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Angabe „Patent Pending“ kann irreführend sein

27.11.2017

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 01.06.2017 (6 U 3973/16, veröffentlicht in GRUR-RR 2017, Seiten 444 ff.) entschieden, dass die Werbeangabe „Patent Pending“ in Deutschland falsch verstanden werden und folglich wettbewerbsrechtswidrig sein kann, auch wenn der Werbetreibende Inhaber einer Patentanmeldung ist.

Hintergrund

Gemäß § 3 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG sind irreführende geschäftliche Handlungen unzulässig. Wenn eine Werbeaussage auf unterschiedliche Weisen verstanden werden kann, ist sie bereits dann irreführend, wenn ein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Werbeaussage auf eine Weise versteht, in der sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn mit fremdsprachigen Angaben geworben wird.

In der englischsprachigen Welt wird die Angabe „Patent Pending“ (wörtlich auf Deutsch: „Patent ausstehend/anhängig“) verwendet, um darauf hinzuweisen, dass für ein beworbenes Produkt oder Teile davon ein Patent zwar nicht erteilt, aber angemeldet ist.

Die Angabe „Patent Pending“ ist inzwischen auch in Deutschland verbreitet. Allerdings ist der Begriff „pending“ kein Teil des englischen Grundwortschatzes und kann auf zwei unterschiedliche Weisen ins Deutsche übersetzt werden. Die eine ist „ausstehend“ und betont, dass ein Ereignis noch nicht eingetreten ist. Die andere ist „anhängig“ und betont, dass ein Ereignis bereits stattgefunden hat.

Die Entscheidung

In dem Fall, den das Oberlandesgericht München zu entscheiden hatte, warb die Beklagte mit dem Hinweis „Patent Pending“ für ein Produkt zur Reinigung von Zahnzwischenräumen. Tatsächlich war die Beklagte die Inhaberin einer Patentanmeldung für einen Interdentalreiniger.

Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Verwendung der Angabe „Patent Pending“ durch die Beklagte irreführend und deshalb wettbewerbsrechtswidrig sei. Das liege daran, dass ein wesentlicher Teil des angesprochenen Verkehrs die Angabe „Patent Pending“ so verstehe, dass nicht nur eine Patentanmeldung bestehe, sondern bereits ein Patent erteilt worden sei. Der englische Begriff „pending“ werde von diesem Teil des Verkehrs nicht als Einschränkung verstanden. Folglich gehe er davon aus, dass das beworbene Produkt oder ein Teil davon durch ein bereits erteiltes Patent geschützt ist. Da die Beklagte aber nur über eine Patentanmeldung verfügte, habe die Angabe „Patent Pending“ zu einer Fehlvorstellung geführt. Diese Fehlvorstellung sei auch wettbewerbsrechtlich relevant, denn die Annahme, dass Patentschutz besteht, sei grundsätzlich geeignet, die Kaufentscheidung des angesprochenen Verkehrs zu beeinflussen.

Bewertung

Auch eine Fehlübersetzung von fremdsprachigen Angaben kann zu wettbewerbsrechtlicher Haftung in Deutschland führen, wenn ein relevanter Teil des in Deutschland angesprochenen Verkehrs die Angabe falsch übersetzt. Dass die Angabe „Patent Pending“ für den englischen Muttersprachler tatsächlich nur den Hinweis auf eine Patentanmeldung bedeutet, ist deshalb für ein abweichendes Verständnis des angesprochenen Verkehrs in Deutschland kein Hindernis. Ob eine fremdsprachige Angabe von einem wesentlichen Teil des angesprochenen Verkehrs unzutreffend verstanden wird, beurteilt das Gericht, wenn es selbst zu diesem Verkehr gehört. Damit bestimmt die Einschätzung der Sprachkompetenz der deutschen Verbraucher durch das Gericht im Einzelfall über die wettbewerbsrechtliche Haftung.

Bereits im Jahr 1996 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass ein relevanter Anteil der deutschen Verbraucher den Begriff „pending“ als Bestandteil der Angabe „Patent Pending“ nicht verstehe. Das Urteil des Oberlandesgerichts München stellt klar, dass diese englischsprachige Angabe auch 2017 nicht durchweg fehlerfrei verstanden wird. Das Urteil dient damit als wichtige Erinnerung, dass es ein handfestes wettbewerbsrechtliches Haftungsrisiko darstellt, die Fremdsprachenkenntnisse der deutschen Verbraucher zu wohlwollend einzuschätzen.

Interessiert Sie die wettbewerbsrechtliche Einordnung der Angabe „®“?
Vgl. dazu die Mitteilung unserer Kollegin Janina Voogd, LL.M.

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