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Die Neufassung der Verordnung über Insolvenz­verfahren („EuInsVO“) tritt am 26. Juni 2017 in Kraft

08.06.2017

• Erstreckung auf vorinsolvenzliche Verfahren

• Internationale Gruppeninsolvenzverfahren

• Erschwerung von Forum Shopping

Die vom europäischen Parlament und dem Rat am 20 Mai 2015 beschlossene Neufassung der Europäischen Verordnung über Insolvenzverfahren tritt mit Wirkung zum 26. Juni 2017 in Kraft und ersetzt damit die bisherige Fassung. Sie ist für alle grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach diesem Tage eröffnet werden.

Regelungsbereich der Verordnung über Insolvenzverfahren


Wie bisher ist der wesentliche Regelungsbereich die Lösung von Kompetenzkonflikten, indem sie den Mitgliedstaat für zuständig erklärt, in dessen Hoheitsgebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat (= Centre of Main Interest, kurz „COMI“). Daneben behandelt sie kollisionsrechtliche Problembereiche und enthält Regelungen zur Anerkennung von Entscheidungen im Verfahren oder von Wirkungen, die von diesem ausgehen.

Materielles Insolvenzrecht enthält die Verordnung weiterhin nicht, eine Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Insolvenzrechte findet somit nicht statt, sondern die Verordnung regelt nur den verfahrensrechtlichen Rahmen.

Erstreckung auf vorinsolvenzliche Verfahren


Neu ist, dass die Verordnung nunmehr nach ihrem Art. 1 auch für vorinsolvenzliche Verfahren gilt, die dazu dienen, die Insolvenz gerade zu verhindern. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der Verordnung ist vor dem Hintergrund des von der Europäischen Kommission im November 2016 veröffentlichten Entwurfs einer Richtlinie für ein solches Verfahren bedeutsam, welche die Wirkungen der dann in allen Mitgliedstaaten verbindlich einzuführenden Verfahren der gegenseitigen Anerkennung unterwerfen. Deutschland hat ein vorinsolvenzliches Verfahren bisher noch nicht eingeführt, was vielfach kritisiert wird.

Insolvenzverfahren über das Vermögen von Mitgliedern einer Unternehmensgruppe


Neu ist auch die Rahmensetzung für internationale Konzerninsolvenzen bzw. Gruppeninsolvenzverfahren. Neben Regelungen für eine Zusammenarbeit und Koordination von Beteiligten in anhängigen Insolvenzverfahren mehrerer Gruppengesellschaften (Art. 56– 60) soll nun auch ein Gruppen-Koordinationsverfahren möglich sein (Art. 61–77), sofern das Recht des Mitgliedstaates ein solches vorsieht. Dies ist in Deutschland ab dem 21. April 2018 der Fall, wenn das deutsche Konzerninsolvenzrecht in Kraft tritt. Vor allem das in der Verordnung geregelte Koordinationsverfahren ist stark dem deutschen Verfahren nachgebildet. Der zu bestellende Koordinator leitet federführend eine Verfahrensstrategie für die gesamte Gruppe und kann Vorschläge für einen Koordinationsplan unterbreiten.

Forum Shopping wird erschwert, Zuständigkeiten


Forum Shopping wird künftig innerhalb Europas für Gesellschaften schwerer möglich sein. Die Vermutung, dass der COMI am Sitz der Gesellschaft ist, gilt nun nicht mehr, wenn der Sitz innerhalb von drei Monaten vor Insolvenzantragstellung in einen anderen Mitgliedstaat verlegt wurde. In diesem Fall muss der COMI nach allen objektiven, für Dritte erkennbaren Tatsachen ermittelt werden.

Nach Art. 6 sind die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, auch für alle unmittelbar aus dem Verfahren hervorgehenden und mit ihm in Zusammenhang stehenden Klagen zuständig. Ausdrücklich genannt sind Anfechtungsklagen.

Verzahnung mit deutschem Recht, geplante Änderungen an der Insolvenzordnung


Um eine reibungslose Verzahnung mit den existierenden deutschen Regelungen zu gewährleisten, hat der deutsche Gesetzgeber ebenfalls schon reagiert. Derzeit liegt ein Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Durchführung der neuen EuInsVO vor, der die Bestimmungen der Neufassung in das deutsche Verfahrensrecht einpassen soll. Die EuInsVO gilt jedoch auch unabhängig von einer weiteren Entwicklung des deutschen Gesetzgebungsverfahrens unmittelbar.

In diesem Zusammenhang soll auch § 13 InsO dahingehend geändert werden, dass ein neuer Absatz 3 Insolvenzgerichte dazu verpflichtet, bei unzulässigen Eröffnungsanträgen im Wege der Zwischenverfügung auf einen ordnungsgemäßen Antrag hinzuwirken. Dies überträgt die schon bisher bestehende Praxis vieler Insolvenzgerichte in das Gesetz und sorgt daher für Rechtssicherheit.

Die Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung), veröffentlicht in ABl. L 141 vom 05. Juni 2015, S. 19 ff. ist hier abrufbar.

Den Referentenentwurf können Sie hier herunterladen.

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