News

Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) veröffentlicht

05.03.2021

Das vergangene Jahr der Restrukturierungs- und Insolvenzrechtspraxis war bestimmt von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie. Das Thema präventiver Restrukturierungsrahmen und die Frage, wie die diesbezüglichen europarechtlichen Vorgaben (Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20. Juni 2019, wir berichteten) in deutsches Recht umgesetzt werden, traten vorübergehend in den Hintergrund. Gleiches galt für die in der Sache bereits abgeschlossene, aber noch nicht mit einer entsprechenden Gesetzesänderung beantwortete Evaluation des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7. Dezember 2011 (ESUG).

Mit dem Ziel, zum einen diese beiden Vorhaben abzudecken und zum anderen dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die durch die Covid-19-Pandemie bedingte Sondersituation weitere Anpassungen des Sanierungs- und Insolvenzrechts erforderlich macht, veröffentlichte das BMJV am 19. September 2020 den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (wir berichteten). Bereits am 9. November 2020 veröffentlichte daraufhin die Bundesregierung einen auf dem Referentenentwurf aufbauenden Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts. Am 17. Dezember 2020 hat der Bundestag schließlich den Gesetzentwurf der Bundesregierung in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung angenommen (SanInsFoG). Das SanInsFoG wurde am 29. Dezember 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. 2020, Teil I, S. 3256). Kern des SanInsFoG ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG).

Das SanInsFoG tritt ganz überwiegend bereits zum 1. Januar 2021 in Kraft. Ausgenommen hiervon sind insbesondere die Regelungen zu öffentlichen Restrukturierungssachen. Die entsprechenden Vorschriften (§§ 84 ff. StaRUG) treten erst am 17. Juli 2022 in Kraft. Mit Inkrafttreten der überwiegenden Teile des SanInsFoG und mithin des StaRUG zum 1. Januar 2021 soll sichergestellt werden, dass insbesondere die von der Covid-19-Pandemie betroffenen Unternehmen, die (rechnerisch) überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind, von den im Gesetz vorgesehenen Erleichterungen profitieren und von der Möglichkeit einer außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindenden Restrukturierung Gebrauch machen können. Mit Ablauf des Jahres 2020 unterliegen überschuldete Unternehmen im Grundsatz wieder der Insolvenzantragspflicht, da die temporäre Aussetzung der Antragspflicht wegen Überschuldung, die über den 30. September 2020 hinaus verlängert worden war (wir berichteten), zum Jahresende ausläuft. Eine Ausnahme gilt nach der am 19. Februar 2021 verkündeten Änderung des COVInsAG bis zum 30. April 2021 unter bestimmten Umständen für überschuldete oder zahlungsunfähige Unternehmen, die zwischen dem 1. November 2020 und dem 28. Februar 2021 Hilfen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der Covid-19-Pandemie beantragt haben oder denen es unmöglich war, den Antrag in dem Zeitfenster zu stellen.

I. Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen

Mit Hilfe des StaRUG soll die Grundlage für die Durch- und Umsetzung von Sanierungen gegen den Widerstand von Minderheiten unter Vermeidung eines Insolvenzverfahrens geschaffen werden. Die Möglichkeit, in die Rechte von Gläubigern außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens im Wege eines Mehrheitsbeschlusses einzugreifen, kennt das deutsche Recht bisher nur im Fall von Schuldverschreibungen, die in den Anwendungsbereich des Schuldverschreibungsgesetzes vom 31. Juli 2009 fallen. Mit dem Restrukturierungsrahmen wird der Werkzeugkasten der Restrukturierer um ein lang ersehntes Instrument erweitert, das die Lücke schließt zwischen der außergerichtlichen Sanierung, die Einstimmigkeit voraussetzt, und der Sanierung per Mehrheitsentscheidung im Insolvenzplanverfahren, das mit den Kosten und klassischen Nachteilen eines Insolvenzverfahrens untrennbar verbunden ist: Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird mit dem Restrukturierungsrahmen die Möglichkeit eröffnet, die Sanierung aufgrund eines mehrheitlich von den betroffenen Gläubigern bestätigten Plans außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu erreichen und auf diese Weise die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens von vornherein zu vermeiden. Neben Unternehmen erhalten auch unternehmerisch tätige natürliche Personen Zugriff auf den Restrukturierungsrahmen (§ 30 Abs. 1 StaRUG).

Die wesentlichen Eckpunkte des Restrukturierungsrahmens lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Partielle Involvierung des Gerichts: Sowohl den Entwurf des Restrukturierungsplans, die Verhandlungen mit den Gläubigern als auch die Planabstimmung kann das Unternehmen im Grundsatz in Eigenregie betreiben. Die Einschaltung des Gerichts ist nur erforderlich, wenn und soweit das Unternehmen von einer der vom Gesetz bereitgestellten Verfahrenshilfen Gebrauch machen bzw. einen Eingriff in Gläubigerrechte gegen den Widerstand einer Minderheit erreichen möchte. Dies ist immer schon dann der Fall, wenn einem nur mehrheitlich, aber nicht einstimmig angenommenen Plan zur Wirkung verholfen werden soll. Gerichtliche Entscheidungen werden nur den vom Plan bzw. der jeweiligen Gerichtsentscheidung Betroffenen bekannt gemacht, es sei denn, das Unternehmen entscheidet sich für das öffentliche Planverfahren. Nur im Fall des öffentlichen Verfahrens ist eine erleichterte Anerkennung der Wirkungen des Planverfahrens in anderen EU-Mitgliedsstaaten auf Basis der EuInsVO geplant.

