gelten soll – hiervon ist das BMF dem Vernehmen nach aber erfreulicherweise bereits wieder abgerückt.

Zum SpeFo-Erlass-Entwurf hat Dr. Elmar Bindl gemeinsam mit Franz Schober im Betriebs-Berater 2020, S. 599 ff., ausführlich Stellung genommen. Den Beitrag im Volltext finden Sie hier.