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Änderungen der KonzVgV und VSVgV – Entwurf eines Gesetzes zur Beschleu­nigung der Vergabe öffentlicher Aufträge – Noerr Insight No 4

21.08.2025

Der Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge („Vergabebeschleunigungsgesetz“) soll ein wesentlicher Schritt sein, um staatliche Beschaffungsprozesse an die aktuellen Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen. Im Rahmen einer Newsbeitragsreihe werden die wichtigsten Aspekte des Gesetzentwurfs sowie die geplanten Änderungen des Vergaberechts ausführlich erläutert.

Im ersten Teil dieser Reihe wurden die politischen Hintergründe und die übergeordneten Ziele des Vergabebeschleunigungsgesetzes skizziert sowie ein Überblick über die wesentlichen Änderungen beim vergaberechtlichen Rechtsschutz gegeben. Bereits dort wurde deutlich, dass die geplante Reform tief in bestehende Strukturen eingreift, mit dem Ziel, die öffentliche Beschaffung effizienter, digitaler und innovationsfreundlicher zu gestalten.

Der zweite Teil der Beitragsreihe hat die geplanten Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen („GWB“) hinsichtlich der Gestaltung der Vergabeverfahren beleuchtet. Aus diesen ergaben sich weitreichende Flexibilisierungen und Maßnahmen, um das Ziel zu erreichen, die öffentliche Beschaffung effizienter, digitaler und innovationsfreundlicher zu gestalten.

Mit dem dritten Teil der Beitragsreihe haben wir die beabsichtigten Neuerungen der Vergabeverordnung („VgV“) dargestellt, welche insbesondere der Förderung junger Unternehmen und des Mittelstandes, der Stärkung der Innovation sowie der Beschleunigung der Vergabeverfahren dienen.

Der nunmehrige vierte Beitrag dieser Reihe erörtert die künftigen Änderungen der Konzessionsvergabeverordnung („KonzVgV“) (hierzu unter Buchstabe A.) sowie der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit („VSVgV“) (hierzu unter Buchstabe B.) und gibt einen Ausblick auf das weitere Verfahren sowie die Potentiale der Neuerungen für Wirtschaftsteilnehmer und öffentliche Auftraggeber (hierzu unter Buchstabe C.).

A. Änderungen der KonzVgV

Die Änderungen der KonzVgV beziehen sich insbesondere auf eine Reduktion der Dokumentationspflichten (hierzu unter Ziffer I.), die Unterstützung von jungen Unternehmen sowie KMU (hierzu unter Ziffer II.) und die Stärkung des Grundsatzes der Eigenerklärung (hierzu unter Ziffer III.)

I. Reduktion der Dokumentationspflichten

Im Bereich des Konzessionsvergaberechts sieht der Referentenentwurf insbesondere eine signifikante Reduktion der Dokumentationspflichten gemäß § 6 KonzVgV vor. Eine Konkretisierung der Dokumentationsinhalte – wie sie der bisherige § 6 Abs.  2 KonzVgV vorsieht – soll entfallen. Stattdessen soll der geplante § 6 Abs. 1 Satz 2 KonzVgV eine Pflicht zur Erstellung eines zusammenhängenden Vergabevermerks vorsehen.

Nach der Gesetzesbegründung sollen zu Gunsten der Vereinfachung Dokumentationspflichten gegenüber denen in § 8 VgV weitreichender normierten Pflichten herabgesenkt werden, da auch insbesondere die Konzessionsvergaberichtlinie 2014/23/EU keine Mindestvorgaben zur Dokumentation der Vergabeverfahren enthalte (vgl. Begründung, Seite 99). Während sich für die öffentlichen Auftraggeber hierdurch Erleichterungen im Rahmen der Dokumentation der Vergabeverfahren ergeben, stellt die Reduktion der Dokumentationspflichten für die Wirtschaftsteilnehmer eine graduelle Reduktion ihres Schutzes dar. So kommt die Dokumentation eine entscheidende Rolle in Nachprüfungsverfahren zu und sichert eine transparente und überprüfbare Vergabe, da im Rahmen der Akteneinsicht nach § 165 Abs. 1 GWB auch Einsicht in die Dokumentationen zu gewähren ist.