  • Für Unternehmen im frühen Krisenstadium: Zugang zum Restrukturierungsrahmen und den Verfahrenshilfen haben Unternehmen, die lediglich drohend zahlungsunfähig (§ 18 InsO) sind. Das SanInsFoG konkretisiert die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 Abs. 2 InsO n.F., indem es den Prognosezeitraum auf „in aller Regel“ 24 Monate festlegt. Zugleich grenzt das SanInsFoG die drohende Zahlungsunfähigkeit schärfer von der Überschuldung nach § 19 InsO ab, indem der Prognosezeitraum bei der Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 InsO n.F. auf 12 Monate bestimmt wird. Ein temporär verkürzter Prognosehorizont von vier Monaten gilt bis Ende des Jahres 2021 für Unternehmen, deren Überschuldung auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist (§ 4 COVInsAG n.F.). Die Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung wird von drei Wochen auf sechs Wochen verlängert (§ 15a Abs. 1 S. 2 InsO n.F.).

  • Einbeziehung aller Gläubiger und Anteilseigner möglich: Der Restrukturierungsrahmen wird nicht auf Finanzgläubiger beschränkt, sondern kann sich auf alle Arten von Forderungen und Sicherungsrechten erstrecken. Ausgenommen sind lediglich Arbeitnehmerforderungen einschließlich Ansprüche auf betriebliche Altersvorsorge sowie Forderungen aufgrund vorsätzlicher unerlaubter Handlungen und staatliche Sanktionsforderungen. Das Unternehmen hat die Reichweite unter Zugrundelegung sachlicher Kriterien zu bestimmen. Der Plan kann auch in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte an dem schuldnerischen Unternehmen eingreifen (z.B. Debt-To-Equity-Swap, Übertragung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten). Zudem kann der Plan – gegen angemessene Entschädigung – in gruppeninterne Drittsicherheiten, gestellt von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) des Schuldners, z.B. Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen, eingreifen.

  • Mehrheitserfordernisse: Die Planbetroffenen stimmen über den Plan in Gruppen ab, wobei in jeder Gruppe eine qualifizierte Summenmehrheit von 75 % für den Plan stimmen muss. Sofern Gruppen diese Mehrheitserfordernisse nicht erfüllen, gilt die Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen als erteilt. Das StaRUG basiert auf dem Ansatz einer absoluten Prioritätsregel, d.h. es darf weder ein planbetroffener Gläubiger, der außerhalb des Plans nachrangig wäre, noch der Schuldner oder ein Anteilsinhaber einen Wert erhalten. Von diesem Grundsatz der absoluten Priorität kann dann abgewichen werden, wenn der von der Abweichung Begünstigte seinen Vorteil durch Leistung an das Unternehmen vollumfänglich ausgleicht. Die absolute Priorität wird ferner zu Gunsten des Schuldners bzw. der Anteilsinhaber in zwei weiteren Fällen durchbrochen: Zum einen, wenn die Mitwirkung des Schuldners bzw. des Anteilsinhabers infolge besonderer, in seiner Person liegender Umstände für die Fortführung des Unternehmens unerlässlich ist und er die Mitwirkung für fünf Jahre oder für eine kürzere, für den Planvollzug vorgesehene Frist zugesagt hat. Zum anderen, wenn ein lediglich geringfügiger Eingriff in Gläubigerrechte erfolgt (etwa weil Forderungen im Plan nicht gekürzt sondern maximal bis zu 18 Monate gestundet werden). Außerdem dürfen unter gleichrangigen Gläubigern nicht einzelne Gläubiger besser gestellt werden. Ausnahmen hiervon sind aber zulässig, sofern dies nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist.

  • Vertragsgestaltung: Die Forderungen der planbetroffenen Gläubiger können nicht nur gekürzt und gestundet werden, sondern es besteht auch die Möglichkeit gestalterisch in die sonstigen Vertragsbestimmungen einzugreifen und auf diese Weise insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen Konditionen zu schaffen, die nach Abschluss des Restrukturierungsvorhabens von dem Unternehmen erfüllt werden können. Dies gilt bei Dauerschuldverhältnissen allerdings nur insoweit, als die Forderungen bereits begründet sind und die Gegenleistung vom Vertragspartner erbracht worden ist. Eine Verpflichtung zur fortgesetzten Leistungserbringung in der Zukunft zu günstigeren Konditionen lässt sich im Plan nicht begründen. Die ursprünglich angedachte – und von vielen Seiten kritisierte – Regelung, wonach das Gericht auf Antrag laufende Verträge beenden kann, hat keinen Eingang in das vom Bundestag beschlossene Gesetz gefunden.

  • Moratorium: Flankierende Maßnahme zwecks Stabilisierung des Unternehmens kann eine gerichtlich angeordnete Vollstreckungs- und Verwertungssperre (sog. Stabilisierungsanordnung) mit einer Laufzeit von bis zu drei bzw. für Planbetroffene vier und bei Planannahme bis zu acht Monaten sein. Die Wirkung kann sich auf bestimmte oder alle Gläubiger mit Ausnahme der vom Plan generell ausgenommenen Gläubiger erstrecken.

