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Employer of Record: Chancen und Risiken bei der Beschäf­tigung von Mitar­beitern im Ausland

02.02.2024

Es gibt viele Gründe, die eine Beschäftigung von Mitarbeitern im Ausland erforderlich machen können. Einer davon ist der in vielen Branchen festzustellende Fachkräftemangel. Mobile Work und die Arbeit aus dem „Global Office“ bieten die Chance, benötigte Fachkräfte auch grenzüberschreitend zu finden.

Häufig stellt sich dann – gerade wenn es keine ausländische Gesellschaft des deutschen Arbeitgebers (nachfolgend „Einsatzunternehmen“) im Ausland gibt – die Frage, wie der Mitarbeiter im Ausland für das Einsatzunternehmen tätig werden kann.

Hier kommt der sog. Employer of Record („EOR“) ins Spiel. Doch wie funktioniert der Einsatz eines EOR genau und welche Risiken sind hiermit verbunden?

Was ist ein Employer of Record?

Der EOR tritt am Markt als Dienstleister auf, der für das Einsatzunternehmen alle Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beschäftigung des Mitarbeiters im Ausland erbringt. Dies umfasst die Erstellung des Arbeitsvertrages, die Durchführung der Lohnbuchhaltung, die Abführung etwaiger gesetzlicher Abgaben (Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer etc.) sowie die Gehaltszahlung an den Mitarbeiter. Das Einsatzunternehmen zahlt lediglich die mit dem EOR vereinbarte Vergütung.

Rechtlich gestaltet sich das Vertragsverhältnis wie folgt: Zwischen Einsatzunternehmen und EOR besteht ein Dienstvertrag. Der gewünschte Mitarbeiter wird nicht bei dem Einsatzunternehmen, sondern direkt bei dem EOR angestellt. Die EOR verfügen dabei regelmäßig über Gesellschaften mit Sitzen in den Ländern, in denen der Service angeboten und Mitarbeiter für das Einsatzunternehmen angestellt werden sollen.

Der EOR überträgt das fachliche Weisungsrecht auf das Einsatzunternehmen. Zwischen dem Einsatzunternehmen, also dem eigentlichen Arbeitgeber, und dem ausländischen Mitarbeiter besteht kein Arbeitsverhältnis. Der ausländische Mitarbeiter wird letztlich nur für das Einsatzunternehmen tätig.

employer of record

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Der EOR übt neben der Anstellung der Mitarbeiter und Durchführung der Lohnbuchhaltung keine eigene Geschäftstätigkeit aus. Einfach ausgedrückt, ist der EOR der „Arbeitgeber auf dem Papier“.

Die Vorteile eines EOR liegen klar auf der Hand:

  • Der EOR kümmert sich um alle organisatorischen Angelegenheiten rund um die Anstellung und Beschäftigung des ausländischen Mitarbeiters. Er übernimmt die Erstellung des Arbeitsvertrages, die Kommunikation mit Behörden sowie die Beantragung etwaiger erforderlicher Erlaubnisse.
  • Der EOR übernimmt auch die Gehaltsabrechnung im Ausland, was die Meldung und Abführung etwaiger Beiträge zur Sozialversicherung und Lohnsteuer sowie die Gehaltszahlung an den ausländischen Mitarbeiter umfasst.

Risiken beim Einsatz eines EOR

Arbeitnehmerüberlassung

Doch wie sieht es mit den Risiken aus? Nach deutschem Recht handelt es sich bei dem Einsatz eines EOR regelmäßig um Arbeitnehmerüberlassung. Denn diese zeichnet sich dadurch aus, dass Mitarbeiter des Vertragsarbeitgebers entgeltlich an ein Einsatzunternehmen überlassen werden, also der Arbeitnehmer beim Einsatzunternehmen in die Arbeitsorganisation eingegliedert ist oder dessen Weisungen unterliegt. So ist es auch beim Einsatz eines EOR. Dieser fungiert schließlich nur auf dem Papier als Arbeitgeber und überlässt den bei ihm angestellten ausländischen Mitarbeiter dem Einsatzunternehmen gegen Zahlung der vereinbarten Vergütung. Der Mitarbeiter arbeitet dann tatsächlich für das Einsatzunternehmen als Kunden seines Vertragsarbeitgebers. Obwohl dies tatbestandlich einen Fall der Arbeitnehmerüberlassung darstellt, finden die strengen regulatorischen Vorgaben des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes („AÜG“) nicht immer Anwendung.

Territorialprinzip

Denn das AÜG unterliegt dem sogenannten Territorialprinzip. Das heißt, der Geltungsbereich des AÜG ist auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Die Regelungen des AÜG greifen deshalb nur dann, wenn ein Lebenssachverhalt vorliegt, der einen hinreichenden Inlandsbezug begründet. Dies ist zwar auch dann der Fall, wenn der Mitarbeiter von einem ausländischen Verleiher (EOR) an ein deutsches Einsatzunternehmen verliehen wird oder der Mitarbeiter von einem deutschen Verleiher (EOR) an ein ausländisches Einsatzunternehmen verliehen wird.

Nicht von dem AÜG erfasst ist jedoch der Verleih durch einen ausländischen Verleiher (EOR) an ein deutsches Einsatzunternehmen, wenn der Mitarbeiter ausschließlich im Ausland eingesetzt wird.

