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Das polnische Gesetz über Familienstiftung feiert sein einjähriges Bestehen

12.02.2024

Seit vielen Jahren ist den polnischen Unternehmern bewusst, dass es auf ihr dringendes Bedürfnis, ihr Familienvermögen und vor allem ihre Familienunternehmen für die künftige Nachfolge zu sichern, keine einfache rechtliche Antwort gibt. In Ermangelung geeigneter Instrumente im polnischen Rechtssystem waren viele einheimische Unternehmer gezwungen, die Rechtsinstrumente anderer Rechtsordnungen zu nutzen. Diese Lösung war äußerst unbequem, da die Unterschiede in den Rechtssystemen und die ausländischen rechtlichen Anforderungen den Bedürfnissen der einheimischen Unternehmer nicht ganz gerecht wurden.

Mit dem Gesetz über Familienstiftung vom 26. Januar 2023, das am 22. Mai 2023 in Kraft getreten ist, wurde die Familienstiftung in die polnische Rechtsordnung aufgenommen. Nach Angaben des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie der Republik Polen waren bis Ende 2023 rund 300 Familienstiftungen registriert und über 3.000 Nachlassverwalter boten ihre professionelle Hilfe bei der Verwaltung der Angelegenheiten von Familienstiftungen an. Dies ist nur ein weiterer Beweis dafür, dass die Familienstiftung ein lang erwartetes rechtliches Instrument für die Nachfolgeplanung sowie die Vermehrung und Sicherung von Familienvermögen ist.

Angesichts der Beliebtheit der polnischen Familienstiftung lohnt es sich, die wichtigsten Merkmale dieser Einrichtung zusammenzufassen. Der Zweck einer Familienstiftung besteht darin, Vermögen anzusammeln, es im Interesse der Begünstigten zu verwalten und den Begünstigten Vorteile zu verschaffen. Ein „Vorteil“ ist ein Vermögen, einschließlich Bargeld, materielle Güter oder Rechte, das dem Begünstigten übertragen wird oder dem Begünstigten zur Verwendung durch eine Familienstiftung oder eine Familienstiftung in Gründung zur Verfügung gestellt wird, in Übereinstimmung mit der Satzung und der Liste der Begünstigten. Der Stifter einer Familienstiftung kann nur eine voll geschäftsfähige natürliche Person sein, die entweder in einer Gründungsurkunde oder in einem Testament eine Erklärung über die Errichtung einer Familienstiftung abgibt. Der Stifter muss außerdem eine Einlage in die Familienstiftung zur Deckung der anfänglichen Finanzierung leisten, deren Wert nicht unter 100.000 PLN (rund 25.000 USD) liegen darf. Mit der Unterzeichnung der Gründungsurkunde oder der Testamentseröffnung wird eine Familienstiftung in Gründung gegründet. Die Familienstiftung in Gründung erlangt Rechtspersönlichkeit und wird mit der Eintragung in das Register der Familienstiftungen zu einer Familienstiftung.

Die Organe der Familienstiftung sind der Vorstand, die Begünstigtenversammlung und der Aufsichtsrat. Der Vorstand hat vor allem die Aufgabe, die Geschäfte der Familienstiftung zu führen und sie zu vertreten, während die Begünstigtenversammlung das oberste Entscheidungsgremium ist. Der Aufsichtsrat ist obligatorisch, wenn die Zahl der Begünstigten 25 übersteigt und seine Hauptaufgabe ist die Überwachung des Vorstands. Die Struktur der polnischen Familienstiftung ist also dem polnischen Rechtssystem vertraut, da sie der einer polnischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ähnelt, die zu den häufigsten Gesellschaften in Polen gehört.

Was den Tätigkeitsbereich einer Familienstiftung anbelangt, so hat sie das Recht, geschäftliche Tätigkeiten auszuüben, allerdings nur in einem begrenzten Umfang. So kann eine Familienstiftung beispielsweise Immobilien verkaufen, vermieten oder verpachten, sich an Gesellschaften, Investmentfonds und Genossenschaften beteiligen sowie Wertpapiere, Derivate und andere Rechte ähnlicher Art kaufen und verkaufen. Es ist geboten darauf hinzuweisen, dass die Ausübung von Geschäftstätigkeiten, die über den zulässigen Umfang hinausgehen, nachteilige Folgen für die Familienstiftung nach sich ziehen kann, wie etwa die Besteuerung der Einkünfte aus solchen Tätigkeiten mit einem Körperschaftsteuersatz von 25%.

Einer der Hauptgründe für die Beliebtheit der polnischen Familienstiftung ist steuerlicher Natur. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen (einschließlich des oben erwähnten Falles, in dem eine Familienstiftung den zulässigen Umfang der Geschäftstätigkeit überschreitet oder bei der Übertragung von Vorteilen durch eine Familienstiftung an Begünstigte) sind Familienstiftungen grundsätzlich körperschaftssteuerfrei. Darüber hinaus sind die engsten Familienmitglieder des Stifters, die zur „Gruppe Null“ gehören (Ehepartner, Nachkommen, Verwandte in aufsteigender Linie, Stiefkinder, Geschwister, Stiefvater und Stiefmutter), im Grundsatz von der persönlichen Einkommenssteuer sowie von der Erbschafts- und Schenkungssteuer in Bezug auf das vom Stifter in die Familienstiftung eingebrachte Vermögen befreit.

Doch trotz der zahlreichen Vorteile ist die Familienstiftung nicht frei von Unzulänglichkeiten. So gibt es zum Beispiel kein allgemein zugängliches digitales Register von Familienstiftungen, was bedeutet, dass die Beschaffung von Informationen über eine Familienstiftung bis zu mehreren Wochen dauern kann. Außerdem gibt es in Polen nur ein einziges Gericht, das sich mit Angelegenheiten im Zusammenhang mit Familienstiftungen befasst, was zu einer Überlastung der Verfahren und einer sehr langen Bearbeitungszeit für Dokumente führen kann.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es in Polen derzeit etwa 830.000 Familienunternehmen gibt; man kann also feststellen, dass 300 polnische Familienstiftungen erst der Anfang sind und ihre Bedeutung als neues Rechtsinstrument im Laufe der Zeit sicherlich zunehmen wird. Andererseits ist es in anderen Ländern eine bekannte Praxis, Familienstiftungen bei komplexen Transaktionen und Unternehmensumstrukturierungen zum Zwecke der Steueroptimierung einzusetzen. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint eine solche Nutzung der polnischen Familienstiftung aufgrund der im polnischen Steuerrecht verankerten allgemeinen Grundregel der Bekämpfung der Steuerumgehung fragwürdig zu sein. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie der polnische Gesetzgeber und die Gerichte die Funktionsweise von Familienstiftungen in der Praxis – und nicht nur aus steuerlicher Sicht – in naher Zukunft beeinflussen werden.