  • Neue Finanzierungen: Neue Finanzierungen, die nach Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache gewährt werden, sind haftungs- und anfechtungsrechtlich insoweit privilegiert, als die Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens allein nicht haftungs- bzw. vorsatzbegründend wirkt. Dies gilt für die im Plan vorgesehenen neuen Finanzierungen ebenso wie für Zwischen- und Brückenfinanzierungen. Bei in einem rechtskräftigen Plan vorgesehenen neuen Finanzierungen geht die anfechtungsrechtliche Privilegierung aber darüber hinaus. Denn jegliche Maßnahmen, die in Vollzug des Plans erfolgen, unterliegen grundsätzlich nicht der Insolvenzanfechtung. In der Sache sind vor allem Sicherheitenbestellungen von der Anfechtung ausgenommen, nicht hingegen spätere Darlehensrückzahlungen. Von vornherein ausgenommen von der Privilegierung sind Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen sowie deren Besicherung. Das StaRUG macht keinen Gebrauch von der Möglichkeit, neuen Finanzierungen in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren eine Vorrangstellung gegenüber allen anderen Gläubigern zu verschaffen. Möglich ist allerdings, dass im Restrukturierungsplan eine Vorrangigkeit neuer Finanzierungen im Verhältnis zu den bestehenden Gläubigern geregelt wird.

  • Restrukturierungsbeauftragter: Die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten liegt in einer Vielzahl von Fällen im Ermessen des Gerichtes, so etwa wenn eine umfassende Vollstreckungs- und Verwertungssperre erwirkt werden soll. Eine zwingende Bestellung ergibt sich nur dann, wenn zu erwarten ist, dass eine oder mehrere der Gruppen nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustimmen werden, so dass es auf das Vorliegen der Voraussetzung einer gruppenübergreifenden Mehrheitsentscheidung ankommen wird. Eine Rückausnahme greift, wenn nur Unternehmen des Finanzsektors vom Plan betroffen sind.

  • Gläubigerbeirat: Sofern der Restrukturierungsplan die Gestaltung der Forderungen aller Gläubiger (mit Ausnahme der vom Plan generell ausgenommenen Gläubiger) vorsieht und wenn die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge aufweist, kann das Gericht einen Gläubigerbeirat bestellen. Dieser unterstützt und überwacht die Geschäftsführung durch den Schuldner und kann unter bestimmten Voraussetzungen den Restrukturierungsbeauftragen vorschlagen, wobei das Restrukturierungsgericht von diesem Vorschlag grundsätzlich nicht abweichen darf. Im Gläubigerbeirat können auch nicht-planbetroffene Gläubiger (z.B. Arbeitnehmer) vertreten sein und somit Einfluss auf die Restrukturierungssache nehmen.

  • Öffentlichkeit einer Restrukturierungssache: Mit Inkrafttreten der §§ 84 ff. StaRUG zum 17. Juli 2022 wird es dem Schuldner möglich sein, eine öffentliche Restrukturierungssache zu betreiben mit der Folge, dass die einzelnen Verfahrensschritte öffentlich bekannt gemacht werden. Entscheidet der Schuldner sich nicht ausdrücklich für die Öffentlichkeit, besteht nur eine Parteiöffentlichkeit. Die Öffentlichkeit hat insbesondere zur Folge, dass die Restrukturierungssache und in Anspruch genommene Instrumente des StaRUG erleichtert gemäß EuInsVO in anderen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt werden. Ob und inwieweit eine Anerkennung auch bei einer nicht öffentlich gemachten Restrukturierungssache in Betracht kommt, wird hingegen im Einzelfall näher zu prüfen sein.

Einige während des Gesetzgebungsverfahrens zum Teil kontrovers diskutierte Punkte betreffend das StaRUG haben keinen Eingang in das vom Bundestag beschlossene Gesetz gefunden. Dies betrifft insbesondere:

  • Persönliche Haftung der Geschäftsleiter bei drohender Zahlungsunfähigkeit: Die Vorschriften, wonach die Geschäftsleiter ab Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht mehr die Interessen der Gesellschafter sondern die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren haben – und bei Verstoß hiergegen eine persönliche Haftung – vorsahen, wurden aus dem StaRUG gestrichen.

  • Möglichkeit der Vertragsbeendigung: Ebenfalls gestrichen wurde die Möglichkeit der Beendigung von gegenseitigen noch nicht vollständig erfüllten Verträgen (insbesondere Dauerschuldverhältnissen) durch das Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners.

Zum StaRUG im Einzelnen:

1. Überblick zum Restrukturierungsrahmen und zur Rolle des Gerichts

Die Initiative für einen Restrukturierungsplan muss vom schuldnerischen Unternehmen ausgehen (§ 17 Abs. 1 StaRUG). Das heißt, die Ausarbeitung des Plans anhand der detaillierten Vorgaben des Gesetzes (vgl. §§ 5-15 StaRUG und Anhang zum StaRUG) liegt beim Unternehmen. Grundsätzlich soll das Unternehmen auch die Verhandlungen zu dem Plan mit seinen Gläubigern selbst führen und den Plan selbst zur Abstimmung bringen können. Eine Restrukturierung auf Basis des vom Unternehmen angebotenen Plans kommt zustande, wenn (i) sämtliche Planbetroffenen zustimmen oder (ii) die erforderlichen Mehrheiten zustimmen und der Plan anschließend gerichtlich bestätigt wird (vgl. § 18 StaRUG).

