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BMF veröffentlicht Entwurf eines neuen Umwandlungs­steuererlasses

16.10.2023

Von der Praxis dringend erwartet, wurde am 11. November 2011 der derzeit gültige Umwandlungssteuererlass („UmwStE 2011“) veröffentlicht, der die Auffassung der Finanzverwaltung zur Auslegung des Umwandlungssteuergesetzes enthält und damit für Umwandlungen von erheblicher praktischer Bedeutung ist. Am 11.10.2023 hat das BMF den Entwurf eines grundlegend aktualisierten Umwandlungssteuererlasses veröffentlicht („UmwStE-E“). Der Entwurf berücksichtigt wesentliche Gesetzesänderungen und höchstrichterliche Entscheidungen, die seit dem Erscheinen des UmwStE 2011 ergangen sind.

Der neue Umwandlungssteuererlass soll auf alle offenen Fälle Anwendung finden und ersetzt insoweit den UmwStE 2011 (Rn. 00.04a). Im Einzelfall bleibt der UmwStE 2011 allerdings anwendbar (z.B. Rn. Org. 34).

Die wesentlichen Änderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Anwendungsbereich des UmwStG

Im Anwendungsbereich des UmwStG werden Anpassungen an gesetzliche Änderungen vorgenommen, insbesondere hinsichtlich der Abschaffung des § 1 Abs. 2 UmwStG, der Einführung des Optionsmodells in § 1a KStG sowie der durch das MoPeG eingeführten Möglichkeit für eingetragene GbR, ab dem 01.01.2024 als umwandlungsfähige Rechtsträger zu fungieren. Aktualisierungen sind auch im sachlichen Anwendungsbereich vorgesehen. So wird beispielsweise klargestellt (Rn. 01.15), dass die sog. nichtverhältniswahrende Spaltung auch die Möglichkeit miteinschließt, dass ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft überhaupt nicht an der übernehmenden Gesellschaft beteiligt wird (sog. Spaltung zu Null).

Hinsichtlich grenzüberschreitender Umwandlungen werden die erforderlichen Kriterien für die Vergleichbarkeit mit einer inländischen Umwandlung weiter konkretisiert. Zudem folgt das BMF dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-106/16 (Polbud) für grenzüberschreitende Hinaus-/Hereinformwechsel (Rn. 01.38b). Soweit nach einem Hinausformwechsel (z. B. Umwandlung einer deutschen GmbH in eine luxemburgische S.à r.l) eine unbeschränkte oder beschränkte inländische Körperschaftsteuerpflicht der Kapitalgesellschaft fortbesteht, komme es weder zu einer Anwendung des UmwStG noch zu einer Aufdeckung stiller Reserven bzw. zu einer Beschränkung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten. Auch im Fall eines Hereinformwechsels (z. B. Umwandlung einer luxemburgischen S.à r.l in eine deutsche GmbH) führe weder die Verlegung des Orts der Geschäftsleitung noch die Verlegung des Satzungssitzes mangels Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts zu einer Aufdeckung der stillen Reserven.

Verlustverrechnungsverbot im Rückwirkungszeitpunkt (§ 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG)

Zum Verlustverrechnungsverbot im Rückwirkungszeitraum nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG wird klargestellt, dass hinsichtlich der verrechenbaren Verluste, der verbleibenden Verlustvorträge, der nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte und des Zinsvortrags des übernehmenden Rechtsträgers keine zeitliche Beschränkung auf den Rückwirkungszeitraum besteht (Rn. 02.40a). Zudem wird das Verlustverrechnungsverbot unabhängig vom Vorliegen einer steuergestalterischen Missbrauchsabsicht sowie auch bei Einbringungen angewendet und gilt auch für die Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage.

3 Betriebsstättenzuordnung bei grenzüberschreitenden Umwandlungen

Während im UmwStE 2011 noch auf die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 24.12.1999 (Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze) abgestellt wurde und daher in der Praxis vermehrt die Frage nach einer weiterhin geltenden Maßgeblichkeit der darin behaupteten Zentralfunktion des Stammhauses im Umwandlungskontext aufkam, verweist der UmwStE-E in Rn. 03.20 nun auf die abkommensrechtlichen Regelungen sowie § 1 Abs. 5 AStG, die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) und die Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VwG BsGa).

