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Bitcoin & Co. - Arbeitsentgelt in virtuellen Währungen

22.01.2019

Der digitale Wandel lenkt den Blick zurzeit vor allem darauf, wie sich Arbeitsinhalte und -formen verändern werden. Wenig betrachtet wird bislang der mögliche Einfluss dieser Entwicklung auf die Vergütung von Mitarbeitern. So ist gut denkbar, dass die Entstehung von virtuellen, digitalen oder Kryptowährungen auch die Vergütung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zunehmend verändert. Das ist schließlich bereits heute keine bloße Zukunftsvision mehr: Seit dem Jahr 2015 zahlt ein Magazin für digitale Wirtschaft (t3n) als erster Arbeitgeber in Deutschland seinen Mitarbeitern auf Wunsch einen Teil der Vergütung (bis zu EUR 20 pro Lohnabrechnung) in Bitcoin aus. Für Unternehmen stellt sich die Frage: Ist die Vergütung von Mitarbeitern in Kryptowährungen ein denkbares, tragfähiges oder sogar anzustrebendes Gehaltsmodell? Am besten nutzbar sind derzeit Bitcoin, sodass hier der größte Anreiz besteht.

Was ist ein Bitcoin - und was nicht?

Bitcoin entstehen im Rahmen eines hierfür geschaffenen Netzwerks durch sog. „Mining“ (zu regulatorischen Entwicklungen vgl. unseren Beitrag vom 05.11.2018).

  • Zugang zu dem Netzwerk kann sich jeder durch frei zugängliche Software verschaffen.
  • Dabei erhält der Nutzer eine digitale Brieftasche (Wallet) mit folgenden Inhalten:

   - neben der Adresse des (anonymen) Nutzers, die aus einer willkürlich generierten Zahlen- und Zeichenfolge besteht,

   - einen öffentlichen Schlüssel (Public Key), der kryptographisch jeweils mit einem privaten Schlüssel (Private Key) übereinstimmt.

  • Während der öffentliche Schlüssel für jedermann sichtbar ist (gemeinsam mit der Adresse also funktional eine Kontonummer), ist der private Schlüssel geheim und entspricht funktional einem Passwort, mit dem alle ausgehenden Transaktionen digital signiert werden.

Da Transaktionen nur mit diesen Schlüsseln durchgeführt werden, sind sie weitgehend anonym, zumal keine Bank eingebunden ist, um sie abzuwickeln. Wie wird dann garantiert, dass jeder Inhaber einer Bitcoin diese nur einmal ausgibt?

  • Jede Transaktion von Bitcoin kann nicht nur vom gesamten Netzwerk eingesehen werden, sondern wird zusätzlich in einer öffentlichen Transaktionshistorie (Blockchain) dokumentiert. Neue Transaktionen müssen in der Blockchain wie in einem Kassenbuch dokumentiert und bestätigt werden, damit alle Nutzer erkennen können, wer der aktuellen Eigentümer der Bitcoin ist.
  • Als Gegenleistung für die Prüfung, ob die in Auftrag gegebene Transaktion nicht im Widerspruch zu der bisherigen Transaktionshistorie steht, erhält der Nutzer, dessen Rechner die Transaktion am schnellsten bestätigt, neue Bitcoin. Diese Prüfung ist das eingangs genannte „Mining“ und der einzige Weg, um neue Bitcoin zu schaffen.

Klar ist damit, dass es sich bei Bitcoin um keine konventionelle Währung handelt. Denn ein Bitcoin ist kein gesetzliches Zahlungsmittel, das in einem Währungsraum kraft Gesetzes von jedermann zur rechtswirksamen Erfüllung einer geschuldeten Leistung akzeptiert werden muss. Bitcoin sind derzeit kein Geld im engeren Sinne – und damit gelten in Deutschland Grenzen für ihren Einsatz als Vergütung von Arbeitnehmern.

Bitcoin ist kein Geld im engeren Sinne

§ 107 Abs. 1 GewO sieht vor, dass die Vergütung im Arbeitsverhältnis grundsätzlich in Euro zu berechnen und auszuzahlen ist. Dadurch sollen Arbeitnehmer davor geschützt werden, dass sie die erhaltene Währung erst in Euro umtauschen müssen und dadurch eventuell Wertverluste erleiden. Bitcoin können zwar in Euro umgetauscht werden, sind aber keine Euro und scheiden damit als Vergütung im Sinne des § 107 Abs. 1 GewO aus.