Die Einschaltung des zuständigen Restrukturierungsgerichts ist grundsätzlich nur erforderlich, wenn es im Rahmen des Restrukturierungsvorhabens zu einem Eingriff in die Rechte von Planbetroffenen (wie z.B. bei der Planbestätigung zu Lasten einer überstimmten Minderheit) oder Dritten (wie z.B. bei Vollstreckungs- und Verwertungssperren) kommen oder ein Restrukturierungsbeauftragter bzw. ein Sanierungsmoderator bestellt werden soll.

2. Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens im Überblick

Zu den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens, die als Verfahrenshilfen zur nachhaltigen Bewältigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit in Anspruch genommen werden können, zählen (§ 29 Abs. 1 und 2 StaRUG):

  • Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens (gerichtliche Planabstimmung);

  • gerichtliche Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich sind (Vorprüfung);

  • gerichtliche Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren (Stabilisierung); und

  • gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans (Planbestätigung).

Voraussetzung für die Inanspruchnahme eines dieser Instrumente ist die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim zuständigen Restrukturierungsgericht seitens des Unternehmens und zwar unter Beifügung der erforderlichen Dokumentation, die insbesondere einen Restrukturierungsplanentwurf oder zumindest ein Restrukturierungskonzept umfasst (§ 31 Abs. 1 und 2 StaRUG). Mit der Anzeige wird die Restrukturierungssache rechtshängig. Für das Unternehmen hat dies zur Folge, dass es Zugang zu den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens erhält, sofern die hierfür jeweils geltenden weiteren Anforderungen erfüllt sind. Dieser Zugang besteht so lange fort, wie die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache andauert, was bis zu höchstens sechs – bzw. bei erneuter Anzeige bis zu zwölf – Monaten der Fall sein kann (§ 31 Abs. 4 StaRUG).

3. Verhältnis zu den Insolvenzantragsgründen

Sowohl die gerichtliche Planbestätigung eines nicht von allen Planbetroffenen angenommenen Plans (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG) als auch die gerichtliche Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG) kommen von vornherein nur in Betracht, wenn sich das Unternehmen in einer Situation der drohenden Zahlungsunfähigkeit befindet. Die Begründung zum StaRUG geht davon aus, dass bereits in diesem frühen Stadium die vollständige Befriedigung der Gläubigeransprüche gefährdet ist. Darin liege daher der sachliche Grund, um einen Eingriff in die Rechte der Gläubiger zu rechtfertigen.

Drohende Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Uneinheitlich wurde seit jeher die Frage nach der Dauer des Prognosehorizonts beantwortet. Außerdem ergaben sich Überschneidungen beim Prognosezeitraum für die Bestimmung der drohenden Zahlungsunfähigkeit einerseits und der positiven Fortbestehensprognose für die Feststellung einer Überschuldung nach § 19 InsO andererseits. Das SanInsFoG bringt mehr Klarheit und sieht vor, dass für die Bestimmung der drohenden Zahlungsunfähigkeit in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen ist (§ 18 Abs. 2 Satz 2 InsO n.F.). Zugleich werden im SanInsFoG die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung stärker voneinander abgegrenzt. Zwar wird auch weiterhin eine drohende Zahlungsunfähigkeit im Rahmen der für die Überschuldungsprüfung vorzunehmenden Fortführungsprognose zu berücksichtigen sein. Allerdings soll sich der Prognosezeitraum bei der Überschuldung nur noch auf einen Zeitraum von 12 Monaten erstrecken (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO n.F.). Ein temporär verkürzter Prognosehorizont von vier Monaten gilt bis Ende des Jahres 2021 für Unternehmen, deren Überschuldung auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist (§ 4 COVInsAG n.F.). Zusätzlich wird die Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung von drei Wochen auf sechs Wochen verlängert, um ausreichend Zeit für die Vorbereitung eines Restrukturierungsvorhabens im Rahmen des neuen StaRUG zu verschaffen.

Zahlungsunfähigen oder überschuldeten Unternehmen im Sinne der §§ 17, 19 InsO stehen die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens im Grundsatz nicht zur Verfügung. Tritt die Insolvenzreife in diesem Sinne aber erst ein, nachdem bereits eines der Instrumente in Anspruch genommen worden ist, hat dies nicht zwingend das Scheitern des Restrukturierungsvorhabens zur Folge. Denn das Restrukturierungsgericht kann im Interesse der Gläubigergesamtheit von einer Aufhebung der Restrukturierungssache absehen. Dies gilt insbesondere, wenn die Insolvenzreife aus der Kündigung oder sonstigen Fälligstellung einer Forderung resultiert, die nach dem angezeigten Restrukturierungskonzept einer Gestaltung durch den Plan unterworfen werden soll, vorausgesetzt, dass die Erreichung des Restrukturierungsziels überwiegend wahrscheinlich ist (§ 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG). Solange die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache andauert, ruht konsequenterweise auch die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO. Stattdessen ist das Unternehmen bei Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zur unverzüglichen Anzeige gegenüber dem Restrukturierungsgericht verpflichtet (§ 32 Abs. 3 und § 42 StaRUG), um das Gericht in die Lage zu versetzen über eine vorzeitige Aufhebung der Restrukturierungssache zu entscheiden.

