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Grenzausgleichsmechanismus für CO2 beschlossen

26.04.2023

Der Grenzausgleichsmechanismus für CO2 (im Folgenden „CBAM”), ein Schlüsselelement des europäischen Gesetzespakets zum sog. Green Deal, ist von den Gesetzgebern (Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union) der Europäischen Union („EU“) endgültig beschlossen worden. Nach der förmlichen Annahme des CBAM durch das Europäische Parlament am 18. April 2023 hat auch der Rat der Europäischen Union das neue Gesetz am 25 April 2023 verabschiedet. Im Laufe der kommenden Wochen wird es im Amtsblatt der EU veröffentlicht, 20 Tage später tritt es in Kraft.

Der CBAM hat den EU-Import von Produkten/Waren aus CO2-intensiven Wirtschaftszweigen zum Gegenstand. Er soll zu einer Angleichung der mit inländischen Produkten einerseits und Importen andererseits verbundenen CO2-Kosten führen, indem ein CO2-Preis auf bestimmte (festgelegte) Importprodukte erhoben wird, bei denen die Gefahr besteht, dass die Anstrengungen der EU zur Senkung von Treibhausgasemissionen geschwächt werden. Gleichzeitig sollen Anreize zur Kooperation mit Nicht-EU-Unternehmen, die hohe Klimastandards einhalten, geschaffen werden.

Der CO2-Preis umfasst direkte und indirekte, aus der Erzeugung des während der Herstellungsverfahren von CBAM-Waren verbrauchten Stroms, Emissionen. Ausgenommen sind dabei Waren, für die das Emissionshandelssystem der EU (im Folgenden „EHS“) Mitgliedstaaten die Kompensation indirekter Kosten erlaubt, darunter Eisen und Stahl, Aluminium und Wasserstoff, bei denen nur direkte Emissionen berücksichtigt werden (s. Anhang II des CBAM).

Der CBAM-Vorschlag der Europäischen Kommission wurde im Juli 2021 als Teil des sogenannten „Fit für 55“-Pakets vorgelegt. Eine vorläufige Einigung über den Vorschlag wurde im Dezember 2022 erzielt (s. unsere News-Meldung hier).

Wesentliche Unterschiede zum ursprünglichen Vorschlag

Im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission (im folgenden „Kommission“) umfasst der CBAM nun ein breiteres Produktspektrum, konkret: Zement, Strom, Düngemittel, Eisen und Stahl, Aluminium, Wasserstoff und einige Vorläuferstoffe und nachgelagerte Erzeugnisse aus Zement, Eisen und Stahl sowie Aluminium (die entsprechenden KN-Codes können Anhang I des CBAM entnommen werden), die sogenannten CBAM-Waren.

Im finalen Text ist zudem ein zentralisierteres Umsetzungsmodell über die Kommission vorgesehen, wofür die Kommission mehr Ressourcen angefordert hat, und eine Verlegung des Beginns des Übergangszeitraums von Januar auf Oktober 2023.

Verknüpfung mit der EU-EHS-Reform

Mit dem CBAM haben die Gesetzgeber auch den Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung des EHS, einem weiteren Schlüsselelement des „Fit für 55“-Pakets, offiziell bestätigt.

Bei dem EU-EHS handelt es sich um einen marktbasierten Mechanismus, durch den Treibhausgas-Emissionen (im Folgenden „THG-Emissionen“) durch Aufteilung auf Zertifikate, die jeweils eine Tonne CO2 repräsentieren, begrenzt werden. Die Emissionszertifikate werden überwiegend versteigert, einige werden Industrien, bei denen das Risiko einer Verlagerung von CO₂-Emissionen besteht, jedoch auch kostenlos zugeteilt.

Das EU-EHS startete 2005 und wurde zuletzt 2018 mit der Bestimmung der Gesamtanzahl der Emissionszertifikate für die sogenannte Phase 4, die 2030 endet, überarbeitet. Der Vorschlag zur Überarbeitung des EHS betrifft die laufende Phase 4. Die Kommission möchte damit die Senkung der Obergrenze für Phase 4 sowie die Einführung einer ambitionierteren linearen Senkungsrate für THG-Emissionen erreichen, um das EHS mit dem Ziel der Senkung der Nettoemissionen um 55 % bis 2030 in Einklang zu bringen. Im Dezember 2022, wenige Tage nach der Einigung über den CBAM, wurde eine vorläufige Einigung erzielt (s. unsere News-Meldung hier).

Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen über die Reform des EHS war für die endgültige Annahme des CBAM entscheidend, denn der CBAM wird das EHS in den Wirtschaftssektoren, für den er gilt, ersetzen. Dies wird über eine schrittweise Abschaffung der kostenlosen EHS-Zertifikate von 2026 bis 2034 und eine entsprechende schrittweise Einführung des CBAM erreicht. Für die kostenlosen EHS-Zertifikate gelten folgende Senkungsraten: 2026: 2,5 %; 2027: 5 %; 2028: 10 %; 2029: 22,5 %: 2030: 48,5 %; 2031: 61 %; 2032: 73,5 %; 2033: 86 %; 2034: 100 %. Bis zur vollständigen Abschaffung der kostenlosen EHS-Zertifikate gelten die finanziellen Verpflichtungen aus dem CBAM nur für den Teil der Emissionen, für den keine kostenlosen Zertifikate gemäß dem EU-EHS erteilt werden.

Überblick über die CBAM-Pflichten

Der CBAM wird ab Januar 2026 voll funktionsfähig, es wird jedoch eine Übergangsphase geben, die bereits im Oktober 2023 beginnt. Während dieser Übergangsphase müssen Einführer von CBAM-Waren vierteljährlich jeweils 30 Tage nach Quartalsende einen Bericht vorlegen, in dem die Gesamtmenge der in dem jeweiligen Quartal importierten CBAM-Waren, die gesamten direkten Emissionen und die gesamten indirekten Emissionen, die mit diesen Waren verbunden sind, sowie der im Ursprungsland für die Emissionen gegebenenfalls gezahlte CO2-Preis angegeben sind. Ab dem 01. Januar 2025 müssen Einführer zudem die Zulassung als CBAM-Anmelder in dem EU-Mitgliedstaat, in dem der Einführer niedergelassen ist, angeben bzw. beantragen.

Ab dem 01. Januar 2026 werden nur noch zugelassene Anmelder CBAM-Waren einführen können, die eine jährliche CBAM-Erklärung einreichen müssen, mit der weiteren Pflichten wie der Erwerb und die Abgabe von CBAM-Zertifikaten einhergehen.

Bedeutung für Einführer und Erzeuger nachgelagerter Erzeugnisse in der EU

Der CBAM bedeutet für Einführer von CBAM-Waren zweifelsohne organisatorische Veränderungen. Wichtig ist darüber hinaus, dass der CBAM auch Auswirkungen auf Erzeuger nachgelagerter Erzeugnisse in der EU, die Vormaterial aus den CBAM-Produktkategorien verwenden, haben könnten. Dies könnte für Erzeuger nachgelagerter Erzeugnisse Anreiz sein, ihre Lieferanten zu überdenken und weniger CO2-intensives Vormaterial ausfindig zu machen, um die Ausgleichszahlung zu vermeiden.

Auch ist anzumerken, dass die Kommission vor Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2025 einen Bericht zur Prüfung einer Ausweitung des Anwendungsbereich des CBAM auf andere Produkte vorlegen wird. Die Kommission plant zudem eine Auswertung der Wirksamkeit des CBAM bei der Bewältigung des Risikos einer Verlagerung von CO₂-Emissionen für Waren, die aus der EU in Länder exportiert werden, die weder das EHS anwenden noch ähnliche Mechanismen umsetzen. Gegebenenfalls wird die Kommission einen Legislativvorschlag zur weiteren Ausweitung des Fit für 55-Pakets auf Unternehmen vorlegen.

Abschließend ist festzuhalten, dass mit dem CBAM und der Überarbeitung des EHS die Dekarbonisierung und die Einführung CO2-armer Technologien in bestimmten Wirtschaftssektoren beschleunigt werden soll. Für Unternehmen ist es daher von wesentlicher Bedeutung, über die Entwicklungen informiert zu bleiben und die Gesamtauswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit sorgfältig zu prüfen.

Sollten Sie oder Ihr Unternehmen Interesse an einer weitergehenden Beratung zum CBAM oder zur Überarbeitung des EHS, insbesondere zur Geltung des CBAM für Ihre Geschäftstätigkeit und Compliance-Pflichten, haben, wenden Sie sich gerne an unsere Experten für internationales und EU-Handelsrecht und Energierecht.