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Reform des EU-Beihilferechts: Grünes Licht für grüne Technologien?

13.03.2023

A. Hintergrund

Am 09.03.2023 hat die Europäische Kommission („Kommission”) ein neues Temporary Crisis and Transition Framework („TCTF“) verabschiedet. Das bisherige Temporary Crisis Framework Ukraine („TCF) wird damit erheblich erweitert und teilweise verlängert. Wichtigste Neuerung ist, dass Beihilfen der EU-Mitgliedsstaaten zur Förderung grüner Technologien und Industrien beihilferechtlich einfacher und schneller genehmigt werden können. Damit soll insbesondere das Ziel einer Null-Emissions-Wirtschaft gefördert werden. Die Kommission hat dieses Ziel erst in dem Anfang Februar 2023 veröffentlichten Green Deal Industrial Plan konkretisiert.

B. Konkrete Neuerungen

Verlängerung: Das TCTF verlängert die beihilferechtlichen Regeln des TCF für erneuerbare Energien und Energiespeicherung sowie Dekarbonisierung der Industrie. Diese können nun bis zum 31.12.2025 (bisher: 31.12.2023) gewährt werden.

Vereinfachung: Das TCTF vereinfacht die Gewährung von Beihilfen für grüne Technologien. Zu diesem Zweck werden i) die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfen für kleine Vorhaben und weniger ausgereifte Technologien wie erneuerbarer Wasserstoff vereinfacht, indem mitunter die Ausschreibungspflicht gestrichen wird; ii) die Möglichkeiten zur Förderung des Ausbaus aller Arten erneuerbarer Energien erweitert; iii) die Möglichkeiten zur Unterstützung der Dekarbonisierung industrieller Prozesse durch die Umstellung auf aus erneuerbarem Wasserstoff gewonnene Brennstoffe ausgeweitet und iv) höhere Beihilfehöchstintensitäten und vereinfachte Beihilfeberechnungen vorgesehen.

Neue Beihilfemaßnahmen: Das TCTF sieht neue Maßnahmen vor, die Investitionen in grüne Schüsselsektoren beschleunigen sollen. Dazu zählen Batterien, Solarpaneele, Windkraftanlagen, Wärmepumpen, Elektrolyseure, Ausrüstung für die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2. Auch die Förderung der Herstellung und des Recyclings der dafür benötigten kritischen Rohstoffe werden nun abgedeckt.

Vorkehrungen gegen Abwanderung in Drittstaaten: In Ausnahmefällen können nun höhere Beihilfen gewährt werden – entweder in Form von „Matching Aid“ (in Höhe des Betrags, den das jeweilige Unternehmen im EU-Ausland erhalten würde) – oder auch in Höhe der Finanzierungslücke („Funding Gap“), d.h. des Betrags, durch den das Unternehmen dazu bewegt werden kann, im EWR zu investieren. Diese Beihilfen können aber nur an Unternehmen gewährt werden, deren Technologien aktuellen Umweltstandards entsprechen. Hinzu kommen weitere Voraussetzungen. So müsste zumindest ein Teil des Projekts in einer wirtschaftlich benachteiligten Region liegen.

C. Ausblick

Die Änderungen im TCTF, insbesondere die vorgesehenen Beihilfen zur Verhinderung einer Abwanderung in nicht-europäische Staaten, sind vor dem Hintergrund der lebhaften politischen Diskussionen um eine europäische Antwort auf den US-Inflation Reduction Act („IRA“) keine Überraschung. Dieser sieht eine massive staatliche Subventionierung von in den USA hergestellten grünen Technologieprodukten vor.

Das TCTF kann zudem als ein zentrales Element des Green Deal Industrial Plan der EU gesehen werden. In diesem Zusammenhang verabschiedete die Kommission, ebenfalls am 09.03.2023, Änderungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung, die Beihilfen für bestimmte Projekte zum Ausbau grüner Technologien vom Anmeldungserfordernis freistellt.

Angesichts der erheblichen praktischen Bedeutung des TCF seit seiner Verabschiedung im März 2022 und der Diskussion um den IRA ist zu erwarten, dass auch das TCTF bei der Gewährung von „grünen“ Beihilfen eine zentrale Rolle einnehmen wird.

Auf die Einzelheiten des TCTF werden wir daher in einer Reihe von nachfolgenden Beiträgen eingehen. Stay tuned!