4. Sachliche und persönliche Reichweite des Restrukturierungsplans

Die Auswahl der von dem Restrukturierungsplan betroffenen Gläubiger (die Planbetroffenen) liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Unternehmens und hat nach sachgerechten Kriterien zu erfolgen. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs, etwa auf Finanzgläubiger, findet nicht statt. Vielmehr können grundsätzlich sämtliche gegen das Unternehmen gerichteten und bereits begründeten Forderungen ebenso wie Absonderungsrechte an Gegenständen des Unternehmens im Restrukturierungsplan umgestaltet werden (§ 2 StaRUG). Anders als im Insolvenzplanverfahren, das grds. nur Forderungskürzungen und -stundungen erlaubt (vgl. § 224 InsO), ist es bei mehrseitigen Rechtsverhältnissen zwischen dem Unternehmen und mehreren Gläubigern (wie z.B. Konsortialkreditverträgen) auch möglich, vertragliche Einzelbestimmungen, wie z.B. Financial Covenants, zu ändern. Gleiches gilt für den Fall, dass das Unternehmen mit mehreren Gläubigern Verträge zu gleichlautenden Bedingungen (z.B. Schuldscheindarlehen) abgeschlossen hat und für sogenannte Intercreditor Agreements. Von vornherein ausgenommen sind lediglich Arbeitnehmerforderungen, einschließlich der Rechte aus Zusagen auf betriebliche Altersversorgung, sowie Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und aufgrund von Sanktionen (§ 4 StaRUG).

Wie beim Insolvenzplanverfahren können auch beim Restrukturierungsrahmen die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte an dem zu restrukturierenden Unternehmen vollumfänglich einbezogen werden. Im Restrukturierungsplan können alle gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen vorgesehen werden (§ 2 Abs. 3 und § 7 Abs. 4 StaRUG). Dazu zählt ausdrücklich auch die Möglichkeit einer Umwandlung von zu restrukturierenden Forderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte (Debt-to-Equity-Swap), nicht jedoch gegen den Willen des betroffenen Gläubigers.

Im Zusammenhang mit dem Insolvenzplanrecht wurde vielfach kritisiert, dass der Insolvenzplan zwar eine Kürzung der Forderungen gegen den insolventen Schuldner ermöglicht, die von anderen Gruppengesellschaften zur Absicherung dieser Forderungen zur Verfügung gestellten Sicherheiten aber unberührt lässt. Das SanInsFoG greift diesen Kritikpunkt auf und eröffnet sowohl im Insolvenzplan (§ 223a InsO n.F.) als auch im Restrukturierungsplan (§ 2 Abs. 4 StaRUG) die Möglichkeit gruppeninterne Drittsicherheiten, gestellt von einem verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) des Schuldners, z.B. Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen, einzubeziehen – allerdings nur gegen angemessene Entschädigung der hiervon betroffenen Gläubiger.

5. Abstimmung über den Restrukturierungsplan

Das Restrukturierungsplanverfahren ist eng angelehnt an das Insolvenzplanverfahren. So sind die Planbetroffenen für die Zwecke der Abstimmung über den Restrukturierungsplan in Gruppen einzuteilen. Die Aufteilung hat unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtsstellungen und nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Interessen zu erfolgen (z.B. gesicherte Gläubiger, nicht nachrangige ungesicherte Gläubiger, nachrangige Gläubiger, vgl. § 9 StaRUG). Die Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten bilden eine eigenständige Gruppe.

Die Abstimmung über den Plan kann schriftlich oder im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen stattfinden, wobei die Abstimmung nach Wahl des Unternehmens in einem gerichtlichen Verfahren stattfindet (§ 23 StaRUG). Der Plan ist angenommen, wenn in jeder Gruppe eine qualifizierte Summenmehrheit von 75 % der Stimmrechte dem Plan zustimmt (§ 25 Abs. 1 StaRUG). Die Zustimmung einer Gruppe gilt trotz Verfehlens dieses Mehrheitserfordernisses als erteilt, wenn (i) die Mitglieder dieser Gruppe durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, (ii) sie angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der den Planbetroffenen zufließen soll, und (iii) die Mehrheit der abstimmenden Gruppen mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat (sog. gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung, § 26 Abs. 1 StaRUG). Bei zwei Gruppen genügt die Zustimmung einer Gruppe, sofern diese nicht ausschließlich aus Anteilsinhabern oder nachrangigen Gläubigern gebildet wurde.

Die EU-Richtlinie lässt eine Planbestätigung gegen das Votum einer Gruppe auch dann zu, wenn eine im Verhältnis zu dieser Gruppe nachrangige Gruppe unter dem Plan einen Wert erhält, sofern nur die ablehnende Gruppe bessergestellt wird als die ihr nachrangige Gruppe (sogenannte relative Prioritätsregel, Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c) der Richtlinie (EU) 2019/1023). Dem StaRUG liegt demgegenüber im Ausgangspunkt die absolute Prioritätsregel nach dem Vorbild des Insolvenzplanrechts zugrunde. Eine Planbestätigung gegen das Votum einer ablehnenden Gruppe kommt grundsätzlich nicht in Betracht, sobald einer nachrangigen Gruppe ein Wert zugewiesen wird (§ 27 Abs. 1 StaRUG). Von diesem Grundsatz der absoluten Priorität kann dann abgewichen werden, wenn der von der Abweichung Begünstigte seinen Vorteil durch Leistung an das Unternehmen vollumfänglich ausgleicht (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 StaRUG). Darüber hinaus weicht das StaRUG in zwei weiteren Fällen – anders als im Insolvenzplanrecht – von der absoluten Prioritätsregel zugunsten des Schuldners bzw. der an ihm beteiligten Personen ab (§ 28 Abs. 2 StaRUG): Zum einen für den Fall, dass der Schuldner oder ein an ihm beteiligter Anteilsinhaber, dessen Mitwirkung infolge besonderer in seiner Person liegender Umstände unerlässlich ist, um den Planwert zu verwirklichen, sich verpflichtet, fünf Jahre oder für eine kürzere, für den Planvollzug vorgesehene Frist mitzuwirken und seine wirtschaftlichen Werte zu übertragen, sofern seine Mitwirkung aus von ihm zu vertretenden Gründen zuvor endet, und zum anderen für den Fall eines lediglich geringfügigen Eingriffs in Gläubigerrechte (etwa weil Forderungen im Plan nicht gekürzt sondern maximal bis zu 18 Monate gestundet werden).

