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Urheberrecht: Rom-Abkommen schützt Aufnahmen von Marlene Dietrich
04.08.2016
Der BGH hat am 21.04.2016 (Az.: I ZR 43/14) das Urteil des OLG München in einem urheberrechtlichen Verfahren zu einem Konzertmitschnitt von Marlene Dietrich weitgehend aufgehoben. Die Aufnahmen eines Londoner Konzerts von Marlene Dietrich seien nach dem Rom-Abkommen urheberrechtlich geschützt. Das Berufungsgericht muss nun jedoch prüfen, ob der Filmproduzent die Rechte an den Aufnahmen hat.
Sachverhalt
Über YouTube waren Videoclips mit Aufnahmen des Konzerts von Marlene Dietrich im New London Theatre aus dem Jahr 1972 abrufbar. Die Marlene Dietrich Collection GmbH, die die Verwertungsrechte der 1992 verstorbenen Schauspielerin wahrnimmt, klagte auf Unterlassung, da dem ausübenden Künstler gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG das ausschließliche Recht zustehe, seine Darbietung öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a UrhG). Das LG und das OLG München wiesen die Klage ab. Das OLG München ging davon aus, dass die Klägerin die begehrte Unterlassung nicht nach § 125 Abs. 1 UrhG geltend machen könne, da Marlene Dietrich ihre deutsche Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt ihres Konzertauftritts bereits verloren habe. Urheberrechtlicher Schutz komme auch nicht nach § 125 Abs. 5 UrhG i.V.m. internationalen Verträgen (Rom-Abkommen, TRIPS, WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WPPT)) in Betracht, da Marlene Dietrich der Aufnahme ihres Konzerts auf einem Bild- und Tonträger zugestimmt habe.Entscheidung des BGH
Anders als das Berufungsgericht bejaht der BGH einen urheberrechtlichen Schutz gem. § 125 Abs. 5 UrhG i.V.m. dem Rom-Abkommen. Die Zustimmung Marlene Dietrichs zur Aufnahme sei unschädlich. Gem. Art. 19 des Rom-Abkommens ist im Falle einer Zustimmung nur Art. 7, der den Umfang des durch das Rom-Abkommen ausdrücklich gewährleisteten Schutzes bestimmt, nicht mehr anwendbar. Alle anderen Bestimmungen blieben anwendbar, insbesondere Art. 4 lit. a, wonach ausübenden Künstlern Inländerbehandlung zu gewähren ist, wenn die Darbietung in einem anderen vertragschließenden Staat stattfindet. Wortlaut, Systematik, historische Genese und Sinn und Zweck des Rom-Abkommens zeigten, dass die nach Art 4 lit. a zu gewährende Inländerbehandlung zusätzlich zu den nach Art. 7 gewährleisteten Mindestrechten gewährt werde. Nach Sinn und Zweck des Abkommens müsse eine umfassende Inländerbehandlung gewährt werden, sodass auch das zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rom-Abkommens noch unbekannte Recht gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG erfasst sei.Filmproduzent als Rechteinhaber?
Marlene Dietrich genießt demnach dieselben Rechte wie deutsche Künstler. Der BGH wirft jedoch die Frage auf, ob das ausschließliche Recht aus § 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG dem Produzenten des auf der Grundlage der Aufzeichnungen entstandenen Films „An Evening with Marlene Dietrich“ zusteht. Hat ein ausübender Künstler vor dem 30.6.1995 in die Benutzung seiner Darbietung zur Herstellung eines Filmwerks eingewilligt, so gelten seine ausschließlichen Rechte nach § 137e Abs. 4 S. 2 UrhG als auf den Filmhersteller übertragen. Das gilt auch für Rechte, die erst nach der Einwilligung oder der Herstellung des Films gesetzlich geregelt worden sind, so wie das 2003 geregelte Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Das OLG München hat folglich zu entscheiden, ob der Film als Filmwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 UrhG anzusehen ist – der Produzent also noch eine eigene schöpferische Leistung vollbracht hat – oder nur Laufbilder im Sinne von § 95 UrhG enthält. Bestens
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