II. Unterstützung junger Unternehmen und KMU

§ 25 Abs. 2 KonzVgV, der die Anforderungen an die Auswahl geeigneter Unternehmen regelt, soll ergänzt werden, nach welchem bei der Auswahl der Eignungskriterien und Eignungsnachweise die besonderen Umstände von jungen sowie von kleinen und mittleren Unternehmen angemessen zu berücksichtigen sind, wobei eine Begründung nicht erforderlich ist.

Die Änderungen in § 25 Abs. 2 KonzVgV korrespondieren dabei mit dem geplanten § 42 Abs. 2 VgV (hierzu bereits unter Buchstabe A. unseres Noerr Insights vom 13.08.2025). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die besonderen Umstände von jungen Unternehmen und KMU, welche jene potentiell bei Vergabeverfahren benachteiligen können, von den öffentlichen Auftraggebern bei der Auswahl der Eignungskriterien und Eignungsnachweise berücksichtigt werden, wodurch Nachteile und bürokratische Hürden für diese Unternehmen abgebaut werden sowie deren Teilnahmemöglichkeiten an öffentlichen Aufträgen erhöht und dadurch der Wettbewerb in Vergabeverfahren gestärkt werden soll (vgl. Begründung, Seite 91 und 99).

III. Stärkung von Eigenerklärungen

Die geplante Neufassung des § 26 Abs. 1 KonzVgV soll klarstellen, dass der Grundsatz der Eigenerklärung gemäß § 122 GWB auch für die Vergabe von Konzessionen gilt. Mit dem neu vorgesehenen § 26 Abs. 4 KonzVgV soll darüber hinaus der durch das Vergabebeschleunigungsgesetz neu geplante § 45 Abs. 4 VgV in die KonzVgV überführt werden. Demnach kann ein Bewerber oder Bieter, der aus einem berechtigten Grund die geforderten Unterlagen nicht beibringen kann, seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit durch Vorlage anderer, vom öffentlichen Auftraggeber als geeignet angesehener Unterlagen belegen, wobei ein berechtigter Grund insbesondere auch in den Fällen vorliegen kann, in denen es sich bei dem Bewerber oder Bieter um ein junges Unternehmen handelt.

Ziel ist es, Unternehmen, die ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit nicht mit den vom Konzessionsgeber geforderten Unterlagen nachweisen können, die Möglichkeit zu geben, alternative Nachweise einzureichen (vgl. Begründung, Seite 100).

B. Änderung der VSVgV

Der Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes sieht zudem verschiedene Änderungen der VSVgV vor, mit denen insbesondere Regelungen aus dem GWB, der VgV sowie aus dem Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz („BwBBG“) – hierzu bereits unser Noerr Insight vom 25.07.2025 – in die VSVgV überführt bzw. an diese angeglichen werden sollen und zugleich die Grundsätze des Vergabeverfahrens neu gefasst werden.

I. Anwendung der VSVgV für Planungsleistungen als Los eines Bauauftrages

Werden im Rahmen einer gemeinsamen Losvergabe Planungsleistungen als Teil eines Bauauftrags vergeben, unterliegt ihre Vergabe nach bisheriger Rechtslage der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen. Die Neufassung des § 2 Abs. 2 VSVgV soll dazu führen, dass künftig Planungsleistungen, die als eigenständiges Los eines Bauauftrages vergeben werden, nach den Regelungen der VSVgV auszuschreiben sind.

II. Überführung von Vorgaben aus dem BwBBG

In dem geplanten § 9 VSVgV sollen die im BwBBG vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen dauerhaft in die VSVgV übernommen werden. So sollen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 VSVgV Auftraggeber von Bietern verlangen können, in ihrem Angebot keine Unterauftragnehmer vorzusehen, die in einem Staat außerhalb der Europäischen Union ansässig sind, der nicht die notwendige Gewähr für die Wahrung der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland bietet. Kongruent hierzu können nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 Satz 3 VgV Auftraggeber dem Auftragnehmer vorgeben, keine Unterauftragnehmer zu beauftragen, die in einem Staat außerhalb der Europäischen Union ansässig sind, der nicht die notwendige Gewähr für die Wahrung der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland bietet.

