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BGH zur Handels­vertreter­provision bei Serien­belieferungs­vertrag

23.03.2015

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Zusammenhang mit der Vermittlung von Serienbelieferungsverträgen in der Automobilindustrie entschieden, dass im Hinblick auf den Umfang und den Zeitpunkt der Entstehung eines Provisionsanspruchs die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung maßgeblich ist (Versäumnisurteil vom 22.01.2015, VII ZR 87/14).

Dieses Urteil stellt eine wichtige Entscheidung nicht nur für Unternehmen und Handelsvertreter in der Automobilzulieferindustrie dar; es ist für alle Handelsvertreter relevant, die Rahmen-, Sukzessivlieferungs- oder Serienbelieferungsverträge vermitteln und damit auch für die jeweiligen Prinzipale.

Das Handelsgesetzbuch unterscheidet für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters danach, ob das vermittelte Geschäft während oder nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses abgeschlossen wurde (§ 87 Abs. 1 HGB bzw. § 87 Abs. 3 HGB). An den Provisionsanspruch des Handelsvertreters für letztere Geschäfte knüpft das Gesetz dabei höhere Anforderungen. Vermittelt der Handelsvertreter ein Dauerschuldverhältnis, stellt sich die Frage, ob der das Dauerschuldverhältnis auslösende (Rahmen)vertrag oder die sich daraus ergebenden Folgeverträge das die Provisionsanwartschaft auslösende Geschäft darstellt. Denn insbesondere wenn der Rahmenvertrag während und die Folgeverträge zumindest teilweise nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses geschlossen wurden, wirkt sich dies auf die an den Provisionsanspruch zu stellenden Anforderungen aus. Hierzu hat der BGH nunmehr Stellung genommen.

Sachverhalt

Der Kläger war als Handelsvertreter für die Beklagte, einen Automobilzulieferer, tätig. In dem Handelsvertretervertrag war die Provisionshöhe an den Jahresumsatz gekoppelt, den die Beklagte mit ihrem Kunden, der B-AG, erzielte.

Im Rahmen des Geschäfts der Beklagten mit der B-AG gab Letztere Serienbestellungen bei der Beklagten auf. Diese enthielten keine Stückzahlen, sondern lediglich einen Prozentsatz in Höhe des auf den Gesamtbedarf entfallenden Lieferanteils. Die Menge der von der Beklagten zu liefernden Teile wurde jeweils erst durch Einzellieferabrufe der B-AG konkretisiert. Für den Monat nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses machte der Kläger noch vermeintlich offene Provisionsansprüche geltend.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass das die Provisionsanwartschaft auslösende Geschäft der während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages vermittelte Serienbelieferungsvertrag sei. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Entscheidung des BGH

Der BGH befand, dass für die Frage, für welche Geschäfte der Handelsvertreter eine Provision erhalten solle und auf welchen Zeitpunkt es für das Entstehen des Provisionsanspruchs ankomme, die von den Parteien getroffene Vergütungsvereinbarung entscheidend sei. Entgegen der Ansicht des OLG sei hier das die Provisionsanwartschaft des Klägers auslösende Geschäft nach dem Inhalt des von den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrags der durch den Abruf seitens der B-AG zustande kommende jeweilige Liefervertrag. Die Parteien hätten nämlich vereinbart, dass der Provisionsanspruch von dem jeweiligen Jahresumsatz abhänge. Daher seien nach dem Parteiwillen die diesen Umsatz auslösenden durch die Lieferabrufe der B-AG zustande kommenden Einzellieferverträge Grundlage des Provisionsanspruchs. Erst mit diesen und nicht bereits mit der von der B-AG aufgegebenen zu einer Bezugsbindung des Kunden führenden Serienbestellung werde der für den Provisionsanspruch nach dem Vertrag maßgebliche Umsatz generiert.

Fazit

Der BGH berücksichtigt für die Frage eines Provisionsanspruchs zu Recht vorrangig die Provisionsvereinbarung. Dieser kommt eine entscheidende Rolle zu. Der BGH zeigt einmal mehr, dass bei der Vertragsgestaltung auch das Thema der Provisionspflicht im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrages Berücksichtigung finden muss. Nach der im Streitfall getroffenen Provisionsabrede war nicht explizit geregelt, was im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrages gelten soll. Der BGH musste daher die Provisionsabrede nach den bekannten Maßstäben auslegen. Er befand, dass eine Provision für die Abrufe, die während des Handelsvertretervertrages erfolgten, und unter dem Vorbehalt des Vorliegens der vom Gesetz vorgegebenen strengeren Anforderungen für Abrufe, die nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erfolgten, geschuldet ist. Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf die strengeren Anforderungen für die nach Beendigung des Handelsvertretervertrages erfolgten Abrufe, wies der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Bitte sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie bei der Ausgestaltung von entsprechenden Klauseln in Handelsvertreterverträgen Unterstützung benötigen oder Sie zu diesem oder anderen Themen des Handelsvertreter- oder Vertriebsrechts nähere Informationen wünschen.

 

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