4 Verschmelzung von Kapital- auf Personengesellschaften

Bei Verschmelzungen auf Personengesellschaften wird klargestellt, dass beim übernehmenden Rechtsträger zum steuerlichen Übertragungsstichtag eine Abstockung auf den gemeinen Wert vorzunehmen ist, soweit der gemeine Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft niedriger als deren Buchwert ist. Auf den sich daraus ergebenden Verlust ist ggf. § 8b Abs. 3 KStG bzw. § 3c Abs. 2 EStG anzuwenden (Rn. 04.05).

Zudem werden ausländische Anteilseigner von Körperschaften, die aufgrund der Umwandlung Mitunternehmer der Personengesellschaft werden, nur insoweit in die gesonderte und einheitliche Feststellung nach §§ 180 ff. AO einbezogen, als zum steuerlichen Übertragungsstichtag ein Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich des Veräußerungsgewinns der Anteile an der Körperschaft oder der Einkünfte i. S. d. § 7 UmwStG bestanden hat (Rn. 04.23). Das BMF stellt klar, dass dann im Rahmen des Veranlagungsverfahrens auch die Kapitalertragsteuer auf die Bezüge nach § 7 UmwStG angerechnet werden kann. Relevant ist diese Klarstellung unseres Erachtens aber nur für die Fälle, in denen die Einlagefiktion nach § 5 Abs. 2 und 3 UmwStG nicht greift. Denn in den Fällen der Einlagefiktion ist die Kapitalertragsteuer unabhängig vom Vorliegen eines deutschen Besteuerungsrechts für das Übernahmeergebnis anrechenbar (vgl. Stadler/Elser/Bindl, DB 2012, Beilage Nr. 1 zu Heft 2, 14 (24); Birkemeier, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 7 Rn. 63).

Im Fall des Formwechsels von einer Kapital- in eine Personengesellschaft folgt das BMF dem BFH-Urteil vom 11.04.2019 (IV R 1/17). Danach wird die Besteuerung der offenen Rücklagen der Kapitalgesellschaft nach § 7 Satz 1 UmwStG bei nach § 5 Abs. 2 UmwStG fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners behandelt (Rn. 05.07a).

5 Kosten für den Vermögensübergang (Rn 04.34)

Die Zuordnung von Aufwendungen zu den "Kosten für den Vermögensübergang" folge dem Veranlassungsprinzip. Abzustellen sei dabei – in Umsetzung des BFH-Urteils vom 23.11.2022 (I R 25/20) – auf das "auslösende Moment" für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn.

6 Verschmelzung von Kapitalgesellschaften

Im Fall der Abwärtsverschmelzung gehört unter Anwendung des BFH-Urteils vom 30.05.2018 (I R 31/16) auch die unmittelbar auf den Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft übergehende Beteiligung der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft zu den übergehenden Wirtschaftsgütern i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG (Rn. 11.06). Auch die Abwärtsverschmelzung einer Mutterkapitalgesellschaft mit im Ausland ansässigen Anteilseignern auf ihre Tochtergesellschaft kann nach Rn. 11.09a UmwStE-E steuerneutral zu Buchwerten vollzogen werden, wenn die Besteuerung der stillen Reserven der Muttergesellschaft sichergestellt ist. Da die Beteiligung an der Tochtergesellschaft im Zuge der Abwärtsverschmelzung auf den Anteilseigner der Muttergesellschaft übergeht, kommt es für den Buchwertansatz darauf an, ob die stillen Reserven in der Beteiligung bei diesem Anteilseigner weiter dem deutschen Besteuerungsrecht unterliegen.

7 Spaltungen von Kapitalgesellschaften

Ferner gibt der UmwStE-E nunmehr eine Antwort auf eine in der Praxis oft kritische Frage bei Abspaltungen von Teilbetrieben. Danach sind nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbare Wirtschaftsgüter, die von mehreren Teilbetrieben genutzt und nicht aufgeteilt werden, einheitlich dem Teilbetrieb zuzuordnen, in dem sie überwiegend genutzt werden (Rn. 15.08).