III. Grundsätze des Vergabeverfahrens

Die umfangreichsten Änderungen der VSVgV sind für die Grundsätze des Vergabeverfahrens in § 10 VSVgV vorgesehen. Der bisherige § 10 Abs. 1 VSVgV soll gestrichen werden, da die geplante Neufassung von § 97 Abs. 4 GWB die bisherige Regelung zur Berücksichtigung mittelständischer Interessen obsolet gemacht habe.

Angelehnt an § 28 Abs. 2 VgV soll der neue § 10 Abs. 3 Satz 2 VSVgV klarstellen, dass öffentliche Auftraggeber auch im Bereich verteidigungs- und sicherheitsspezifischer Aufträge Markterkundungen zur Vorbereitung von Vergabeverfahren durchführen dürfen. Eine entsprechende Pflicht – wie sie etwa § 3 Abs. 7 BwBBG für bestimmte Bedarfe vorsieht – besteht jedoch ausdrücklich nicht. Mit dem geplanten § 10 Abs. 5 VSVgV erfolgt eine Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG. Öffentliche Auftraggeber dürfen sich demnach zentraler Beschaffungsstellen bedienen oder selbst als solche tätig werden. Satz 2 enthält eine Vermutungsregelung: Wenn die zentrale Beschaffungsstelle die vergaberechtlichen Vorgaben einhält, wird vermutet, dass auch der Auftraggeber diese Anforderungen erfüllt. Satz 3 stellt klar, dass dies auch gilt, wenn die zentrale Beschaffungsstelle kein öffentlicher Auftraggeber ist oder nicht deutschem Vergaberecht unterliegt. In diesen Fällen müssen jedoch die einschlägigen Vorgaben der EU-Richtlinie beachtet und wirksame Rechtsbehelfe verfügbar sein.

IV. Angabe des Zeitpunktes der Vorlage von Eignungsnachweisen und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen

Wie auch schon für die VgV im geplanten § 48 Abs. 1 VgV beabsichtigt (hierzu unser Noerr Insight vom 13.08.2025 unter Buchstabe C.), müssen öffentliche Auftraggeber künftig auch im Bereich von Vergaben im Anwendungsbereich der VSVgV in der Bekanntmachung oder im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb in den Vergabeunterlagen angeben, wann und welche Unterlagen vorgelegt werden müssen, um die Einung und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nachzuweisen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass für die Bewerber oder Bieter eindeutig erkennbar ist, welche Unterlagen sie zu welchem Zeitpunkt einzureichen haben. Auch die später nur von den aussichtsreichen Bewerbern oder Bietern einzureichenden Unterlagen müssen folglich aus der Bekanntmachung eindeutig erkennbar sein, damit jedes interessierte Unternehmen sich soweit erforderlich auf die spätere Anforderung einrichten und vorbereiten kann (vgl. Begründung, Seite 94 und 102).

V. Nachforderung von Unterlagen

Durch die Neufassung von § 22 Abs. 7 VSVgV soll die Nachforderung von Unterlagen an den Wortlaut des mit dem Vergabebeschleunigungsgesetzes geplanten § 56 Abs. 2 VgV angepasst werden. Demnach kann der Auftraggeber den Bewerber oder Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, unvollständige oder fehlerhafte Erklärungen oder Unterlagen zum Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen zu ergänzen, zu erläutern, zu vervollständigen oder zu korrigieren. Die bisherige Regelung des § 22 Abs. 6 Satz 2 VSVgV, nach welchem der Bewerber oder Bieter auszuschließen ist, falls die Nachweise und sonstigen Unterlagen nicht innerhalb der vom Auftraggeber bestimmten Nachfrist vorgelegt werden, wurde im neuen § 22 Abs. 7 VSVgV nicht übernommen.

Auch der neugefasste § 31 Abs. 2 VSVgV soll künftig die Möglichkeit der Nachforderung von Unterlagen eröffnen. Der Auftraggeber kann sodann nach § 31 Abs. 2 VSVgV Bewerber oder Bieter, unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung, auffordern, im Angebot fehlende Unterlagen zu übermitteln oder unvollständige oder fehlerhafte Unterlagen zu ergänzen, zu erläutern, zu vervollständigen oder zu korrigieren. Nach der Gesetzesbegründung, die ausdrücklich einen Bezug zum neugefassten § 22 Abs. 7 VSVgV herstellt, soll hierdurch verhindert werden, dass Unternehmen angesichts formeller Fehler bei der Angebotsabgabe aus dem Vergabeverfahren ausscheiden müssen und deshalb zu wenige Bieter für einen effektiven Wettbewerb verbleiben (vgl. Begründung, Seite 103).

