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Reform des Urhebervertragsrechts

21.12.2016

Am 15.12.2016 hat der Bundestag den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf für ein „Gesetz zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung und zur Regelung von Fragen der Verlegerbeteiligung“ angenommen. Einen Tag später passierte der Gesetzesentwurf auch den Bundesrat. Mit diesem Gesetz sollen Defizite bei der Durchsetzung der angemessenen Vergütung der Urheber, die nach Ansicht der Bundesregierung auf eine gestörte Vertragsparität zurückzuführen sind, abgemildert bzw. beseitigt werden.

Angemessene Vergütung des Urhebers

Nach § 32 Abs. 1 UrhG hat jeder Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung als Gegenleistung für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Nutzung seines Werkes. Dabei fingiert § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG unwiderleglich, dass die in gemeinsamen Vergütungsregeln festgelegte Vergütung angemessen ist. Vergütungsregeln werden nach § 36 Abs. 1 UrhG durch Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern gemeinsam aufgestellt. Fehlen derartige Vergütungsregeln, galt nach § 32 Abs. 2 Satz 2 bisher, dass eine Vergütung des Urhebers angemessen ist, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was üblicher- und redlicherweise nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung zu zahlen wäre. Nach Inkrafttreten der beschlossenen Änderungen wird im Gesetzestext ausdrücklich betont, dass auch Häufigkeit und Ausmaß der Nutzung bei der Ermittlung der angemessenen Vergütung berücksichtigt werden müssen, um dem Urheber auch an der wiederholten Werknutzung partizipieren zu lassen.

Neu eingeführt wird ein Auskunftsanspruch des Urhebers gegen seinen Vertragspartner in § 32d Abs. 1 UrhG, wenn diesem ein Nutzungsrecht entgeltlich eingeräumt oder übertragen wurde. Zwar ist nach geltendem Recht anerkannt, dass der Urheber einen Auskunftsanspruch haben kann, soweit er in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines vertraglichen Anspruchs über die Höhe der Beteiligung am Absatzerfolg des Werkes im Unklaren ist und der Verwerter hierüber unschwer Aufklärung bieten kann. Hat der Urheber für die Nutzung seiner Werke jedoch ein Pauschalhonorar vereinbart, ist ihm der Verwerter zunächst keine Rechenschaft darüber schuldig, in welchem Umfang er das Werk nutzt. § 32d Abs. 1 UrhG gibt dem Urheber nun auch einen Auskunftsanspruch in diesen Konstellationen, sofern der Urheber nicht nur einen nachrangigen Beitrag zum Werk geleistet hat oder die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist. Um den Urheber auch bei der weiteren Verwertung seines Werkes in einer Lizenzkette zu schützen, ermöglicht der neu beschlossene § 32e UrhG einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft gegenüber denjenigen, denen der Vertragspartner des Urhebers das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt hat.

Gemeinsame Vergütungsregeln

Ein besonderer Schwerpunkt des von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetzes liegt auf den Regelungen zu gemeinsamen Vergütungsregeln nach § 36 UrhG, deren Vereinbarung der Gesetzgeber durch ein „normatives Anreizsystem“ fördern möchte, indem z.B. vom Auskunftsanspruch nach § 32d Abs. 1 UrhG zum Nachteil des Urhebers nur im Rahmen gemeinsamer Vergütungsregeln abgewichen werden kann. Zudem wird das Verfahren, mit dem gemeinsame Vergütungsregeln aufgestellt werden, beschleunigt und präzisiert. So gilt künftig eine Vereinigung, die einen wesentlichen Teil der jeweiligen Urheber oder Werknutzer vertritt, nach § 36 Abs. 2 UrhG automatisch zur Vereinbarung gemeinsamer Vergütungsregeln als ermächtigt, es sei denn, die Mitglieder der Vereinigung fassen einen entgegenstehenden Beschluss.

Zur Durchsetzung der gemeinsamen Vergütungsregeln schafft der neue § 36b Abs. 1 UrhG eine Art Verbandsklagerecht, mit dem die Vereinigungen von Urhebern oder Werknutzern, die die gemeinsamen Vergütungsregeln aufgestellt haben, denjenigen auf Unterlassung in Anspruch nehmen können, der in einem Vertrag mit einem Urheber eine zum Nachteil des Urhebers von gemeinsamen Vergütungsregeln abweichende Bestimmung verwendet. Voraussetzung ist dabei, dass der Vertragspartner des Urhebers die gemeinsamen Vergütungsregeln als Werknutzer selbst aufgestellt hat oder Mitglied der Vereinigung ist, die die gemeinsamen Vergütungsregeln aufgestellt hat. Zudem kann sich der Vertragspartner in diesem Fall nach dem neu beschlossenen § 36c Satz 1 UrhG gegenüber dem Urheber nicht auf eine Bestimmung berufen, die zum Nachteil des Urhebers von den gemeinsamen Vergütungsregeln abweicht, vielmehr kann der Urheber eine entsprechende Anpassung des Vertrages verlangen.

