BFH: Steuerneutrale Übertragung von Personengesellschaftsanteilen bei vorheriger Veräußerung von Wirtschaftsgütern
Wird die Beteiligung an einer Personengesellschaft unentgeltlich, z.B. im Rahmen der vorweggenommen Unternehmensnachfolge, übertragen, kann dies nach § 6 Abs. 3 EStG steuerneutral, d.h. ohne die Aufdeckung stiller Reserven, erfolgen. Voraussetzung hierfür ist, dass das gesamte Betriebsvermögen übertragen wird, das im Zeitpunkt der Übertragung existiert. Dies stellte der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem aktuell veröffentlichten Urteil vom 09. Dezember 2014 (IV R 29/14) nochmals klar. Eine vor der Übertragung erfolgte Veräußerung von Wirtschaftsgütern – hier von solchen des Sonderbetriebsvermögens – stehe der steuerneutralen Übertragung des danach verbleibenden Mitunternehmeranteils nicht entgegen.
Mit dieser Entscheidung setzt der 4. Senat des BFH seine bisherige Rechtsprechung konsequent fort. Bereits in seinem Urteil vom 02. August 2012 (IV R 41/11) hatte er entschieden, dass eine steuerneutrale Übertragung von Betriebsvermögen nach § 6 Abs. 3 EStG nicht dadurch verhindert wird, weil vorher eine im Sonderbetriebsvermögen gehaltene wesentliche Betriebsgrundlage zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf einen Dritten (konkret auf eine Schwesterpersonengesellschaft) übertragen worden ist. Die Anwendung dieser Entscheidung wird allerdings von der Finanzverwaltung derzeit ausdrücklich abgelehnt (BMF-Schreiben vom 12. September 2013). Die Finanzverwaltung wartet hier die noch ausstehende Entscheidung des 1. Senats des BFH ab (I R 80/12). Dieser muss noch entscheiden, ob die steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern die Steuerneutralität einer sich anschließenden Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft i.S.d. § 20 UmwStG verhindert.
Interessant ist in dieser Zusammenhang, dass der 4. Senat des BFH die vom Finanzamt ins Feld geführte Anwendung der sog. Gesamtplanrechtsprechung für Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG ablehnt. Diese sei für die Anwendung der Steuerbegünstigungen auf Veräußerungsgewinne i.S.d. §§ 16, 34 EStG entwickelt worden, deren Inanspruchnahme die Aufdeckung aller stillen Reserven der wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang voraussetze. In diesen Fällen stünde die kurz vor einer Veräußerung des Betriebs stattfindende Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen ohne Aufdeckung der in ihnen gebundenen stillen Reserven der Anwendung der Tarifbegünstigung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns dann entgegen, wenn beide Vorgänge auf einem vorher gefassten Plan beruhten.
Auf die Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG könnten diese Grundsätze deshalb nicht übertragen werden, da die Buchwertfortführung infolge einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils der Sicherung der Liquidität der nach dem Rechtsträgerwechsel fortgeführten betrieblichen Einheit bei gleichzeitiger Sicherstellung der künftigen Besteuerung der stillen Reserven zum Ziel hat. Sie setze daher nur voraus, dass im Zeitpunkt der Übertragung eine solche funktionsfähige betriebliche Einheit besteht. Welchen Umfang das Betriebsvermögen vor der Übertragung hatte, ist für die Verwirklichung des Zwecks ohne Bedeutung.
Da sowohl durch eine vorhergehende Veräußerung die stillen Reserven bereits besteuert wurden als auch durch die vorhergehende Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern in anderes Betriebsvermögen das Ziel der künftigen Steuerverhaftung der stillen Reserven gewährleistet bleibt, spricht viel dafür, dass sich auch der 1. Senat der Argumentation des 4. Senats anschließt. Dies hätte nicht nur für unentgeltliche Unternehmensübertragungen sondern auch für andere Umstrukturierungen erhebliche Auswirkungen und würde diese in Zukunft erheblich rechtssicherer machen.
Bestens
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