Neufassung der Verordnung zu abschaltbaren Lasten (AbLaV)
Die Bundesregierung hat am 25.05.2016 die Neufassung der Verordnung zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) beschlossen.
Was sind abschaltbare Lasten?
Abschaltbare Lasten sind Anlagen zum Verbrauch von Strom (Verbrauchseinrichtungen),
- die auf Anforderung des Übertragungsnetzbetreibers zuverlässig um eine bestimmte Verbrauchsleistung reduziert werden können (sog. Abschaltleistung),
- bei denen die Stromabnahme aus einem Elektrizitätsversorgungsnetz erfolgt, das im Normalschaltzustand über nicht mehr als zwei Umspannungen mit der Höchstspannungsebene verbunden ist (u.a. Mittelspannungsebene) und
- die im physikalischen Wirkungsbereich eines Höchstspannungsknotens des deutschen Übertragungsnetzes liegen.
Das nach derzeitigem Recht bestehende Erfordernis eines Anschlusses an ein Netz mit einer Spannung von mindestens 110 kV (Hochspannung) entfällt somit künftig. Insbesondere können auch Unternehmen mit Mittelspannungsanschluss künftig abschaltbare Lasten anbieten. Bei Anschluss an ein Netz, das dem Übertragungsnetz nachgelagert ist, ist eine Abstimmung mit den betroffenen Netzbetreibern erforderlich.
Wer kann abschaltbare Lasten anbieten?
Anbieter von abschaltbaren Lasten können folgende sein:
- Jedes Unternehmen, das über abschaltbare Lasten verfügt,
- Unternehmen, die sich das Recht einräumen lassen, die abschaltbaren Lasten anderer Unternehmen zu vermarkten, oder
- ein eine Gruppe von Unternehmen (sog. Konsortium bzw. Pool).
Beispiele sind etwa Aluminiumwerke mit Elektrolyseprozessen, Stahlwerke mit Elektrolichtbogen-Öfen, Papiermühlen mit Holzschleifern, Chemieunternehmen mit Chlorelektrolyse oder Zementwerke mit Zementmühlen. Über die Möglichkeit des Poolings (Konsortium) können aber auch weniger stromintensive Verbrauchseinheiten, die ausreichend flexibel steuerbar sind, abschaltbare Lasten anbieten.
Erforderlich ist zunächst die Teilnahme an einem Vorverfahren und der Abschluss eines Rahmenvertrages mit einem Übertragungsnetzbetreiber (sog. Präqualifikation).
Ferner muss der Anbieter sich in einer Ausschreibung durchsetzen. Angeboten werden können dabei nicht alle abschaltbaren Lasten werden, sondern nur schnell und sofort abschaltbare Lasten:
- schnell abschaltbare Lasten sind abschaltbare Lasten, deren Abschaltleistung nachweisbar innerhalb von maximal 15 Minuten ferngesteuert durch den Übertragungsnetzbetreiber herbeigeführt werden kann und
- sofort abschaltbare Lasten sind abschaltbare Lasten, deren Abschaltleistung nachweisbar unverzögert ferngesteuert durch den Übertragungsnetzbetreiber sowie automatisch frequenzgesteuert bei Unterschreiten einer vorgegebenen Netzfrequenz herbeigeführt werden kann.
Die Verordnung stellt zudem weitere technische Anforderungen an die Verfügbarkeit der abschaltbaren Lasten sowie deren Wiederverfügbarkeit nach Abruf auf.
Bilanziell wird der Abruf von abschaltbaren Lasten durch eine entsprechende Fahrplanlieferung des Anbieters der abschaltbaren Last an den Übertragungsnetzbetreibers abgebildet. Insofern bedarf es regelmäßig auch einer Abstimmung mit dem Lieferanten bzw. Bilanzkreisverantwortlichen.
Welche Erlöspotentiale gibt es?
In der Ausschreibung erfolgreiche Anbieter erhalten für die Vorhaltung der angebotenen abschaltbaren Lasten den von ihnen angebotenen Leistungspreis (pay-as-bid-Verfahren), maximal jedoch 500 EUR/MW. Bei Abruf erhält der Anbieter den von ihm angebotenen Arbeitspreis, maximal jedoch 400 EUR/MWh. Der Verordnungsgeber schätzt die Vergütung für abschaltbare Lasten auf deutlich unter EUR 160 Mio. pro Jahr. Eine Obergrenze sieht die Verordnung jedoch nicht vor.
Trotz der Pflicht zur Vorhaltung und Verfügbarkeit der vom Übertragungsnetzbetreiber kontrahierten abschaltbaren Lasten ist der Anbieter der abschaltbaren Lasten berechtigt, diese unter bestimmten Bedingungen am vortägigen Spotmarkt oder an Märkten für positive Regelleistung oder Primärregelleistung zu vermarkten und so zusätzliche Erlöse zu erwirtschaften.
Aufgrund der in der Verordnung vorgesehenen Transparenzpflichten, werden sich die Marktakteure einen Überblick über die Anzahl der präqualifizierten Anbieter, die Ergebnisse der Ausschreibungen sowie die erfolgten Abrufe machen können.
Negative Auswirkungen auf individuelle Netzentgelte bei intensiver Netznutzung haben Abrufe von abschaltbaren Lasten nicht, da diese Effekte bei der Berechnung der Vollbenutzungsstunden gemäß §19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV herausgerechnet werden können.
Wann tritt die neue AbLaV in Kraft?
Die Verordnung über abschaltbare Lasten in ihrer bisherigen Form läuft zum 01.07.2016 ab. Ab diesem Stichtag soll die neugefasste Verordnung in Kraft treten. Voraussetzung für das Inkrafttreten ist jedoch eine vorherige Genehmigung der neuen AbLaV nach Beihilfenrecht durch die Europäische Kommission.
Download des Verordnungstextes
Sie können den Kabinettsentwurf der Verordnung zu abschaltbaren Lasten hier herunterladen. Bestens
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