Die Gefahr der Anwendbarkeit des AÜG besteht indes dann, wenn der grundsätzlich im Ausland tätige Mitarbeiter sich (auch) in Deutschland aufhält und hier seine Tätigkeiten ausübt. Dies kann bereits bei Kurzaufenthalten, beispielsweise im Rahmen einer Dienstreise oder Schulung erfüllt sein. Das AÜG sieht insoweit keine zeitliche Beschränkung vor. Schon Kurzaufenthalte des Mitarbeiters in Deutschland können daher den Inlandsbezug begründen und damit zur Anwendbarkeit des AÜG mit den entsprechenden Konsequenzen führen. Dies ist jedoch stets eine Frage des konkreten Einzelfalls.

Neue Bewertung durch die Bundesagentur für Arbeit

Doch selbst wenn der Mitarbeiter eines ausländischen EOR ausschließlich im Ausland tätig wird, droht nach einer neueren Behördenpraxis eine Verfolgung wegen vermeintlich illegaler Arbeitnehmerüberlassung. Denn die Agentur für Arbeit ist wohl neuerdings jedenfalls in Teilen der Auffassung, dass in derartigen Fällen das AÜG – unter Überwindung des gesetzlichen Territorialprinzips – auch dann zur Anwendung gelangen soll, wenn das Einsatzunternehmen über genügend eigene Mitarbeiter verfügt, die es für die Erledigung der konkreten Tätigkeiten ins Ausland entsenden könnte. Gleiches soll gelten, wenn die Tätigkeit nicht zwingend vor Ort im Ausland erbracht werden müsste. Bei IT-Spezialisten oder anderen Mitarbeitern, die überwiegend geistig tätig werden, müssten nach dieser abzulehnenden Auffassung die Restriktionen des AÜG beachtet werden. Dies würde insbesondere dazu führen, das der ausländische EOR eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis benötigen würde.

Inwieweit diese inoffizielle Auffassung der Bundesagentur für Arbeit sich in der Behördenpraxis durchsetzt, bleibt abzuwarten. Sie birgt jedenfalls bis auf Weiteres auch in den bislang sicheren Fällen ein Risiko für die beteiligten Unternehmern. Denn erfolgt eine nach deutschem Recht zu beurteilende Arbeitnehmerüberlassung ohne die notwendige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis drohen dem Einsatzunternehmen zum einen ein Bußgeld von bis zu EUR 30.000. Zum anderen kann zwischen Einsatzunternehmen und ausländischem Mitarbeiter ein Arbeitsverhältnis fingiert werden.

Sonstige Risiken

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass eine etwaige Arbeitnehmerüberlassung nach deutschem Recht nicht das einzige Risiko ist, welches beim Einsatz eines EOR besteht. Vielmehr sollten die Einsatzunternehmen auch das Arbeitsrecht des Landes, in dem der ausländische Mitarbeiter tätig wird, im Blick haben. Das Arbeitsverhältnis besteht zwar offiziell zwischen EOR und ausländischen Mitarbeiter im Ausland. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es vergleichbare Regelungen zum AÜG gibt, die das Einsatzunternehmen direkt betreffen. Zudem kann es auch im Ausland Arbeitnehmerschutzrechte geben, die zu beachten sind.

Welche Alternativen gibt es?

Der Einsatz eines EOR scheint auf den ersten Blick eine vermeintlich einfache Möglichkeit zu sein, um neue Fachkräfte im Ausland zu gewinnen. Aber gerade aufgrund der bestehenden Risiken sollte geprüft werden, ob nicht Alternativen denkbar sind. Denn in vielen Fällen bedarf es eines EOR schon gar nicht. Vielmehr reicht häufig der schlichte Einsatz eines ausländischen Payroll Providers, um den Mitarbeiter im Ausland zu beschäftigen. Dies ist insbesondere immer dann der Fall, wenn im jeweiligen Einsatzland Steuern- und Sozialversicherungsabgaben abgeführt werden können, ohne dass es einer Gesellschaft mit Sitz im Einsatzland bedarf. Der Payroll Provider übernimmt dann – wie auch der EOR – vollständig die Gehaltsabrechnung des im Ausland tätigen Mitarbeiters, führt also die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge ab und nimmt als Zahlstelle des Einsatzunternehmens die Gehaltszahlung vor. Wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass – anders als beim Einsatz eines EOR – das Einsatzunternehmen Vertragsarbeitgeber des im Ausland tätigen Mitarbeiters ist. Das Risiko einer Arbeitnehmerüberlassung besteht dann mangels Überlassung an einen Dritten nicht.

In einigen Ländern ist es auch möglich, etwaige Arbeitgeberpflichten direkt auf den Mitarbeiter zu übertragen. In solchen Konstellationen bedarf es noch nicht einmal eines ausländischen Payroll Providers.

Fazit

Der Einsatz eines EOR scheint auf den ersten Blick vorteilhaft. Bei genauerem Blick zeigen sich jedoch regelmäßig erhebliche Risiken sowie die Möglichkeit zur Kosteneinsparung. Denn der Einsatz von Payroll Providern ist regelmäßig wesentlich günstiger als die Vergütung der EOR für ihre Leistungen.

Möchten Sie einen Mitarbeiter im Ausland beschäftigen? Kommen Sie gerne auf uns zu! Wir arbeiten regelmäßig mit einem großen Netzwerk an ausländischen Payroll Providern und Partnerkanzleien zusammen, um Ihren geplanten Einsatz so rechtssicher und kosteneffizient wie möglich zu gestalten. Aufgrund unserer umfassenden Erfahrung und unseren Kontakte steht auch einem kurzfristigen Einsatz im Ausland nichts entgegen.