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Bundes­verfassungs­gericht: Auskunfts­anspruch der Presse gegen BND

16.10.2015

 

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde des Chefreporters der „Bild“-Zeitung aufgrund offensichtlich fehlender Grundrechtsverletzung nicht zur Entscheidung angenommen, in seiner Begründung allerdings für die Praxis relevante Ausführungen zum presserechtlichen Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden gemacht (Beschl. v. 27. Juli 2015 – Az. 1 BvR 1452/13).

Hintergrund

Der „Bild“-Reporter verlangte im November 2010 Auskunft vom Bundesnachrichtendienst (BND). Konkret wollte er wissen, wie viele hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiter des BND bzw. seiner Vorgängerorganisation Gehlen eine nationalsozialistische Vergangenheit hatten. Nachdem der BND die Herausgabe der erwünschten Information mit der Begründung verweigerte, dass ihm die konkrete Anzahl bis zum Ende einer internen Untersuchung unbekannt sei, erhob der Chefreporter Untätigkeitsklage, die letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 20. Februar 2013 – Az. 6 A 2.12) abgewiesen wurde.

Auskunftsanspruch liegt allein beim Bund

Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, dass die vom Kläger angeführten Auskunftsansprüche der Landespressegesetze mangels Gesetzgebungskompetenz keine Bundesbehörde verpflichten könnten. Die Gesetzgebungskompetenz für einen Auskunftsanspruch stehe allein dem Bund zu, der gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG ausschließlich für den Sachbereich Bundesnachrichtendienst zuständig sei. Außerdem stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die gewünschte Art der Information nicht dem Umfang eines auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gestützten grundrechtlichen Auskunftsanspruchs entspreche. Zwar sei ein Auskunftsanspruch entgegen überwiegend anderslautender Rechtsprechung grundsätzlich aus der Pressefreiheit abzuleiten, um der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse in einer demokratischen Grundordnung Rechnung zu tragen, jedoch beschränke sich die Auskunftspflicht auf der Behörde bereits bekannte Informationen.

Das Bundesverfassungsgericht bezog weder zur Frage der Gesetzgebungskompetenz noch zur Existenz eines grundrechtlichen Auskunftsanspruchs Stellung, wies aber daraufhin, dass der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information für die Presse funktionsnotwendig sei. Eine Grundrechtsverletzung komme indes nicht in Betracht, solange die begehrten Informationen im Einklang mit den Bestimmungen der Landespressegesetze gewährt oder verweigert würden. Da diese nicht zur Informationsbeschaffung verpflichten, sondern lediglich die Preisgabe bereits vorhandener Daten verlangen, gelte entsprechendes für ein Auskunftsverlangen gegenüber Bundesbehörden.

Forderung nach Einführung eines Bundespresseauskunftsgesetzes

Im Ergebnis besteht daher ein Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden, dessen Reichweite sich nach dem geltenden Landespressegesetz am Sitz der jeweiligen Behörde richtet. Die Frage nach Gesetzgebungskompetenz und Anspruchsgrundlage bleibt hingegen weiterhin umstritten, doch kann sich die Praxis an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts orientieren, deren Grundsätze auf andere Medien wie Rundfunk und Telemedien übertragen werden können. Die Träger der Medienfreiheiten können ihr Auskunftsbegehren gegenüber Bundesbehörden daher auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG stützen. Nichtsdestotrotz fordert der Deutsche Journalisten-Verband als Reaktion auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Einführung eines Bundespresseauskunftsgesetzes, um die gegenwärtige Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Es ist nach Ansicht des Verbandes untragbar, dass die Reichweite der Auskunft einer Bundesbehörde gegenüber Journalisten vom jeweils anwendbaren Landespressegesetz abhängig sei.

Weitere Artikel: Recht auf Vergessenwerden im Online-Archiv 

 

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