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Brexit-StBG passiert am 21.2.2019 den Bundestag

25.02.2019

Der Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit), der derzeit auf den 29.3.2019 terminiert ist, rückt stetig näher. Darum steht auch der deutsche Gesetzgeber in Zugzwang, das sog. Brexit-Steuerbegleitgesetz (kurz Brexit-StBG) noch vor dem Brexit zum Abschluss zu bringen. Damit sollen deutsche Steuerpflichtige vor unerwünschten steuerlichen Folgen geschützt werden, die durch den Brexit eintreten könnten. Am 21.2.2019 hat nun der Bundestag dem Brexit-StBG zugestimmt. Basis des nun beschlossenen Gesetzentwurfs waren die am 20.2.2019 vorgestellten Beschlussempfehlungen des Bundestags-Finanzausschusses, in denen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung noch einige Änderungen, insbesondere die Vorschläge des Bundesrats, umgesetzt worden sind. Die nun beschlossenen Gesetzesänderungen betreffen im Wesentlichen die folgenden Ergänzungen im Körperschaft- und Einkommmensteuergesetz, im Umwandlungsteuergesetz, im Grunderwerbssteuer- und im Erbschaftsteuergesetz.

Übergangsvorschrift für grenzüberschreitende Verschmelzungen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 UmwStG)

In § 122m UmwG wurde eine Übergangsregelung für britische Kapitalgesellschaften geschaffen, die die Eintragung von Verschmelzungen auch nach dem Brexit erlaubt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Verschmelzungsplan nach § 122c Abs. 4 UmwG vor dem Brexit notariell beurkundet worden ist und die Verschmelzung unverzüglich, spätestens aber zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt mit den erforderlichen Unterlagen zur Registereintragung angemeldet wird. Eine Neuregelung in § 1 Abs. 2 Satz 3 UmwStG flankiert diese Regelung nun steuerlich und stellt sicher, dass eine übertragende Gesellschaft, die von der Übergangsregelung in § 122m UmwG Gebrauch macht, auch in den persönlichen Anwendungsbereich des UmwStG fällt, obwohl sich der Sitz der Gesellschaft nach dem Brexit außerhalb der EU und des EWR befindet.

Keine Einbringungsgewinnbesteuerung durch Brexit

Weiterhin wird durch das Brexit-StBG ein neuer § 22 Abs. 8 UmwStG eingeführt, der verhindert, dass es durch den Brexit zu einer Besteuerung des sog. Einbringungsgewinns kommt. Dies gilt allerdings nur für die Fälle, in denen der Einbringungsvertrag bzw. der Umwandlungsbeschluss (bei Gesamtrechtsnachfolge) vor dem Brexit erfolgt. Hintergrund dieser Regelung ist, dass das UmwStG die steuerneutrale Einbringung im Rahmen der Sacheinlage (§ 20 UmwStG) oder des Anteilstausches (§ 21 UmwStG) unter anderem erlaubt, wenn der übernehmende Rechtsträger durch seinen Sitz und Geschäftsleitung innerhalb eines EU-/EWR-Staats ansässig ist (§ 1 Abs. 4 UmwStG). Doch ist dieser EU-/EWR-Bezug innerhalb des 7-jährigen Sperrfristzeitraums nicht mehr gegeben, wenn der Einbringende bzw. die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz und den Ort der Geschäftsleitung durch den Brexit nicht mehr in der EU bzw. dem EWR haben (§ 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 6 i.V.m. Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 1 Abs. 4 UmwStG). In diesen Fällen kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns. Allein durch den Brexit soll in diesen Fällen die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns allerdings nicht ausgelöst werden.