Außerdem gilt, dass unter gleichrangigen Gläubigern einzelne Gläubiger nicht besser gestellt werden dürfen. Ausnahmen hiervon können aber gemacht werden, sofern dies nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist (§ 28 StaRUG). Sachgerecht ist die Ungleichbehandlung insbesondere dann nicht, wenn auf die überstimmten gleichrangigen Gläubiger über die Hälfte der Stimmrechte und somit über die Hälfte der Restrukturierungsforderungen und mithin die Hauptlast der Sanierungsbeiträge entfällt (§ 28 Abs. 1 S. 2 StaRUG). Aus dem Bericht zum Gesetzentwurf des StaRUG geht hervor, dass umgekehrt bei weniger als der Hälfte der Stimmrechte die Ungleichbehandlung nicht automatisch sachgerecht sein muss, es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.

6. Planwirkungen

Sollte der Plan nicht von allen Planbetroffenen angenommen worden sein, treten die Wirkungen des Plans mit der Verkündung der gerichtlichen Bestätigung des Plans ein (§§ 65 Abs. 1, 67 Abs. 1 StaRUG). Anders als im Insolvenzplanverfahren muss nicht der Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung abgewartet werden. Gegen die gerichtliche Bestätigung steht jedem Planbetroffenen der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde offen, der aber nur bei besonderer gerichtlicher Anordnung eine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 66 StaRUG).

7. Stabilisierung mit Hilfe von Vollstreckungs- und Verwertungssperren

Um bis zur Restrukturierungsplanbestätigung für Stabilität zu sorgen und auf diese Weise die Erfolgsaussichten des Restrukturierungsvorhabens zu erhöhen, kann das Unternehmen beim Restrukturierungsgericht eine temporäre Vollstreckungs- und Verwertungssperre beantragen (sog. Stabilisierungsanordnung, §§ 49 ff. StaRUG). Dem Antrag ist insbesondere ein Finanzplan beizufügen, aus dem sich schlüssig die Sicherstellung der Finanzierung für die nächsten sechs Monate ergibt (§ 50 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG). Die für den Erhalt der Anordnung zu erfüllenden Anforderungen sind erhöht, wenn das Unternehmen bereits Rückstände gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Sozialversicherungsträgern, Finanzämtern oder Lieferanten hat entstehen lassen oder in den letzten drei Jahren seinen Rechnungslegungspflichten nicht nachgekommen ist. Die Anordnung ist nicht auf planbetroffene Gläubiger beschränkt, sondern kann sich gegen ausgewählte oder alle Gläubiger richten, mit Ausnahme jener Forderungen, die einer Gestaltung durch den Restrukturierungsplan generell nicht zugänglich sind (Stichworte: Arbeitnehmer, betriebliche Altersvorsorge, vorsätzliche unerlaubte Handlungen, Sanktionen).

Die Höchstdauer der Anordnung beträgt drei Monate (§ 53 Abs. 1 StaRUG). Sie kann um einen Monat verlängert werden, wenn das Unternehmen ein Planangebot unterbreitet hat und mit einer Planannahme innerhalb von einem Monat zu rechnen ist. Während des Verlängerungszeitraums richtet sich die Anordnung allerdings nur gegen Planbetroffene (§ 53 Abs. 2 StaRUG). Eine weitere Verlängerung bis zur Rechtskraft der Planbestätigung, höchstens aber bis zu insgesamt acht Monaten, kommt in Betracht, falls der Plan bereits angenommen worden ist und das Unternehmen die gerichtliche Planbestätigung beantragt hat (§ 53 Abs. 3 StaRUG).

8. Einschränkung von Kündigungs- und Leistungsverweigerungsrechten

Die Stabilisierungsanordnung hat zur Folge, dass ein Gläubiger nicht allein wegen einer rückständigen Leistung aus der Zeit vor der Anordnung Leistungsstörungsrechte geltend machen kann, sofern die Leistung des Gläubigers nicht gerade Gegenleistung für diejenige Leistung des Schuldners ist, die der Schuldner vor Erlass der Stabilisierungsanordnung nicht erfüllt hat (§ 55 Abs. 1 StaRUG). Weiter kann der Gläubiger nicht unter Hinweis auf den Rückstand Vertragsbeendigungs- oder -abänderungsrechte geltend machen. Eine Ausnahme gilt, falls das Unternehmen auf die Leistungen des Gläubigers für die Fortführung des Unternehmens nicht angewiesen ist (§ 55 Abs. 2 StaRUG).

