Arbeitnehmerüberlassung: Die Zeit drängt - Ende September 2018 läuft die gesetzliche Überlassungshöchstdauer erstmalig ab
Im Zuge der AÜG-Reform 2017 setzte der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 b S. 1 AÜG eine Überlassungshöchstdauer von 18 aufeinanderfolgenden Monaten fest (siehe Noerr-News vom 16.08.2017). Ende diesen Monats läuft diese Überlassungshöchstdauer für Leiharbeitnehmer, die seit dem 1. April 2017 ununterbrochen beim selben Entleiher im Einsatz sind, erstmalig ab.
Eine besondere Brisanz wird diesem Umstand durch die angedrohten Sanktionen verliehen. Wird die Überlassungshöchstdauer auch nur um einen Tag, ja auch nur eine Stunde überzogen, drohen
- die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher,
- ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro sowohl für den Verleiher als auch den Entleiher
- und darüber hinaus der Verlust der Überlassungserlaubnis für den Verleiher.
Wie berechnet sich die gesetzliche Überlassungshöchstdauer?
Die Berechnung des Ablaufs der Überlassungshöchstdauer ist einzelfallabhängig vorzunehmen und erfordert insbesondere die Berücksichtigung gesetzlicher Feinheiten:
- Mehrere Einsätze desselben Leiharbeitnehmers in verschiedenen Betrieben des Entleihers sind zusammenzuzählen.
- Es werden Einsatzzeiten addiert, zwischen denen nicht mindestens eine Unterbrechung von drei Monaten liegt. Eine solche Unterbrechung ist nur anzunehmen, wenn die im zugrundeliegenden Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbarte Laufzeit tatsächlich abgelaufen ist und daran anschließend nach drei Monaten und einem Tag ein neuer Arbeitnehmerüberlassungsvertrag beginnt.
- Die Überlassungshöchstdauer gilt nach § 1 Abs. 1b Satz 2 AÜG auch dann, wenn derselbe Leitarbeitnehmer von verschiedenen Verleihern überlassen wird.
In jedem Fall aber lief die 18-monatige Laufzeit lief erstmalig ab dem 1. April 2017, da Überlassungszeiträume vor dem 1. April 2017 nach § 19 Abs. 2 AÜG bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben.
Anknüpfend stellt sich die Frage, an welchem konkreten Datum die Überlassungshöchstdauer endet. Die Antwort hängt von der anzuwendenden Berechnungsmethode ab – und genau über diese wird anderthalb Jahre nach Inkrafttreten der Regelung noch immer kontrovers diskutiert. Wir berichteten hierüber bereits (siehe Noerr-News vom 16.08.2017). Im Hinblick auf die einschneidenden Sanktionen haben wir empfohlen, höchstvorsorglich auf den 22. September 2018 und damit auf den frühestmöglichen Zeitpunkt abzustellen.
Kann von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer abgewichen werden?
Die gesetzliche Überlassungshöchstdauer ist tarifdispositiv. Mittels oder aufgrund eines Tarifvertrages kann von ihr (nach oben oder unten) daher abgewichen werden. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die entsprechenden Regelungen in einem Tarifvertrag der Einsatzbranche, also des Entleihers. Folgende Abweichungsmöglichkeiten ergeben sich für tarifgebundene und nicht tarifgebundene Entleiher:
Aktuelle Tarifabschlüsse zur Verlängerung der Überlassungshöchstdauer
Angesichts dieser gesetzlichen Möglichkeiten, dem näher rückenden Ablauf des ersten 18-Monate-Zeitraums und einem spürbaren Bedarf an maßgeschneiderten Überlassungszeiträumen ist in der jüngeren Vergangenheit Bewegung in die Tariflandschaft gekommen. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht zu einschlägigen Verträgen:
Was bedeutet dies für nicht tarifgebundene Unternehmen?
Durch Öffnungsklauseln in diesen Tarifverträgen können auch nicht tarifgebundene Entleiher durch Betriebsvereinbarung eine über die gesetzlichen 18 Monate hinausgehende längere Überlassungsdauer herbeiführen. Diese müssen „nur“ den jeweiligen Tarifvertrag inhaltlich nachzeichnen. Einschränkend geben die Tarifverträge unterschiedliche zeitliche Höchstgrenzen vor:
- der TV LeiZ 48 Monate,
- der TV zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung 36 Monate,
- der TV zur Überlassungshöchstdauer nach dem AÜG ebenfalls 36 Monate.
Nutzen nicht tarifgebundene Entleiher diese sich ihnen bietenden Möglichkeiten zur Verlängerung der Überlassungshöchstdauer nicht, bleibt daher nur die rechtzeitige Beendigung des Einsatzes bis zum Fristablauf, sofern er dem Leiharbeitnehmer kein Übernahmeangebot unterbreiten will. Anschließend kann nach dem „Rotationsmodell“
- ein anderer Leiharbeitnehmer auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt werden, ohne dass die vorangegangene Überlassungszeit angerechnet wird und/oder
- der konkrete Leiharbeitnehmer nach Ablauf der Karenzzeit von drei Monaten erneut für 18 Monate im Betrieb des Entleihers eingesetzt werden.
Dringender Handlungsbedarf
Wie auch immer sich Entleiher entscheiden: Für die am Fremdpersonaleinsatz beteiligten Akteure besteht aktuell dringender Handlungsbedarf. Ein erster Schritt wird sein, die entsprechenden Verträge in zeitlicher Hinsicht schnellstmöglich zu überprüfen. Eine pauschale Aussage über die auch nach Ablauf der Überlassungshöchstdauer rechtssichere Ausgestaltung des Einsatzes von externem Personal kann nicht getroffen werden. Vielmehr müssen die individuellen betrieblichen Umstände des Entleihers berücksichtigt werden, um eine abschließende und zweckmäßige Handlungsempfehlung aussprechen zu können. Hierbei helfen Ihnen Daniel Happ und sein Team gerne.
Bestens
informiert
Jetzt unseren Newsletter abonnieren, um zu aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben.
Jetzt anmelden