Keine Liquidation einer Kapitalgesellschaft durch Brexit (§ 12 Abs. 3 KStG)

Ferner bestimmt § 12 Abs. 3 Satz 4 KStG, dass allein der Brexit nicht zur Auflösung und Abwicklung einer Körperschaft führt. Dies wird durch die Fiktion erreicht, wonach die Körperschaft weiterhin für Zwecke des § 12 Abs. 3 KStG als der unbeschränkten Steuerpflicht in einem EU-Staat unterfallend oder als innerhalb des Hoheitsgebietes eines EU-Staats ansässig anzusehen ist. Erst wenn die Körperschaft anschließend unter Ausscheiden aus der unbeschränkten Steuerpflicht in Großbritannien in einen anderen Drittstaat verzieht oder auf Grund des Wegzugs als in einem anderen Drittstaat ansässig anzusehen ist, kommt es zur Auflösung und Abwicklung der Körperschaft.

Änderungen für eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Limited (§ 12 Abs. 4 KStG)

Neu eingeführt wird durch das Brexit-StBG ein § 12 Abs. 4 KStG, der vor allem auf britische Limited mit Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland abzielt. Hierdurch soll eine Besteuerung der stillen Reserven dieser Gesellschaften durch den Brexit verhindert werden, zu denen es ansonsten ohne Dazutun des Steuerpflichtigen kommen könnte. Problematisch ist hier, dass gesellschaftsrechtlich nach dem Brexit wegen des Drittstaatenstatus Großbritanniens die Sitztheorie zur Anwendung kommt. Danach gilt eine Limited, die bisher nach der sogenannten europäischen Gründungstheorie als Kapitalgesellschaft anerkannt ist, als oHG, GbR oder Einzelkaufmann.
Auch wenn die Limited nach der Rechtsprechung des BFH zum sog. Typenvergleich weiter Körperschaftsteuer-Subjekt bleibt, das selbst körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte erzielen kann, ist steuerrechtlich eine Auflösung der Gesellschaft nicht auszuschließen. Diese könnte zur Realisierung der stillen Reserven und zur Ausschüttungsfiktion mit entsprechender Kapitalertragsteuerbelastung führen. Um dieser Problematik aus dem Weg zu gehen, fingiert der neue § 12 Abs. 4 KStG, dass einer britischen Kapitalgesellschaft mit inländischer Geschäftsleitung (Verwaltungssitz in Deutschland) das Betriebsvermögen auch nach dem Brexit weiterhin ununterbrochen zuzurechnen ist, das ihr bereits vor dem Brexit zuzurechnen war.

Grunderwerbsteuerliche Regelungen für eine Limited mit nur einem Gesellschafter (§ 4 Nr. 6, § 6a Satz 5 GrEStG)

Probleme im Bereich der Grunderwerbsteuer für Gesellschaften in der Rechtsform der britischen Limited mit inländischer Geschäftsleitung sollen im Rahmen des Brexit-StBG durch weitere Gesetzesänderungen verhindert werden. Hintergrund ist auch hier die gesellschaftsrechtliche Einordnung einer Limited nach dem Brexit, die nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH als OHG, GbR oder - bei Gesellschaften mit nur einen Gesellschafter haben - als Einzelkaufmann oder Privatperson anzusehen sein können. Ist an einer Limited mit deutscher Geschäftsleitung nur ein Gesellschafter beteiligt ist, sind verschiedene Fallkonstellationen denkbar, in denen allein durch den Brexit ein grunderwerbsteuerrechtlicher Tatbestand ausgelöst wird. Mit der Einführung einer neuen Steuerbefreiungsvorschrift in § 4 Nr. 6 GrEStG wird sichergestellt, dass es nicht allein durch den Brexit zu einer Belastung mit Grunderwerbsteuer kommt. Gleiches gilt für die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG. Hier würde bei einer Limited mit nur einem Gesellschafter durch den Brexit der Alleingesellschafter an die Stelle der Limited treten. Damit würde der grunderwerbsteuerrechtliche Verbund i. S. des § 6a GrEStG enden und die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG ist zu versagen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Limited herrschendes Unternehmen oder abhängige Gesellschaft war. Durch die Anfügung des Satzes 5 in § 6a GrEStG wird erreicht, dass die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG nicht allein durch den Brexit entfällt.