Bitcoin als Sachbezug

§ 107 Abs. 2 GewO lässt allerdings die Auszahlung eines Teil des Gehalts als Sachbezug zu. Sachbezüge sind geldwerte Gegenstände, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Entgelt überlässt. Da es sich bei Bitcoin um sonstige Vermögensrechte handelt, die durchaus die Funktionen von Geld erfüllen, können sie grundsätzlich als Sachbezug gewährt werden.

Welche Grenzen gelten für die Vereinbarung von Bitcoin als Vergütungsbestandteil?

Unproblematisch zulässig ist dabei nach bislang allgemeiner Meinung, wenn dem Mitarbeiter im Arbeitsvertrag das Recht eingeräumt wird, einen Teil seiner Vergütung in Bitcoin zu verlangen. In der Literatur umstritten ist, ob im Arbeitsvertrag verbindlich festgelegt werden kann, dass ein Teil der Vergütung in Bitcoin zu erbringen ist. Gerichtliche Entscheidung liegen – soweit ersichtlich – noch nicht vor.

Der Streit entzündet sich an der Frage, ob eine Vergütung in Bitcoin „dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht“ (§ 107 Abs. 2 S. 1 GewO). Das maßgebliche Interesse des Arbeitnehmers wird dabei in Deutschland objektiv beurteilt. Warum die teilweise Vergütung in Bitcoin nicht dem objektiven Interesse von Arbeitnehmern entsprechen soll - wie in der Literatur teilweise pauschal ohne Begründung behauptet wird -, ist nicht erkennbar. Denn Bitcoin bieten nicht nur große Gewinnchancen, sondern auch Transaktionschancen, die mit Euro nicht bestehen. Richtigerweise wird man hier eine Parallele zur Vergütung durch Gewährung von Bezugsrechten an Aktien bzw. Aktienoptionen ziehen müssen, die § 107 Abs. 2 GewO nicht widerspricht. Auch Aktien(optionen) unterliegen – wie derzeit Bitcoin – bisweilen erheblichen Wertschwankungen und sind (z.B. infolge von vereinbarten Haltefristen) für bestimmte Zeiträume – wie momentan noch Bitcoin – ggf. nur eingeschränkt verwendbar.

Mit der grundsätzlich zulässigen Vereinbarung einer Vergütung durch Bitcoin übernimmt der Arbeitnehmer deren immanentes Risiko - allerdings nur in Teilen. Geschützt wird er in diesem Kontext zunächst dadurch, dass § 107 Abs. 2 S. 5 GewO vorschreibt, der Wert des Sachbezuges dürfe die Höhe des pfändbaren Anteils des Arbeitsentgelts nicht überschreiten. In der Literatur wird darüber hinaus dafür plädiert, als weitere Gestaltungsgrenze die Rechtsprechung des BAG zur Widerruflichkeit von Zulagen in Formulararbeitsverträgen heranzuziehen (vgl. zur selben Überlegung für Aktienoptionen LAG Düsseldorf v. 30.10.2008 - 5 Sa 977/08). Demnach darf der Wert der Bitcoin daher nicht mehr als 25-30% der Gesamtvergütung ausmachen. Unterliegen Bitcoin indes weiterhin so erheblichen Wertschwankungen wie bisher, bestehen bei der praktischen Umsetzung einer am Wert orientierten Beschränkung des Bitcoin-Anteils an der Gesamtvergütung noch erhebliche Schwierigkeiten.

Welche Gestaltung bietet derzeit die meisten Vorteile?

Wer diesen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen will, sollte eine „Umwandlungslösung“ wählen, wie sie das oben erwähnte Wirtschaftsmagazin durch Ermöglichung einer Gehaltsumwandlung in Bitcoin gewählt hat. Denn der nach diesem Modell vom Mitarbeiter gewünschte Umtausch von Euro in Bitcoin ist mehrwertsteuerfrei (vgl. unseren Beitrag vom 11.9.2018). Wird der unwandelbare Betrag zurzeit auf EUR 44,00 begrenzt, ist er gemäß § 8 Abs. 2 S. 11 EStG als geldwerter Vorteil steuerfrei auszahlbar. Der umgekehrte Weg, den Mitarbeitern unmittelbar einen bestimmten Betrag in Bitcoin auszuzahlen, ist zwar theoretisch möglich, in seiner praktischen Umsetzung derzeit aber zweifelhaft.

Mitbestimmung des Betriebsrats

Sofern die Auszahlung eines Teils der Vergütung nicht individuell ausgehandelt, sondern kollektiv vorgesehen wird, unterliegt dies der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG. Hinzu kommt – ebenso wie bei Aktienoptionen – ein (eingeschränktes) Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

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