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Patent­prozesse: Anträge des General­anwalts weichen Orange-Book-Positionen auf

11.12.2014

Seit 2013 streiten die beiden chinesischen Mobilfunkunternehmen Huawei und ZTE vor dem Landgericht Düsseldorf über eine Verletzung eines standardessentiellen Patents (SEP) im Bereich LTE (Az. C 170/13). SEPs schützen Technologien, die für alle Hersteller von Handys, Tablett-Computern und Mobilfunk-Netzwerken relevant sind und spielen seit 2011 in den weltweiten Patentstreitigkeiten der Mobilfunkbranche eine zentrale Rolle.

Nach den durch den BGH 2009 in der Entscheidung „Orange Book“ definierten Prinzipien, ist grundsätzlich der Lizenzsucher, bzw. potentielle Verletzer gehalten, dem SEP-Inhaber ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu machen und sich gleichzeitig bereits im Vorfeld so zu verhalten, als sei dieser Vertrag zustande gekommen. ZTE hatte in dem vorliegenden Fall jedoch lediglich seine Bereitschaft zur Teilnahme an Lizenzverhandlungen signalisiert, Huwei jedoch kein konkretes Lizenzangebot gemacht.

EuGH hat über Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu entscheiden

Durch die Kommissionsentscheidungen in Sachen Samsung und Motorola, die eine deutliche Abkehr von den durch den BGH entwickelten Grundsätzen darstellen, da sie eine grundsätzliche Bereitschaft des Verletzers zur Lizenznahme genügen lassen, sah sich das LG Düsseldorf Anfang 2013 zur Vorlage gegenüber dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) veranlasst. Der EuGH hat insbesondere die Fragen zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Patentverletzungsklage des Inhabers eines SEP gegen einen Hersteller von Erzeugnissen, die diesen Standard benutzen, einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt, wenn sich einerseits der Inhaber zur Erteilung von Lizenzen zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen, die generell auf Englisch als FRAND (Fair, Reasonable and Non-Discriminatory terms) bezeichnet werden, verpflichtet und andererseits der potentielle Verletzer seine Bereitschaft zu Lizenzverhandlungen erklärt hat.

Der Generalanwalt vertritt in seinen Schlussanträgen nun die Ansicht, dass ein SEP-Inhaber verpflichtet werden kann, vor der Erhebung einer Unterlassungsklage, einem potentiellen Verletzer zunächst ein Lizenzangebot zu machen. Allein aus dem Besitz eines SEP ergäbe sich allerdings nicht zwangsläufig eine marktbeherrschende Stellung.

Anträge des Generalanwalts nicht frei von wirtschaftlichen Konsequenzen

Sollte der EuGH den Anträgen des Generalanwalts folgen und eine Verpflichtung des Patentinhabers zur Unterbreitung von Lizenzangeboten an potentielle Verletzer als Voraussetzung dafür ansehen, dass eine Unterlassungsklage nicht als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung betrachtet wird, verkehrt dies nicht nur die ständige Rechtsprechung in Deutschland ins Gegenteil, sondern kann weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen haben. Die Möglichkeiten des SEP-Inhabers einen Unterlassungstitel zu erstreiten, wären signifikant beschränkt. Dem Risiko langer und kostspieliger Prozesse stünde eine Aussicht auf vergleichsweise nachteilige Lizenzvereinbarungen mit durch Dritte bestimmten, niedrigen Lizenzgebühren gegenüber. Da der SEP-Inhaber letztlich an einer effizienten Durchsetzung seines Schutzrechts gehindert wäre, müsste mit einem starken Rückgang der Teilnahme an Standardisierungs-Organisationen (SSOs) gerechnet werden.

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