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Feststellung von Defiziten bei der Geldwäsche-Bekämpfung durch den Europarat

27.01.2022

Vergangene Woche veröffentlichte der Europarat einen Monitoringbericht über die Umsetzung der Verpflichtung aus Art. 10 des Übereinkommens des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus vom 16. Mai 2005 (1680a53db0 (coe.int)) in den verschiedenen Vertragsstaaten („Monitoringbericht“).

Nach Art. 10 des Europarats Übereinkommen Nr. 198 (SEV 198 - Übereinkommen des Europarats über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und über die Finanzierung des Terrorismus (coe.int)) („Übereinkommen“) sind die Vertragsstaaten verpflichtet, die Verantwortlichkeit juristischer Personen sicherzustellen, wenn durch deren Organe oder leitende Mitarbeiter oder zu deren Gunsten Geldwäschehandlungen begangen wurden. Nach dem Ergebnis des Monitoringberichts haben zwar 35 der 36 Vertragsstaaten Regelungen über die Verantwortlichkeit juristischer Personen erlassen, allerdings nur 17 Staaten die Verpflichtung aus Art. 10 des Übereinkommens vollständig erfüllt. Zu den Staaten, bei denen keine vollständige Umsetzung stattgefunden hat, gehört auch Deutschland.

Das deutsche Recht erlaubt zwar nicht die Bestrafung juristischer Personen, allerdings können gemäß § 30 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) Geldbußen gegen juristische Personen und Personengesellschaften verhängt werden, wenn Organe oder Beschäftigte bzw. Aufsichtspersonen in Leitungsfunktion Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen haben. Zudem sieht § 130 OWiG die Ahndbarkeit von Mitgliedern der Leitungsorgane juristischer Personen und Geschäftsführern von Personengesellschaften vor, wenn diese es unterlassen haben, durch gehörige Organisation und Aufsicht die Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten durch Unternehmensangehörige oder zu Gunsten des Unternehmens zu verhindern oder wesentlich zu erschweren.

Der Europarat hat jedoch Zweifel, ob diese Vorschriften geeignet sind, die Vorgaben von Art. 10 des Übereinkommens vollständig zu erfüllen. Besonders bemängelt wird in dem Monitoringbericht, dass die Ahndung juristischer Personen und Personengesellschaften im Ermessen der Strafverfolgungsbehörden steht und Vorgaben zum Ermessensgebrauch fehlen. Dieses Defizits bei der Anwendung von § 30 OWiG hatte auch der Gesetzgeber bereits vor längerer Zeit erkannt. In dem in der vergangenen Legislaturperiode nicht umgesetzten Entwurf des Verbandssanktionengesetzes war daher die Einführung des Legalitätsprinzips und damit ein Ermittlungszwang vorgesehen.

Unternehmen der Kredit-, Finanz- und Versicherungswirtschaft sowie bestimmte Nicht-Finanzunternehmen haben umfassende Geldwäsche-Compliance-Systeme vorzuhalten. Aber auch Güterhändler unterliegen in Deutschland – anders als in anderen EU-Mitgliedstaaten – geldwäscherechtlichen Pflichten. Um diese einhalten zu können, ist zumindest ein „reduziertes“ Geldwäsche-Compliance-System erforderlich. Dies auch dann, wenn Güterhändler ein Verbot von Annahme oder Tätigung von Barzahlungen von EUR 10.000,00 oder mehr implementiert haben. Erkennen Geschäftsleiter, dass ein erforderliches Geldwäsche Compliance System fehlt oder Mängel aufweist und bleiben sie entweder untätig oder unternehmen keine hinreichenden Schritte zur Beseitigung der Mängel, begründet dies nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main den Vorwurf vorsätzlichen Verhaltens und kann damit nicht nur die Verhängung einer Unternehmensgeldbuße rechtfertigen, sondern kann auch zu einer zivilrechtlichen Haftung der Geschäftsleiter führen. Unternehmen sind daher gut beraten, die Eignung ihrer Geldwäsche Compliance Systeme regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf nach zu justieren.

Ob darüber hinaus künftig Unternehmen auch dadurch zur Beachtung der Anforderungen zur Geldwäsche Compliance angehalten werden, dass das Legalitätsprinzip für Rechtsbrüche in der Geldwäscheprävention eingeführt wird, die Unternehmen zuzurechnen sind, wird weiter zu beobachten sein. Jedenfalls ist die Annahme nicht fernliegend, dass der Monitoringbericht von den Befürwortern des Verbandssanktionengesetzes als Beleg für die Notwendigkeit der Verschärfung des Sanktionsrechts für Unternehmen angeführt werden wird.  

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