Keine Auflösung des Ausgleichspostens nach 4g EStG durch Brexit

Werden Wirtschaftsgüter in eine Betriebsstätte in einen EU-Staat (z.B. Großbritannien) überführt, kann der dadurch ausgelöste Entnahmegewinn nach § 4g EStG zunächst durch die Bildung eines Ausgleichspostens gewinnmindernd neutralisiert werden. Dieser Ausgleichsposten nach § 4g EStG ist grundsätzlich im Jahr der Bildung und in den folgenden 4 Jahren gewinnerhöhend aufzulösen. Ausnahmsweise ist der noch vorhandene Ausgleichsposten sofort gewinnerhöhend aufzulösen, wenn das überführte Wirtschaftsgut aus der Besteuerungshoheit eines EU-Staats ausscheidet. Im Brexit-StBG wird angeordnet, dass allein der Brexit nicht dazu führt, dass ein als entnommen geltendes Wirtschaftsgut als aus der Besteuerungshoheit eines EU-Staats ausgeschieden gilt. Dies soll vor allem Unternehmen helfen, die - zur Vorbereitung auf den Brexit - Wirtschaftsgüter nach Großbritannien überführt haben. Sie können den dabei entstehenden Entnahmegewinn auch nach dem Brexit weiterhin über 5 Jahre verteilen.

Reinvestitionen in britischen Betriebsstätten nach Brexit (§ 6b Abs. 2a EStG)

Die Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne aus 6b-fähigen Wirtschaftsgütern (i.d.R. Grund & Boden, Gebäude) können statt der Übertragung der stillen Reserven auf im Inland angeschaffte Wirtschaftsgüter auch in 5 gleichen Jahresraten entrichtet werden. Für die Gewährung der Ratenzahlung reicht die objektive Möglichkeit künftiger grenzüberschreitender Investitionen aus, wenn der entsprechende Antrag im Jahr der Veräußerung der betreffenden Wirtschaftsgüter gestellt wurde. Bleibt die Investition im EU-Ausland aus oder unterschreiten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Reinvestition im EU-Ausland den Veräußerungsgewinn, wird der Stundungsvorteil insoweit wieder kompensiert, indem Zinsen auf den die Reinvestition unterschreitenden Teil fällig werden. Diese Verzinsung gilt für Veräußerungsgewinne von Wirtschaftsgütern aus solchen Wirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.2017 beginnen. Im Brexit-StBG wird nun der § 6b Abs. 2a EStG um einen Satz 7 ergänzt, der die Verzinsung bei Reinvestitionen in britischen Betriebsstätten verhindern soll. Wichtige Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Antrag auf Ratenzahlung nach § 6b Abs. 2a EStG bereits vor dem Brexit gestellt worden ist. Hier könnte sich für Unternehmen gegebenenfalls noch Handlungsbedarf vor dem Brexit ergeben. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die noch in den nächsten 4 Jahren Investitionen in britischen Betriebsstätten planen, die unter anderem durch Veräußerungen inländischer 6b-fähiger Wirtschaftsgüter finanziert werden sollen.

Änderungen im Erbschaftsteuergesetz

Auch für Unternehmensübertragungen mit britischen Beteiligungsbesitz kann der Brexit ungewollte Folgen haben. Aus diesem Grund fingiert das Brexit-StBG, dass Großbritannien für erbschaftsteuerliche Zwecke noch als EU-Staat gilt. Dies gilt jedoch nur für Schenkungen und Erbfälle, deren Steuer vor dem Brexit entsteht (Altfälle). Für Schenkungen und Erbfälle, deren Steuer nach dem Brexit entsteht, gilt dagegen Großbritannien nicht mehr als EU-Staat. Diese Fiktion für Altfälle hat insbesondere Vorteile für die Einhaltung der Lohnsumme, die für das endgültige Behalten der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen von entscheidender Bedeutung ist. Ohne die Neuregelung hätte die Lohnsumme britischer Tochtergesellschaften nach dem Brexit nicht mehr in der Mindestlohnsumme des übertragenen Unternehmens berücksichtigt werden können. Dies hätte vor allem für Unternehmen mit hohem britischen Beteiligungsbesitz und hoher britischer Lohnsumme negative erbschaftsteuerliche Folgen haben können.