Rückrufsrecht des Urhebers bei langjährigen ausschließlichen Lizenzen

Nach der Neuregelung des § 40a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist der Urheber berechtigt, das Werk nach Ablauf von 10 Jahren anderweitig zu verwerten, wenn er seinem Vertragspartner ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen eine pauschale Vergütung eingeräumt hat. Nimmt der Urheber dieses Recht wahr, besteht das Nutzungsrecht des ersten Inhabers für die verbleibende Zeit der vereinbarten Nutzung als einfaches Nutzungsrecht fort, sofern eine Nutzungsrechtseinräumung von über 10 Jahren vorgesehen war. Allerdings können die Vertragsparteien bereits nach fünf Jahren die Ausschließlichkeit auf die gesamte Dauer der Nutzungsrechtseinräumung erstrecken. § 40a Abs. 1 UrhG n.F. reagiert auf die in der Praxis übliche Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten für die gesamte Schutzdauer des Urheberrechts gegen eine einmalige Zahlung („Total Buy-Out“). Durch § 40a Abs. 1 UrhG n.F. gewinnen die Kreativen deutlich an Flexibilität, da sie über die Verwertung nach 10 Jahren neu entscheiden können. Auf der anderen Seite besteht auch für den Verwerter Planungssicherheit, da er auch ab dem 11. Jahr – wenn auch nicht mehr exklusiv – zur Verwertung berechtigt bleibt. Entsprechendes gilt auch für den Unterlizenznehmer des ersten Vertragspartners, soweit ihm ein Recht eingeräumt oder übertragen ist. Damit ist zugleich sichergestellt, dass dem Markt und der Öffentlichkeit die kreative Leistung nicht entzogen wird, wenn gleich die Interessen der Werkverwerter erheblich beeinträchtigt werden.

Das Recht zur anderweitigen Verwertung des neuen § 40a UrhG gilt gemäß § 90 Abs. 2 UrhG je-doch nicht für die dem Filmhersteller eingeräumten Verfilmungsrechte nach § 88 UrhG und Rechte am Filmwerk nach § 89 Abs. 1 UrhG. Zudem ist künftig nach § 90 Abs. 1 Satz 3 UrhG der vertragliche Ausschluss des Rückrufsrechts des Urhebers wegen Nichtausübung dieser Rechte nach § 41 UrhG bis zum Beginn der Dreharbeiten im Voraus von bis zu fünf Jahren möglich.

Vergütung des ausübenden Künstlers für später bekannte Nutzungsarten

Nach dem neu eingefügten § 79b Abs. 1 UrhG hat der ausübende Künstler einen Anspruch auf gesonderte angemessene Vergütung, wenn der Vertragspartner eine neue Art der Nutzung seiner Darbietung aufnimmt, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart, aber noch unbekannt war. Der ausübende Künstler kann diese Ansprüche unmittelbar geltend machen, eine im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens diskutierte Verwertungsgesellschaftenpflicht wurde nicht in das Gesetz aufgenommen. Die Regelung orientiert sich an den bereits bestehenden §§ 32c und 78 Abs. 3 UrhG. Hat der Vertragspartner des ausübenden Künstlers das Nutzungsrecht einem Dritten übertragen, haftet der Dritte und nicht der Vertragspartner nach § 79b Abs. 2 UrhG mit der Aufnahme der neuen Art der Nutzung für die zusätzliche Vergütung. Diese Regelung nimmt den Gedanken der §§ 32a Abs. 2, 32c Abs. 2 UrhG auf, wonach nur derjenige haften soll, der die neue Art der Nutzung aufnimmt.

Verlegerbeteiligung durch Verwertungsgesellschaften

Für die Verwertungsgesellschaften GEMA und VG WORT ist die Neuregelung zu Fragen der Verlegerbeteiligung von großer Bedeutung, weil sie der bisherigen Praxis, die von den obersten deutschen und europäischen Gerichten angegriffen und für unwirksam erklärt wurde, wieder zur Geltung verschaffen will. Daher tritt dieser Teil des Gesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft und erlaubt bei entsprechender Abtretungserklärung auch künftig eine Beteiligung der Wort- und Musikverleger an den Vergütungsansprüchen, die die Verwertungsgesellschaften wahrnehmen.

Fazit

Die von Bundestag und Bundessrat beschlossenen Änderungen stärken das Recht des Urhebers auf eine angemessene Vergütung, während für die Vertragspartner des Urhebers mit erheblich mehr Verwaltungsaufwand angesichts drohender Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche der Urheber zurechnen ist und Total-Buy-Out-Verträge mit dem Risiko eines Rückrufs des ausschließlichen Nutzungsrechts belastet und somit die wirtschaftlichen Interessen an einer langjährigen exklusiven Nutzung des Werkes erheblich beeinträchtigt werden, wenn im Falle eines Rückrufs lediglich ein nicht-exklusives Nutzungsrecht verbleibt. Die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens von Verwerterseite geäußerten Bedenken konnten auch in der Schlussberatung keinen Eingang ins Gesetz finden, sodass die künftige Anwendung des Gesetzes zeigen muss, ob es wirklich zu einer Stärkung der Rechte der Urheber oder nur zu einem weiteren erheblichen bürokratischen Aufwand führt. Ob die vom Gesetzgeber beabsichtigte Förderung gemeinsamer Vergütungsregeln aufgrund der für die Verwerter urheberrechtlich geschützter Werke nachteiligen Bestimmungen, von denen nur durch gemeinsame Vergütungsregeln abgewichen werden kann, in der Praxis ihr Ziel erreicht, bleibt abzuwarten, da der Gesetzgeber den Urhebervereinigungen damit gleichzeitig eine starke Verhandlungsposition gegenüber den Werknutzern an die Hand gibt. Das Gesetz tritt, abgesehen von den Fragen zur Verlegerbeteiligung, am ersten Tag des dritten Monats, der auf die Verkündung des Gesetzes folgt in Kraft.

 

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