Neu wird im UmwStE-E ausdrücklich angeordnet, dass ein Übernahmeergebnis i. S. d. § 12 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG nicht nur im Fall der Aufwärtsabspaltung, sondern auch in den Fällen der Abwärts- und Seitwärtsspaltung zu ermitteln ist, in denen die übernehmende Körperschaft zuvor nicht an der übertragenden Körperschaft beteiligt war. Dementsprechend seien in Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil vom 09.01.2013 (I R 24/12) auch in jenen Fällen die Kosten für den Vermögensübergang nicht als Betriebsausgaben abziehbar (Rn. 15.14a).

Der UmwStE-E enthält kaum Änderungen oder Klarstellungen zu den in der Praxis umstrittenen Missbrauchsvermeidungsnormen des § 15 Abs. 2 UmwStG.

8 Formwechsel (§ 25 UmwStG) und Einbringung eines Mitunternehmeranteils (§ 20 UmwStG)

Beim Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft (§ 25 UmwStG) wird klargestellt, dass Einbringungsgegenstand jeweils die Mitunternehmeranteile an der formwechselnden Personengesellschaft sind. Zudem liege in diesen Fällen ein einheitlicher Vorgang vor, der insgesamt unter § 20 UmwStG fallen kann, wenn die Übertragung des Gesamthandsvermögens und des Sonderbetriebsvermögens in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang erfolgt (Rn. 20.05). Bei Einbringungen nur eines Teils eines Mitunternehmeranteils muss für die Anwendung des § 20 UmwStG das zugehörige funktional wesentliche Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens quotenentsprechend, d.h. anteilig mindestens in demselben Verhältnis, übergehen, in dem der übertragene Teil des Anteils am Gesamthandsvermögen zum gesamten Anteil am Gesamthandsvermögen steht (Rn. 20.11).

9 Einbringungen, bei denen auch sonstige Gegenleistungen gewährt werden

Umfangreiche Änderungen mit Beispielen werden im UmwStE-E auch bei Einbringungen vorgenommen, bei denen neben Gesellschaftsrechten auch sonstige Gegenleistungen gewährt werden. Dies gilt sowohl für die Einbringung nach § 20 UmwStG (Rn. 20.19a) und § 24 UmwStG (Rn. 24.07) als auch für den Anteilstausch nach § 21 UmwStG (Rn. 21.10).

Zudem stellt der UmwStE-E klar, dass sich der Einbringende im Rahmen seines eigenen Besteuerungsverfahrens nicht gegen den Wertansatz bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft wenden kann. Ihm stehe aber in Umsetzung der BFH-Urteile vom 08.06.2011 (I R 79/10) und vom 15.06.2016 (I R 69/15) als Drittbetroffener ein Drittanfechtungsrecht für die maßgebliche Steuerfestsetzung der übernehmenden Kapitalgesellschaft zu (Rn. 20.25).

10 Einbringungsgewinn

Der Einbringungsgewinn I unterliege nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre. Dies gelte auch, wenn nicht sämtliche erhaltenen Anteile in einem Vorgang veräußert werden (Rn. 22.07). Ähnliches gelte auch für den Einbringungsgewinn II, der ebenfalls nicht der Gewerbesteuer unterliegt, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nach § 7 Satz 2 GewStG nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre (Rn. 22.13).

Eine Ergänzung nimmt der UmwStE-E für die Fälle vor, in denen der Einbringende die erhaltenen Anteile bereits vor dem Zeitpunkt der rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung ganz oder teilweise veräußert hat. Hier komme es zwar im Grundsatz insoweit nicht zur rückwirkenden Einbringungsgewinnbesteuerung (§ 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG). Dies gelte aber nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur, wenn die vorangehende Veräußerung der erhaltenen Anteile durch den Einbringenden die vollständige Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge hatte (Rn. 22.17).

11 Umwandlungen und Organschaften

Der UmwStE-E enthält in Rn. Org.12 eine Verschärfung zur Beendigung einer Organschaft innerhalb der fünfjährigen Mindestlaufzeit dahingehend, dass eine umwandlungsinduzierte Beendigung eines Gewinnabführungsvertrags ein wichtiger Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG sein „kann“ (UmwStE 2011: „ist“). Darüber hinaus soll bei einem Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft kein wichtiger Grund vorliegen (Rn. Org. 26).

Zudem werden im UmwStE-E auch noch weitere Ausführungen im Zusammenhang mit Umwandlungen bei Organschaften gemacht, die unter anderem auch den Übergang von der Ausgleichsposten- zur Einlage-/Einlagenrückgewährmethode betreffen.