Widerruf der Stundung der zinslosen Stundung in Wegzugsfällen

Führt ein Wegzug unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG zum Anfall einer Wegzugsteuer auf Anteile i.S.d. § 17 EStG, wird bisher die anfallende Steuer zinslos und ohne Sicherheiten gestundet. Voraussetzung hierfür ist, dass der Wegziehende Staatsangehöriger eines EU- bzw. EWR-Staats ist und dieser im Zuzugsstaat unbeschränkt steuerpflichtig wird (Abs. 5). Die zinslose Steuerstundung ist jedoch nach § 6 Abs. 5 Satz 4 AStG unter bestimmten Bedingungen zwingend zu widerrufen. Durch das Brexit-StBG werden nun die Widerrufstatbestände ergänzt. Unter anderem müssen die Voraussetzungen für die Stundung (EU-Staatsangehörigkeit unbeschränkte Steuerpflicht im Zuzugsstaat) während des gesamten Stundungszeitraums vorliegen. So kann auch ein nachträgliches Entfallen dieser Voraussetzungen, das auch durch den Brexit möglich ist, einen eigenständigen Widerrufstatbestand darstellen. Demzufolge führt z. B. auch eine - der Einlage im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 AStG - nachfolgende Überführung der Anteile in eine Drittstaats-Betriebsstätte zum Widerruf der Stundung. Zwar sieht das Brexit-StBG in einem neuen § 6 Abs. 8 Satz 1 AStG vor, dass es nicht zu einem Widerruf kommt, wenn allein durch den Brexit die oben genannten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Dies wäre z.B. der Fall, wenn der Weggezogene durch den Brexit seine EU-Staatsbürgerschaft verliert. Doch gleichzeitig wird damit auch klargestellt, dass der spätere Übergang der Anteile von einem in Großbritannien ansässigen Steuerpflichtigen (mit Anwendung des § 6 Abs. 8 Satz 1 AStG) auf eine andere in Großbritannien ansässige Person zum Widerruf der Stundung nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 AStG führen kann.

Daneben werden durch das Brexit-StBG die Widerrufstatbestände des § 6 Abs. 5 Satz 4 AStG um zwei weitere Fälle ergänzt (Fälle der Weiterverlagerung in einen Drittstaat). So ist die Stundung auch bei Entnahmen und anderen Vorgängen zu widerrufen, wenn es zu keiner Aufdeckung stiller Reserven kommt, die Anteile infolgedessen aber auch keiner Betriebsstätte des Steuerpflichtigen in Großbritannien oder in einem EU-/EWR-Staat mehr zuzuordnen sind (§ 6 Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 AStG). Dies wäre bei Überführung der Anteile von einer Betriebsstätte in Großbritannien in einen Drittstaat der Fall. Auch die Verlegung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in einen Drittstaat führt zum Widerruf der Stundung, sofern keine mit der deutschen unbeschränkten Einkommensteuerpflicht vergleichbare Steuerpflicht des Steuerpflichtigen in Großbritannien oder in einem EU-/EWR-Staat mehr besteht. Für die neuen Widerrufstatbestände gelten zudem die Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten des § 6 Abs. 7 AStG entsprechend (§ 6 Abs. 8 Satz 3 AStG).

Inkrafttreten und weiterer Gang des Gesetzgebungsverfahrens

Die Neuregelungen treten am 29.3.2019 in Kraft. Nach dem Bundestagsbeschluss ist nun der Bundesrat am Zug, dessen Zustimmung zu dem Gesetz für den 15.3.2019 geplant ist. Änderungen am derzeit beschlossenen Gesetzentwurf sind grundsätzlich nicht mehr zu erwarten, es sei denn der Bundesrat verweigert seine Zustimmung. Die Zustimmung dürfte jedoch als sicher gelten, da die Vorschläge des Bundesrats im endgültigen Gesetzespaket berücksichtigt wurden. Sollte am 15.3.2019 der Bundesrat die erwartete Zustimmung zum Gesetz erteilen, steht der Ausfertigung des Brexit-StBG durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt vor dem 29.3.2019 nichts entgegen.

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