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EEG-Umlage: Amnestie­regelung für Selbst­verbrauch aus Kraftwerks­scheiben

14.03.2017

Rechtsunsicherheit beseitigen und Unternehmen bzw. Letztverbraucher entlasten, die vor Inkrafttreten des EEG 2014 zum 01.08.2014 davon ausgingen, sich mit Strom aus einer eigenen Kraftwerksscheibe EEG-umlagefrei selbst versorgen zu können – dies bezweckt eine neue Übergangsregelung im EEG 2017, die den Charakter einer Amnestieregelung hat.

Ausgangskonstellation

Der Gesetzgeber definiert den Begriff der Kraftwerksscheibe in der Gesetzesbegründung als „anteilig genutzte Erzeugungskapazität an einer Stromerzeugungsanlage“. Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Kraftwerksgesellschaft eines realen Kraftwerkes bestimmte Leistungsscheiben Dritten (sog. Scheibenpächtern) zur Nutzung überlässt. Dabei kann der Einfluss des Scheibenpächters auf die Stromerzeugung höchst unterschiedlich ausgestaltet sein.

 

 

Zumindest nach heutiger Rechtslage ist die Kraftwerksgesellschaft Lieferant der Scheibenpächter und hat hierfür die Lieferanten-EEG-Umlage nach § 60 Abs. 1 EEG 2017 an den Übertragungsnetzbetreiber zu entrichten. Da diese rechtliche Einordung vor Inkrafttreten des EEG 2014 nicht so eindeutig war, sollen Kraftwerksgesellschaften und Scheibenpächter für ältere Sachverhalte eine Art Amnestie erhalten, um sie vor Ansprüchen des Übertragungsnetzbetreibers zu schützen, die sie vor Inkrafttreten des EEG 2014 nicht erwartet hatten. Dieser Bestandsschutz wird teilweise sogar in die Zukunft fortgeschrieben.

Wer kann von der Regelung profitieren?

Mit der Änderung des EEG zum 01.01.2017 können Kraftwerksgesellschaften den an ihre Scheibenpächter auf der Grundlage von Scheibenpachten aus der Zeit vor dem 01.08.2014 gelieferten Strom unter bestimmten Voraussetzungen für die Vergangenheit und die Zukunft von der EEG-Umlage bzw. der früheren physikalischen Wälzung von Grünstrom befreien. Dies wird durch eine neu eingeführte gesetzliche Fiktion in § 104 Abs. 4 EEG 2017 bewirkt. Mittelbar profitieren hiervon auch die Scheibenpächter, da die Kraftwerksgesellschaft regelmäßig die Möglichkeit hat, EEG-Kosten aus der Lieferung auf diese weiterzuwälzen.

Voraussetzungen für die Amnestie für die Zeit vor dem 01.08.2014

Für Scheibenpächter, die vor dem 01.08.2014 eine Kraftwerksscheibe an einer Stromerzeugungsanlage zur Selbstversorgung gehalten haben, gilt die Kraftwerksscheibe für die Bestimmung der EEG-Umlage als eine eigenständige Stromerzeugungsanlage.

Kann die Kraftwerksgesellschaft nachweisen, dass der Scheibenpächter in Bezug auf diese fiktiv eigenständige Stromerzeugungsanlage als Betreiber einzustufen ist und die Kraftwerksgesellschaft – diesen fiktiven Sachverhalt unterstellt – gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber nicht zur physikalischen Abnahme von Grünstrom (bis 2009) bzw. zur Zahlung von EEG-Umlage (seit 2010) verpflichtet war, kann sie die Erfüllung entsprechender realer Ansprüche des Übertragungsnetzbetreibers verweigern.

Von dieser Übergangsregelung können Kraftwerksgesellschaften, die Scheibenpächter beliefern, allerdings nur profitieren, wenn sie dem Übertragungsnetzbetreiber bis zum 31.05.2017 die nach § 74 Abs. 1 Satz 1 und § 74a Abs. 1 EEG 2017 erforderlichen Meldungen machen. Hierzu gehören insbesondere die sog. Basisangaben, die erforderlich sind, um nachvollziehen zu können, dass die Voraussetzungen der Amnestieregelung vorliegen, sowie die gelieferten Energiemengen.

Voraussetzungen für die Amnestie für die Zeit nach dem 01.08.2014

Für Strom, den die Kraftwerksgesellschaft ab dem 01.08.2014 an Scheibenpächter geliefert hat, kann die Umlagebefreiung auch nach dem 01.08.2014 fortbestehen. Im Wesentlichen müssen folgende weitere Voraussetzungen vorliegen:

  • Sowohl das Nutzungsrecht des Scheibenpächters an der Kraftwerksscheibe als auch das Eigenversorgungskonzept beim Scheibenpächter bestehen unverändert fort,
  • die Stromerzeugungsanlage wurde nicht erneuert, ersetzt oder erweitert und
  • es wäre nach den Bestandsschutzregelungen für Bestandsanlagen und ältere Bestandsanlagen gemäß § 61c oder 61d EEG 2017 keine EEG-Umlage zu zahlen, wenn der Scheibenpächter Betreiber der Stromerzeugungsanlage wäre.

Dieser Bestandsschutz entfällt bei Veräußerung der Kraftwerksscheibe. Jedoch ist ein Austausch einzelner Scheibenpächter für die übrigen Scheibenpächter mit Blick auf die Amnestieregelung unschädlich. Auch für den Bestandsschutz für die Zeit nach dem 01.08.2014 ist bis spätestens zum 31.05.2017 Mitteilung an den Übertragungsnetzbetreiber zu machen. Ferner sind künftig Meldungen gemäß § 74 und 74a EEG 2017 erforderlich, um die Privilegierung weiterhin nutzen zu können.

Fallstricke

Es muss im Einzelfall nachgewiesen werden, dass das Scheibenpachtmodell den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt. D.h., die Scheibenpacht muss sich auf ein reales Kraftwerk beziehen und der Scheibenpächter muss nach allgemeinen Kriterien als Betreiber der fiktiv eigenständigen Stromerzeugungsanlage gelten. Dies kann nur im Einzelfall anhand der konkreten vertraglichen Abreden und der realen Umstände bestimmt werden und könnte ggf. vom Übertragungsnetzbetreiber im Einzelfall anders bewertet werden.

Ferner gilt die Amnestieregelung nur, wenn der in der Kraftwerksscheibe erzeugte Strom auf Viertelstundenbasis zeitgleich vom Scheibenpächter verbraucht wurde. Die entsprechenden Messdaten sollten für die Nachweisführung gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber auch noch vorhanden sein.

Schließlich müssen sich die Kraftwerksgesellschaft sowie die Scheibenpächter ins Benehmen setzen, da die Kraftwerksgesellschaft die erforderlichen Meldungen vorzunehmen hat. Für diese Meldungen benötigt die Kraftwerksgesellschaft ggf. Informationen von den Scheibenpächtern. Ferner sollte die Kraftwerksgesellschaft sich rückversichern, da eine unabgestimmte Meldung vertragliche Nebenpflichten gegenüber den Scheibenpächtern verletzen könnte. Schließlich mag es zwischen der Kraftwerksgesellschaft und den Scheibenpächtern über die Nutzung der Amnestieregelung Auseinandersetzungen geben, wenn nicht alle Scheibenpächter von der Amnestieregelung profitieren können.

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