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Auftrag­geber­haftung nach dem Mindest­lohn­gesetz auch im Fall der Insolvenz des Sub­unter­nehmers?

19.01.2015

Wie wir bereits berichtet hatten (Risiken der „Auftraggeberhaftung“ nach § 13 Mindestlohngesetz), sieht § 13 des seit dem 1.1.2015 geltenden Mindestlohngesetzes (MiLoG) eine Auftraggeberhaftung nach dem Vorbild der Generalunternehmerhaftung des § 14 Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) vor. Danach haftet ein Unternehmer, der einen (Sub-)Unternehmer mit Dienst- oder Werkleistungen beauftragt, dafür, dass der beauftragte Unternehmer seinen Arbeitnehmern den Mindestlohn zahlt.

Wie wir berichtet hatten (Risiken der „Auftraggeberhaftung“ nach § 13 Mindestlohngesetz), ist allerdings unklar, ob die vom BAG zur Ausgrenzung von Eigenauftraggebern entwickelten Kriterien aus der Haftung gemäß § 14 AEntG auch für § 13 MiLoG gelten. Der Gesetzgeber hat sich hierzu nicht ganz eindeutig geäußert. Sobald hierzu behördliche oder gerichtliche Klarstellungen erfolgen, werden wir darüber an dieser Stelle berichten.

Unabhängig davon spricht allerdings viel dafür, dass die Haftung nach § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG nicht gilt, wenn der Subunternehmer den Mindestlohn nicht zahlt, weil er nicht zahlen kann, d. h. weil er insolvent ist, und nicht, weil er nicht zahlen will. Gerichtlich ist das noch nicht entschieden. Eine Haftung für die Insolvenz des Nachunternehmers dürfte aber zur Erreichung der vom Gesetzgeber mit dem MiLoG verfolgten Ziele nicht erforderlich sein:

Die in § 13 MiLoG vorgesehene Haftung soll auf Sorgfalt bei der Auswahl eines Nachunternehmers hinwirken. Sie soll die Auswahl von leistungswilligen Nachunternehmern fördern und nicht die Arbeitnehmer von dem Insolvenzrisiko ihres Arbeitgebers befreien. Die Wahl eines möglichst solventen Kooperationspartners hat insofern keinen hinreichenden Bezug zur Sicherstellung des Mindestlohnniveaus im Arbeitsverhältnis. Im Gegenteil: Ein durch § 13 MiLoG bewirkter flächendeckender Zwang, den Arbeitnehmern von Nachunternehmern das Insolvenzrisiko in Bezug auf ihren Arbeitgeber abzunehmen, hätte mit der Zielsetzung des MiLoG nichts zu tun, sodass insoweit eine verfassungskonforme Begrenzung angezeigt ist. Bei einem anderen Verständnis wäre die Kooperation und Arbeitsteilung in der Wirtschaft nämlich nachhaltig gefährdet. Das MiLoG würde – um es mit Gregor Thüsings Worten zu sagen – „seinem Schwerpunkt nach zu einem Werkvertragsverhinderungsgesetz“ (Thüsing, Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung am 30.6.2014 in Berlin, Ausschussdrucksache 18(11)148, S. 56).

Konsequenz einer Ausgrenzung von Insolvenzfällen wäre demgegenüber – sofern sich die Behörden und Gerichte dieser Bewertung anschließen –, dass der Auftraggeber lediglich bei „Leistungsunwilligkeit“ seiner Nachauftragnehmer gemäß § 13 MiLoG haftet, nicht aber bei „Leistungsunfähigkeit“, d.h. im Fall einer Insolvenz des Nachunternehmers. Die Haftung nach § 13 MiLoG würde dann ab Eingang eines ordnungsgemäßen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 13 InsO) beim zuständigen Gericht nicht mehr eingreifen.

Aus Sicht der Insolvenzpraxis würde die Betriebsfortführung eines Insolvenzschuldners bei einem abweichenden Verständnis des § 13 MiLoG (d.h. bei einem Verständnis i.S. einer Liquiditätshaftung) in vielen Fällen stark erschwert, wenn nicht sogar unmöglich. Es wird sich nämlich kaum ein Auftraggeber finden, der bereit wäre, das Risiko in Kauf zu nehmen, für Löhne seines illiquiden Auftragnehmers bis zur Höhe des Mindestlohns einzustehen. Eine Insolvenzgeldvorfinanzierung schützt davor allenfalls begrenzt.

Zu allen praxisrelevanten Fragen rund um das MiLoG informiert mit praktischen Lösungsvorschlägen das im März 2015 erscheinende Buch von Mückl/Pötters/Krause, Das Mindestlohngesetz in der betrieblichen Praxis - Grundstrukturen, Praxisprobleme und Lösungsansätze. Näheres unter www.rws-verlag.de/03820.

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