Unberührt bleibt hingegen das Recht eines vorleistungspflichtigen Gläubigers eine Sicherheitsleistung zu verlangen oder nur Zug um Zug zu leisten sowie das Kündigungsrecht des Darlehensgebers nach § 490 BGB, der das Darlehen noch nicht ausgezahlt hat (§ 55 Abs. 3 StaRUG). Die Gläubiger sollen auch nach Anordnung einer Stabilisierungsmaßnahme weiterhin die Möglichkeit haben, sich vor einer weiteren Vergrößerung ihres wirtschaftlichen Risikos zu schützen.

9. Anfechtungs- und haftungsrechtliche Privilegierungen, u.a. für neue Finanzierungen

Um insbesondere neue Finanzierungen, Zwischenfinanzierungen und Transkationen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens zu schützen, wird eine klarstellende Regelung geschaffen, die es ausschließt, dass den Beteiligten schon die Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache oder der Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens anfechtungs- oder haftungsrechtlich zum Nachteil gereicht (§ 89 Abs. 1 StaRUG).

Außerdem unterliegen die in einem rechtskräftigen Restrukturierungsplan vorgesehenen neuen Finanzierungen, mit Ausnahme von Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Forderungen sowie deren Besicherung, grundsätzlich nicht der Insolvenzanfechtung (§ 90 Abs. 1 StaRUG). Privilegiert sind vor allem Sicherheitenbestellungen, nicht aber spätere Darlehensrückzahlungen. Eine Ausnahme greift, wenn die Planbestätigung auf Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Schuldners erfolgte. Ob ein aussichtsreiches Restrukturierungsvorhaben genügt, um Risiken insbesondere aufgrund von § 826 BGB auszuschließen und damit ein Sanierungsgutachten entbehrlich zu machen, wird auf Basis der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden sein. Das StaRUG macht keinen Gebrauch von der Möglichkeit, neuen Finanzierungen in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren eine Vorrangstellung gegenüber anderen Gläubigern zu verschaffen (vgl. Art. 17 Abs. 4 Richtlinie (EU) 2019/1023).

10. Rolle des Restrukturierungsbeauftragten

Ein Unternehmen kann von den Instrumenten des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens grundsätzlich eigenständig Gebrauch machen, ohne dass es eines Restrukturierungsbeauftragten bedarf. Unter bestimmten Umständen sieht das StaRUG jedoch zwingend die gerichtliche Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten vor, nämlich in dem Fall, dass es absehbar nicht in allen Gruppen zur Zustimmung zum Plan mit den erforderlichen Mehrheiten kommen wird (§ 73 Abs. 2 StaRUG), sofern nicht allein Unternehmen des Finanzsektors betroffen sind.

Eine Bestellung von Amts wegen ist unter anderem dann vorgesehen, wenn das Unternehmen eine gegen alle Gläubiger (mit Ausnahme der vom Planrecht ausgenommenen) gerichtete Stabilisierungsanordnung beantragt, wenn in die Rechte von Verbrauchern oder KMUs eingegriffen werden soll oder der Restrukturierungsplan eine Überwachung der Erfüllung vorsieht (§ 73 Abs. 1 StaRUG). In diesen Fällen kann das Gericht aber nach pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall von der Bestellung absehen. Ferner liegt es im Ermessen des Gerichts einen Restrukturierungsbeauftragten als Sachverständigen zu bestellen, insbesondere um die Planbestätigungsvoraussetzungen und die Angemessenheit der Entschädigung für gruppeninterne Drittsicherheitengeber zu beurteilen (§ 73 Abs. 3 StaRUG). Der Schuldner hat ein Vorschlagsrecht betreffend die Person des Restrukturierungsbeauftragten (§ 74 Abs. 2 StaRUG). Je nach Anlass für seine Bestellung treffen den Restrukturierungsbeauftragten unterschiedlich umfangreiche Prüfungs- und Überwachungsaufgaben, einschließlich Übernahme der Funktion einer Zahlstelle für ein- und ausgehende Zahlungen (§ 76 StaRUG).

Wenn es keinen zwingenden Grund für die Bestellung des Restrukturierungsbeauftragten gibt, bestellt das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten nur auf Antrag des Unternehmens (§ 77 StaRUG). Der fakultative Restrukturierungsbeauftragte unterstützt das Unternehmen bei Ausarbeitung und Aushandlung des Restrukturierungskonzepts und Plans (§ 79 StaRUG). Der Antrag kann darauf gerichtet sein, ihm weitere Aufgaben und Befugnisse zuzuweisen.

11. Gläubigerbeirat

Sofern der Restrukturierungsplan die Gestaltung der Forderungen aller Gläubiger (mit Ausnahme nicht gestaltbarer Forderungen, wie z.B. Arbeitnehmerforderungen, § 4 StaRUG) vorsieht und wenn die Restrukturierungssache gesamtverfahrensartige Züge aufweist, kann das Gericht einen Gläubigerbeirat bestellen. Gesamtverfahrensartige Züge sind dann anzunehmen, wenn eine Vielzahl von Gläubigern mit inhomogenen Interessen betroffen ist. Daran fehlt es, wenn sich die Gläubigerschaft ausschließlich aus wenigen Gläubigern mit vergleichbaren Interessen zusammensetzt. Der Gläubigerbeirat kann unter bestimmten Voraussetzungen den Restrukturierungsbeauftragten vorschlagen, wobei das Restrukturierungsgericht von diesem Vorschlag grundsätzlich nur abweichen darf, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich ungeeignet ist. Der Gläubigerbeirat unterstützt und überwacht die Geschäftsführung durch den Schuldner. Im Gläubigerbeirat können auch nicht-planbetroffene Gläubiger (z.B. Arbeitnehmer) vertreten sein und somit Einfluss auf die Restrukturierungssache nehmen, obwohl deren Forderungen im Restrukturierungsplan nicht gestaltet werden können.