Die bereits in unserem Noerr Insight vom 13.08.2025 unter Buchstabe D. dargestellte Problematik hinsichtlich der Erstreckung der Ausschlusstatbestände auf eine unterlassene Erläuterung stellt sich auch hier. Der VSVgV ist ein Erläuterungsverlangen nach § 48 Abs. 7 VgV, welches gerade für vorgelegte und nicht für unvollständige oder fehlende Unterlagen gilt, bisher fremd. Nach dem künftigen § 31 Abs. 3 Nr. 1 VSVgV werden Angebote ausgeschlossen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Gesetzgeber an dieser Stelle eine Überarbeitung und Klarstellung des Gesetzentwurfs vornimmt.

VI. Flexibilisierung der Nachweise

Der neue § 26 Abs. 2 VSVgV eröffnet dem Auftraggeber für den Fall, dass Bewerber oder Bieter aus einem berechtigten Grund die geforderten Nachweise zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit nicht beibringen können, die Möglichkeit, die Vorlage jedes anderen geeigneten Nachweises zulassen. Ein berechtigter Grund kann insbesondere auch in solchen Fällen vorliegen, in denen es sich bei dem Bewerber oder Bieter um ein junges Unternehmen handelt. Hierbei handelt es sich – insbesondere zu Gunsten junger Unternehmen – um einen Gleichlauf zu den geplanten Änderungen in § 26 Abs. 4 KonzVgV (hierzu bereits unter Buchstabe A, Ziffer III.) sowie § 45 Abs. 4 VgV (hierzu unter Buchstabe A. unseres Noerr Insight vom 13.08.2025).

C. Ausblick und Fazit

Die geplanten Neuerungen von KonzVgV und VSVgV bringen insbesondere für öffentliche Auftraggeber weitreichendere Möglichkeiten zur Flexibilisierung und Vereinfachung der Vergabeverfahren und dienen insgesamt der weiteren Vereinheitlichung der verschiedenen Vergaberechtsregimes. Für interessierte Unternehmen sind im Konzessionsvergabebereich die Einschränkung der Dokumentationspflichten kritisch zu bewerten, da hierdurch die Transparenz und Gleichbehandlung – insbesondere im Hinblick auf den vergaberechtlichen Rechtsschutz – negativ betroffen werden können. So dient die Dokumentation gerade dazu, auch für die Unternehmen – über die Akteneinsicht nach § 165 Abs. 1 GWB – in transparenter Weise nachzuvollziehen, dass das Vergabeverfahren vergaberechtskonform durchgeführt wird sowie im Fall von Verstößen gegen subjektive Rechte i.S.d. § 97 Abs. 6 GWB diese auch durch die Vergabeakte nachweisen zu können.

Sowohl die Änderungen der KonzVgV als auch die der VSVgV forcieren die Förderung junger und innovativer Unternehmen sowie KMU. Gerade hierdurch können „Newcomer“ und innovative Start-Ups weiter in den Blick der öffentlichen Auftraggeber rücken und – flankierend durch die in beiden Verordnungen vorgesehen Erleichterungen – verstärkt zum Zuge kommen.

Abzuwarten bliebt im parlamentarischen Verfahren auch hinsichtlich der VSVgV weiterhin, ob der Gesetzgeber im Hinblick auf die Differenzierung hinsichtlich der Erläuterung von Unterlagen nach den geplanten § 22 Abs. 7 und § 31 Abs. 2 VSVgV im Hinblick auf den Ausschlussgrund im neugefassten § 31 Abs. 3 Nr. 1 VSVgV, eine rechtssichere Nachjustierung vornimmt und dort die Abgrenzung konsequent – insbesondere, da der VSVgV kein Erläuterungsbegehren wie in § 48 Abs. 7 VgV bekannt ist – fortführt.

Im fünften Teil dieser Beitragsreihe werden die im Vergabebeschleunigungsgesetz vorgesehenen Änderungen in der Sektorenverordnung näher analysiert.

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