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Frist für Arglist­anfechtung des Versicherers

14.03.2016

Der BGH entschied im vorliegenden Rechtsstreit, dass die Fristenregelung in § 21 Abs. 3 VVG keinen Einfluss auf die für die Arglistanfechtung geltende Zehnjahresfrist des § 124 Abs. 3 BGB und die Rechtsfolgen ihrer Versäumnis hat. Die Parteien stritten über die Rückzahlung von Versicherungsprämien für eine Lebensversicherung. Im Februar 2002 verschwieg der Ehemann der Klägerin bei der Beantwortung der schriftlich gestellten Fragen der Beklagten nach gesundheitlichen Störungen seine zu dieser Zeit bereits vorgelegene Parkinson-Erkrankung. Nachdem der Ehemann der Klägerin im Januar 2012 Leistungsansprüche aus der Versicherung geltend gemacht hatte, focht der Versicherer im Juli 2012 den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Anfechtung an.

Das Berufungsgericht hielt die Anfechtungserklärung trotz der Nichteinhaltung der Zehnjahresfrist nach § 123 Abs. 3 BGB für wirksam. Die Vorschrift des § 21 Abs. 3 VVG stelle eine vom allgemeinen Recht abweichende, speziellere Regelung dar. Dort habe sich der Gesetzgeber nicht auf die Fünfjahresfrist beschränkt, wenn der Versicherungsfall bereits vor deren Ablauf eintrete. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 21 Abs. 3 VVG könne ebenso die Zehnjahresfrist nach Satz 2 dann entfallen, wenn der Versicherungsfall – wie vorliegend – vor Fristablauf eingetreten sei. Auf die Zehnjahresfrist des § 123 Abs. 3 VVG komme es demnach nicht an.

Dieser Auffassung erteilte der BGH eine Absage. Bereits der einleitende Gesetzeswortlaut des § 21 Abs. 3 VVG stelle klar, dass die Fristenregelung nur die Rechte des Versicherers nach § 19 Abs. 2 bis 4 VVG betreffe. Darüber hinaus bestimme § 22 VVG, dass das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, „unberührt“ bleibe. Dies ergebe sich auch aus der systematischen Stellung und der Entstehungsgeschichte des § 22 VVG. Denn das in § 123 BGB geregelte Anfechtungsrecht bleibe von sämtlichen dem § 22 VVG vorangestellten Vorschriften der §§ 19 bis 21 VVG „unberührt“. Ferner habe bereits § 22 VVG a.F. vorgesehen, dass das Recht zur Arglistanfechtung von den Vorschriften über die vorvertragliche Anzeigeobliegenheit des Versicherungsnehmers (§§ 16 bis 21 VVG a.F.) „unberührt“ bleiben sollte. Mit der Einführung des neuen VVG sei – abgesehen vom Wegfall der in § 22 VVG a.F. noch enthaltenen Beschränkung des Anfechtungsrechts auf Täuschungen über Gefahrumstände – keine weitergehende sachliche Änderung verbunden gewesen (BT-Drucks. 16/3945 S. 67).

Überdies hielt der BGH fest, dass unter Zugrundlegung des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 22 VVG kein Raum für eine auf § 21 Abs. 3 VVG gestützte einschränkende Auslegung des § 124 Abs. 3 BGB besteht. Es fehle insoweit an einer verdeckten Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, weshalb der Weg zu einer etwaigen Rechtsfortbildung des § 124 Abs. 3 BGB mittels teleologischer Reduktion versperrt sei.

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