12. Öffentliche Restrukturierungssache

Die §§ 84 ff. StaRUG ermöglichen es dem Schuldner, zu beantragen, die Restrukturierungssache öffentlich bekannt zu machen. Die relevanten Vorschriften werden jedoch erst zum 17. Juli 2022 in Kraft treten, um ausreichend Zeit für die Einrichtung der technischen Voraussetzungen für öffentliche Bekanntmachungen zu haben. Ergehen öffentliche Bekanntmachungen im Rahmen des Verfahrens, so werden etwa gerichtliche Termine, gerichtliche Entscheidungen und die Berufung oder Abberufung eines Restrukturierungsbeauftragten bekannt gegeben. Die Öffentlichkeit wird insbesondere zur Folge haben, dass die Restrukturierungssache und in Anspruch genommene Instrumente des StaRUG in anderen EU-Mitgliedsstaaten erleichtert gemäß EuInsVO anerkannt werden.

Beantragt der Schuldner nicht die öffentliche Bekanntmachung der Restrukturierungssache (was bis zum 17. Juli 2022 von vornherein nicht möglich sein wird), so besteht nur eine Parteiöffentlichkeit. Ob und inwieweit eine Anerkennung auch bei einer nicht öffentlich gemachten Restrukturierungssache in Betracht kommt, wird hingegen im Einzelfall näher zu prüfen sein.

II. Die Konsequenzen aus der Evaluation des ESUG

Das SanInsFoG dient nicht nur der Implementierung eines präventiven Restrukturierungsrahmens sondern auch der Umsetzung der Ergebnisse der Evaluation des ESUG. Zu diesem Zweck soll insbesondere der Zugang zum Eigenverwaltungsverfahren nachjustiert und sowohl das Eigenverwaltungsverfahren als auch das Insolvenzplanrecht angepasst werden. Das SanInsFoG verfolgt das Ziel, Anreize für eine rechtzeitige und konsequente Vorbereitung und Einleitung von Sanierungen zu schaffen. Der in der Anordnung der Eigenverwaltung liegende Vertrauensvorschuss soll nur gewährt werden, wenn das Eigenverwaltungsverfahren rechtzeitig und gewissenhaft vorbereitet worden ist, bevor es zu dem mit einer akuten Zahlungsunfähigkeit verbundenen Handlungsdruck kommt. Darüber hinaus werden verschiedene bislang ungeregelte Einzelfragen geregelt, wie z.B. die Ermächtigung des Schuldners zur Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 270c Abs. 4 InsO n.F.) und die Haftung der Geschäftsleiter während eines (vorläufigen) Eigenverwaltungsverfahrens (§ 276a Abs. 2 und 3 InsO n.F.).

III. Anpassungen in Reaktion auf die Covid-19-Pandemie

Das SanInsFoG tritt größtenteils bereits zum 1. Januar 2021 in Kraft. Hintergrund hierfür ist der Umstand, dass es einer Anschlusslösung für all jene Unternehmen bedurfte, die aufgrund der Covid-19-Pandemie in die Überschuldung geraten sind und für die mit Ablauf des Jahres 2020 nicht mehr die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gemäß COVInsAG in der Fassung vom 25. September 2020 gilt. Die Lösung besteht nun unter anderem darin, den präventiven Restrukturierungsrahmen als neues Instrument nutzen zu können und Unternehmen, die von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie negativ betroffen sind, erleichterten Zugang zum Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren zu verschaffen und sie nicht in gleicher Weise den neu einzuführenden Restriktionen zu unterwerfen (§§ 5 f. COVInsAG n.F.).

Außerdem wurde im Rahmen des SanInsFoG der Prognosezeitraum für die Fortführungsprognose im Überschuldungstatbestand bis zum 31. Dezember 2021 auf vier Monate (anstelle von neuerdings 12 Monaten) verkürzt (§ 4 COVInsAG n.F.), sofern die Überschuldung des Unternehmens auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist, um der aktuell erhöhten Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung Rechnung zu tragen.

Schließlich sah das StaRUG vor, dass Insolvenzantragspflichten für den gesamten Januar 2021 ausgesetzt waren. Aufgrund der nur schleppenden Auszahlungen finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme, sieht nun die am 19. Februar 2021 verkündete Änderung des COVInsAG (in Kraft rückwirkend ab dem 1. Februar 2021) vor, dass Insolvenzantragspflichten bis zum 30. April 2021 ausgesetzt sind. Voraussetzung hierfür ist jeweils, dass das Unternehmen im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfen im Rahmen von staatlichen Hilfsprogrammen anlässlich der Covid-19-Pandemie gestellt hat (oder aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Gründe nicht stellen konnte) (§ 1 Abs. 3 COVInsAG n.F.). Ausgenommen sind solche Fälle, in denen offensichtlich keine Aussicht auf die Gewährung der Hilfe besteht oder in denen die Auszahlung nichts an der Insolvenzreife ändern würde. Von dieser Regelung erfasst sind sowohl der Insolvenzantragsgrund der Zahlungsunfähigkeit, als auch der Überschuldung.